Vergleichende Untersuchungen an der Netzhaut von Atheriniformes (Teleostei)
Beschreibung
vor 23 Jahren
Die vorliegende Arbeit stellt eine vergleichende –anatomische und
physiologische- Untersuchung an der Netzhaut von Atheriniformes
(Hornhechte, fliegende Fische, Halbschnäbler, Ährenfische,
Zwischenkärpflinge, u. a.) dar. Ziel dieser Studie ist es, unter
Berücksichtigung der verwandtschaftlichen Verhältnisse zu klären,
inwieweit sich in Morphologie und spektraler Empfindlichkeit der
äußeren Retina Anpassungen an die visuelle Umwelt zeigen. 13 Arten
aus 8 Familien wurden licht- und elektronenmikroskopisch
untersucht: Dermogenys pusillus, Hyporamphus affinis
(Hemiramphidae); Parexocoetus mento (Exocoetidae); Belone belone,
Tylosurus crocodylus, Xenentodon cancila (Belonidae); Scomberesox
saurus (Scomberesocidae); Oryzias celebenensis (Oryziatidae); Ameca
splendens (Goodeidae); Melanotaenia maccullochi, Glossolepis
incisus (Melanotaeniidae); Atherina boyeri, Telmatherina ladigesi
(Atherinidae). Die spektrale Empfindlichkeit der Photorezeptoren
wurde bei D. pusillus, B. belone, M. maccullochi, A. boyeri und T.
ladigesi mikrospektrophotometrisch, bei M. maccullochi außerdem
histochemisch (NBT-Färbung) untersucht. Der Retinaaufbau entspricht
bei allen untersuchten Vertretern der für diurnale Teleostier
typischen Duplexretina. Bezüglich der morphologischen Befunde und
spektralen Ergebnisse lassen sich zwischen den einzelnen Familien
und mitunter sogar Arten z. T. deutliche Unterschiede feststellen.
Dabei treten innerhalb eines Auges häufig regionale Unterschiede
auf. Allerdings weisen bestimmte Gruppen auch gemeinsame Merkmale
auf. So stellen neben den bei allen untersuchten Vertretern
vorkommenden gleichen und ungleichen Doppelzapfen, bei den
Belonidae und Scomberesocidae lediglich lange Einzelzapfen ein
regelmäßiges Musterelement dar. Die übrigen Vertreter besitzen
dagegen, zumindest in bestimmten Regionen, zusätzlich kurze
Einzelzapfen. Melanotaenia weist mittlere Einzelzapfen an Stelle
der kurzen und langen Einzelzapfen auf. Bei den meisten Arten
lassen sich sporadisch bis lokal häufig, vermehrt in der ventralen
Region, sowohl lineare als auch trianguläre Dreifachzapfen
beobachten, bei A. splendens sogar Vierfachzapfen. Charakteristisch
für die Atherinifomes ist ein vitreo-skleraler Dichtegradient der
Ellipsoid-Mitochondrien, aus dem bei einigen Vertretern
Riesenmitochondrien am skleralen Ellipsoidende resultieren.
Melanotaenia und Oryzias besitzen an der Ellipsoidspitze
ellipsosomenähnliche Körper, Ameca dagegen echte Ellipsosomen, die
möglicherweise eine Synapomorphie der Cyprinodontoidea darstellen
und durch selektive Filterung vermutlich der Kontrastverstärkung
dienen. Während die Stäbchenanordnung bei den Ährenfischartigen
keinerlei Regelmäßigkeiten aufweist, bilden die Zapfen im
helladaptierten Zustand hochgeordnete Muster aus, die mitunter bis
in die Synapsenregion verfolgt werden können. Reine und verdrehte
Reihenmuster, sowie Viereckmuster kommen bei nahezu allen
Vertretern vor, pentagonale Muster dagegen nur sporadisch. Einen
bis dato in dieser Form einmaligen Mustertyp stellt das hexagonale
Muster in der dorsalen Retina von B. belone dar, der möglicherweise
eine Anpassung an das Sehen bei niedrigeren Lichtintensitäten
darstellt. Reine und verdrehte Reihenmuster sowie Viereckmuster
stehen häufig in direktem Zusammenhang mit lokalen
Doppelzapfendichtemaxima. Solche Dichtehöchstwerte finden sich in
der Regel in Retinaregionen, die Sehreize aus den
Hauptblickrichtungen verarbeiten. Diese sind bei den Atheriniformes
zumeist nach anterior, anterior-dorsad, anterio-ventrad, sowie
dorso-temporad gerichtet. Die funktionelle Bedeutung von
Dichtemaxima, Zapfenmuster und Zapfenverhältnissen wird unter
Berücksichtigung der Lebensgewohnheiten des jeweiligen Vertreters
in Zusammenhang mit den photischen Bedingungen seines Lebensraumes
diskutiert. Während das λmax der Stäbchen mit Wellenlängen um 506nm
relativ konstant erscheint, erstreckt sich die spektrale
Empfindlichkeit der Zapfen bei den Atheriniformes von 369nm (UV)
bis 576nm (rot). Dabei weisen A. boyeri (blau/grün) ein
dichromatisches und T. ladigesi (UV/blau/grün), D. pusillus
(UV/grün/rot) sowie B. belone (blau/brün/rot) ein trichromatisches
Sehen auf. Das Zapfenpigmentrepertoire von M. maccullochi bietet
die Voraussetzung für tetrachromatisches Sehen (UV/violett, blau,
grün, rot). Verschiedene Opsinfamilien bei Melanotaenia und
Dermogenys zeigen Polymorphismus. Hinweise auf ein
Rhodopsin/Porphyropsingemisch, dessen Verhältnis innerhalb der
Retina variiert, finden sich bei Telmatherina. Die zahlreichen
unterschiedlichen spektralen Empfindlichkeiten lassen sich als
Anpassung an die spektralen Eigenschaften des Lebensraumes, die
intraspezifische Kommunikation oder den Nahrungserwerb deuten.
