Anpassung von Salmonella spp. an neue Wirte durch horizontalen Transfer translozierter Effektorproteine
Beschreibung
vor 23 Jahren
Salmonellosen gehören weltweit zu den drei häufigsten
registrierten, lebensmittelbedingten bakteriellen Darmerkrankungen.
Dabei sind bestimmte S. enterica-Subspezies-I-Serovare an einen
speziellen Wirt adaptiert, andere Serovare zeigen hingegen ein
breites Wirtsspektrum. Der Krankheitsverlauf einer Salmonellose
wird aber auch von der Spezies des infizierten Wir- tes bestimmt.
Je nach infiziertem Wirt können beispielsweise milde bis akute
Enterocolitis, aber auch schwere systemische Infektionen beobachtet
werden. Um sich im Laufe ihrer Evolution optimal an ihre Wirte
anzupassen, haben Salmonella spp. nach der Abspaltung vom
kommensalen E. coli schrittweise neue Virulenzeigenschaften er-
worben. Dies geschah vor allem über horizontalen Gentransfer
(Ochman und Moran, 2001). Im ersten Schritt wurde die
Salmonella-Pathogenitätsinsel 1 (SPI1), später SPI2 erworben. Beide
Inseln kodieren jeweils einen Typ-III-Translokationsapparat und
dazu gehörende trans- lozierte Effektorproteine, welche die
Wirtszellreaktionen zum Vorteil des Pathogens modulie- ren. Die
Inseln sind zu unterschiedlichen Phasen der Salmonellosen aktiv.
Das für die Wirts- zellinvasion verantwortliche
Typ-III-Translokationssystem von SPI1 kann auch Effektoren in die
Wirtszellen schleusen, die außerhalb der SPI1 kodiert sind. Der in
SPI1 kodierte Translo- kationsapparat ist in Salmonella spp. hoch
konserviert (Li et al., 1995). In der vorliegenden Arbeit wurde die
Rolle der translozierten Effektorproteine bei der Evolu- tion von
Salmonella spp. hin zu tierpathogenen Erregern untersucht. Es
konnte gezeigt wer- den, daß die meisten SPI1-abhängig
translozierten Effektoren (SipA, SipB, SipC, SptP, SopB, SopD und
SopE2), ob innerhalb oder außerhalb von SPI1 kodiert, ebenfalls
hoch konserviert vorliegen. Phylogenetische Analysen zeigten, daß
diese konservierten Effektoren früh in der Salmonella-Entwicklung,
nämlich zwischen 50 und 160 Millionen Jahren (im Zeitrahmen der
SPI1-Aufnahme), akquiriert wurden. So handelt es sich hierbei um
Faktoren mit einer basalen bzw. zentralen Virulenzfunktion, die
Salmonella spp. von kommensalen Escherichia spp. unterscheiden. Es
konnte gezeigt, daß die konservierten Effektorproteine SopE2 und
SopB maßgeblich an der Wirtszellinvasion beteiligt sind (Mirold et
al., 2001). Diese Invasion-vermittelnden Effek- toren sind weit
entfernt von SPI1, in separaten chromosomalen Loci, kodiert. Diese
Beobach- tung steht in gewissem Widerspruch zur klassischen
Definition der Pathogenitätsinsel. Die invasionsrelevanten
Effektoren SopB und SopE2 bilden zusammen mit dem SPI1-
Translokationsapparat eine funktionelle Einheit (ein sogenanntes
„Invasionsvirulon“), obwohl sie nicht -wie für Pathogenitätsinseln
postuliert- auf demselben chromosomalen Element ko- diert sind.
Zusammen mit den phylogenetischen Daten aus dieser Arbeit, deuten
diese Ergeb- nisse daraufhin, daß der letzte gemeinsame Vorfahre
aller heutigen Salmonella spp. bereits sämtliche für die
Wirtszellinvasion benötigten Effektorproteine kodierte und daß die
Modula- tion der Signaltransduktionswege in der Wirtszelle in S.
bongori und in sämtlichen S. enteri- ca-Subspezies konserviert
sind. Es wird vielmehr ein Translokationsmodul durch die SPI1
bereitgestellt, durch das sowohl konservierte als auch variabel
vorkommende Effektorproteine in die Wirtszelle geschleust werden
können. Es konnten jedoch auch Variationen festgestellt werden. Die
beiden für die Effektorproteine SopE- und AvrA-kodierenden Gene
sind variabel in der Salmonella-Population verteilt. AvrA ist am
Rande der SPI1 kodiert und es wird vermutet, daß es nicht zum Kern
der SPI1 gehört. Das variable SopE ist bei Zentisom 60 des
Salmonella-Chromosoms, abgetrennt von SPI1 (Zentisom 63), kodiert.