Dabei spielen der violette und ultraviolette Bereich des Spektrums
unter Umständen eine besondere Rolle als „geheime Wellenlängen“ im
Rahmen der innerartlichen Verständigung. Vermutlich dient
UV-Empfindlichkeit auch der Kontrastverstärkung und erleichtert
somit die Beutedetektion. Als gemeinsames Merkmal, das den
Atherinoidei und Cyprinodontoidei fehlt, besitzen die Exocoetoidei
pigmentierte Strukturen im Augenbinnenraum, die wahrscheinlich
modifizierte Processus falciformis darstellen. Während die
fliegenden Fische und Halbschnäbler lediglich pigmentierte Zapfen
in der Augenkammer aufweisen, zeigen Scomberesox und vor allem die
Belonidae ein horizontales intraokulares Septum, das möglicherweise
der Streulichtabsorption und als Blendschutz dient. Die Ergebnisse
insgesamt machen deutlich, dass bei den Atheriniformes neben
hochkonservierten Merkmalen auch abgeleitete Retinamerkmale zu
beobachten sind, deren Ausprägungen einem starken evolutiven Wandel
unterliegen. Sie stellen die Voraussetzung für die zahlreichen, vom
Grundplan der Ordnung abweichenden Anpassungen an die im jeweiligen
Mikrohabitat vorherrschenden Lichtbedingungen sowie an
verhaltensökologische Gegebenheiten dar.
physiologische- Untersuchung an der Netzhaut von Atheriniformes
(Hornhechte, fliegende Fische, Halbschnäbler, Ährenfische,
Zwischenkärpflinge, u. a.) dar. Ziel dieser Studie ist es, unter
Berücksichtigung der verwandtschaftlichen Verhältnisse zu klären,
inwieweit sich in Morphologie und spektraler Empfindlichkeit der
äußeren Retina Anpassungen an die visuelle Umwelt zeigen. 13 Arten
aus 8 Familien wurden licht- und elektronenmikroskopisch
untersucht: Dermogenys pusillus, Hyporamphus affinis
(Hemiramphidae); Parexocoetus mento (Exocoetidae); Belone belone,
Tylosurus crocodylus, Xenentodon cancila (Belonidae); Scomberesox
saurus (Scomberesocidae); Oryzias celebenensis (Oryziatidae); Ameca
splendens (Goodeidae); Melanotaenia maccullochi, Glossolepis
incisus (Melanotaeniidae); Atherina boyeri, Telmatherina ladigesi
(Atherinidae). Die spektrale Empfindlichkeit der Photorezeptoren
wurde bei D. pusillus, B. belone, M. maccullochi, A. boyeri und T.
ladigesi mikrospektrophotometrisch, bei M. maccullochi außerdem
histochemisch (NBT-Färbung) untersucht. Der Retinaaufbau entspricht
bei allen untersuchten Vertretern der für diurnale Teleostier
typischen Duplexretina. Bezüglich der morphologischen Befunde und
spektralen Ergebnisse lassen sich zwischen den einzelnen Familien
und mitunter sogar Arten z. T. deutliche Unterschiede feststellen.
Dabei treten innerhalb eines Auges häufig regionale Unterschiede
auf. Allerdings weisen bestimmte Gruppen auch gemeinsame Merkmale
auf. So stellen neben den bei allen untersuchten Vertretern
vorkommenden gleichen und ungleichen Doppelzapfen, bei den
Belonidae und Scomberesocidae lediglich lange Einzelzapfen ein
regelmäßiges Musterelement dar. Die übrigen Vertreter besitzen
dagegen, zumindest in bestimmten Regionen, zusätzlich kurze
Einzelzapfen. Melanotaenia weist mittlere Einzelzapfen an Stelle
der kurzen und langen Einzelzapfen auf. Bei den meisten Arten
lassen sich sporadisch bis lokal häufig, vermehrt in der ventralen
Region, sowohl lineare als auch trianguläre Dreifachzapfen
beobachten, bei A. splendens sogar Vierfachzapfen. Charakteristisch
für die Atherinifomes ist ein vitreo-skleraler Dichtegradient der
Ellipsoid-Mitochondrien, aus dem bei einigen Vertretern
Riesenmitochondrien am skleralen Ellipsoidende resultieren.
Melanotaenia und Oryzias besitzen an der Ellipsoidspitze
ellipsosomenähnliche Körper, Ameca dagegen echte Ellipsosomen, die
möglicherweise eine Synapomorphie der Cyprinodontoidea darstellen
und durch selektive Filterung vermutlich der Kontrastverstärkung
dienen. Während die Stäbchenanordnung bei den Ährenfischartigen
keinerlei Regelmäßigkeiten aufweist, bilden die Zapfen im
helladaptierten Zustand hochgeordnete Muster aus, die mitunter bis
in die Synapsenregion verfolgt werden können. Reine und verdrehte
Reihenmuster, sowie Viereckmuster kommen bei nahezu allen
Vertretern vor, pentagonale Muster dagegen nur sporadisch. Einen
bis dato in dieser Form einmaligen Mustertyp stellt das hexagonale
Muster in der dorsalen Retina von B. belone dar, der möglicherweise
eine Anpassung an das Sehen bei niedrigeren Lichtintensitäten
darstellt. Reine und verdrehte Reihenmuster sowie Viereckmuster
stehen häufig in direktem Zusammenhang mit lokalen
Doppelzapfendichtemaxima. Solche Dichtehöchstwerte finden sich in
der Regel in Retinaregionen, die Sehreize aus den
Hauptblickrichtungen verarbeiten. Diese sind bei den Atheriniformes
zumeist nach anterior, anterior-dorsad, anterio-ventrad, sowie
dorso-temporad gerichtet. Die funktionelle Bedeutung von
Dichtemaxima, Zapfenmuster und Zapfenverhältnissen wird unter
Berücksichtigung der Lebensgewohnheiten des jeweiligen Vertreters
in Zusammenhang mit den photischen Bedingungen seines Lebensraumes
diskutiert. Während das λmax der Stäbchen mit Wellenlängen um 506nm
relativ konstant erscheint, erstreckt sich die spektrale
Empfindlichkeit der Zapfen bei den Atheriniformes von 369nm (UV)
bis 576nm (rot). Dabei weisen A. boyeri (blau/grün) ein
dichromatisches und T. ladigesi (UV/blau/grün), D. pusillus
(UV/grün/rot) sowie B. belone (blau/brün/rot) ein trichromatisches
Sehen auf. Das Zapfenpigmentrepertoire von M. maccullochi bietet
die Voraussetzung für tetrachromatisches Sehen (UV/violett, blau,
grün, rot). Verschiedene Opsinfamilien bei Melanotaenia und
Dermogenys zeigen Polymorphismus. Hinweise auf ein
Rhodopsin/Porphyropsingemisch, dessen Verhältnis innerhalb der
Retina variiert, finden sich bei Telmatherina. Die zahlreichen
unterschiedlichen spektralen Empfindlichkeiten lassen sich als
Anpassung an die spektralen Eigenschaften des Lebensraumes, die
intraspezifische Kommunikation oder den Nahrungserwerb deuten.
Dabei spielen der violette und ultraviolette Bereich des Spektrums
unter Umständen eine besondere Rolle als „geheime Wellenlängen“ im
Rahmen der innerartlichen Verständigung. Vermutlich dient
UV-Empfindlichkeit auch der Kontrastverstärkung und erleichtert
somit die Beutedetektion. Als gemeinsames Merkmal, das den
Atherinoidei und Cyprinodontoidei fehlt, besitzen die Exocoetoidei
pigmentierte Strukturen im Augenbinnenraum, die wahrscheinlich
modifizierte Processus falciformis darstellen. Während die
fliegenden Fische und Halbschnäbler lediglich pigmentierte Zapfen
in der Augenkammer aufweisen, zeigen Scomberesox und vor allem die
Belonidae ein horizontales intraokulares Septum, das möglicherweise
der Streulichtabsorption und als Blendschutz dient. Die Ergebnisse
insgesamt machen deutlich, dass bei den Atheriniformes neben
hochkonservierten Merkmalen auch abgeleitete Retinamerkmale zu
beobachten sind, deren Ausprägungen einem starken evolutiven Wandel
unterliegen. Sie stellen die Voraussetzung für die zahlreichen, vom
Grundplan der Ordnung abweichenden Anpassungen an die im jeweiligen
Mikrohabitat vorherrschenden Lichtbedingungen sowie an
verhaltensökologische Gegebenheiten dar.
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