Das variable Effektorprotein SopE und wahrscheinlich auch AvrA
tragen vermutlich als „Adaptationsproteine“ zur Feinmodulation der
Wechselwirkung mit dem Wirt bei. Vermutlich existieren noch
wesentlich mehr variable Effektorproteine, die zu dieser
Feinanpassung beitragen. In dieser Arbeit wurde weiterhin der
horizontale Transfer von sopE detailliert untersucht. SopE ist in
Typhimurium auf SopEΦ, einem Bakteriophagen der P2-Familie,
kodiert. SopE ist das erste Effektorproteingen, bei dem die
horizontale Übertragung über den Mechanismus der lysogenen
Konversion nachgewiesen werden konnte. Bisher war bei Salmonella
spp. nur der Phagen-vermittelte horizontale Transfer durch
Transduktion bekannt. Die spezifische Integra- tionsstelle von
SopEΦ in das Salmonella-Chromosom wurde näher charakterisiert. Es
konnte gezeigt werden, daß SopEФ in der attL-Region eines bereits
integrierten kryptischen Propha- gen (CP4-57) integriert ist, der
seinerseits in ssrA, dem Gen für die kleine stabile tmRNS,
integriert ist. Epidemiologische Untersuchungen wiesen zudem darauf
hin, daß der Erwerb des sopE-Gens durch lysogene Konversion mit
SopEФ einen selektiven Vorteil gegenüber sopE-negativen
Typhimurium-Stämmen darstellen. SopE-tragende S.
enterica-Subspezies-I-Serovar Typhi- murium-Stämme lösten in den
siebziger und achtziger Jahren verstärkt Epidemien aus. Darü-
berhinaus konnte gezeigt werden, daß SopEФ-Lysogene eine
gesteigerte Virulenz aufweisen. Dies wurde sowohl in
Zellkulturversuchen (diese Arbeit) als auch in
Rinderinfektionsversu- chen (Zhang, zur Publikation eingereicht)
experimentell nachgewiesen. Schließlich wurde in dieser Arbeit auf
die Koevolution von Salmonella spp. und Virulenzfak- tor-tragenden
Bakteriophagen untersucht. Es wurde festgestellt, daß die
genetischen Mecha- nismen, welche den Modulaustausch zwischen
Bakteriophagen vermitteln, auch dazu führen, die Flexibilität der
Salmonella spp. bezüglich der Wirtsanpassung zu steigern. Dieser
Mecha- nismus stellt möglicherweise für die Bakterien und damit
auch für die assoziierten Bakteri- ophagen einen Selektionsvorteil
dar. Es wurde beobachtet, daß der Virulenzfaktor SopE in einigen
Serovaren der S. enterica-Subspezies-I nicht auf einem P2-ähnlichen
sondern auf ei- nem lambdoiden Bakteriophagen kodiert ist. Es
konnte demzufolge zum ersten Mal beobach- tet werden, daß ein
Virulenz-vermittelndes Effektorproteingen in dem Genom zweier ver-
schiedener Phagenfamilien kodiert ist und durch diese Phagen
möglicherweise horizontal transferiert werden kann. Die ermittelten
DNS-Sequenzen um sopE lassen vermuten, daß eine konservierte
sopE-tragende Kassette (oder „Moron“) durch homologe Rekombination
zwi- schen den zwei verschiedenen Bakteriophagenfamilien (P2- und
lambdoid) transferiert wor- den ist. Diese Art des Transfers von
Virulenzgen-Modulen zwischen verschiedenen Phagen- Familien erlaubt
die flexible Neukombination von Phagen-kodierten Effektorproteinen.
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß variabel vorkommende
translozierte Effektorpro- teine die Pathogen-Wirt-Beziehung
optimieren können. Neukombinationen dieser Effektoren können über
horizontalen Transfer hergestellt werden und somit die optimale
Anpassung an die jeweiligen Wirte gewährleisten. Dabei spielt der
horizontale Transfer von Virulenzgenen über konvertierende
Bakteriophagen eine wesentliche Rolle. Günstige Kombinationen von
variablen Effektorproteinen sind wahrscheinlich entscheidend an der
Entstehung neuer Epi- demiestämme beteiligt. Die effizienten
horizontalen Transfermechanismen zwischen ver- schiedenen
Salmonella spp. als auch zwischen verschiedenen Phagenfamilien
tragen so dazu bei, daß Salmonella spp. ein äußerst breites
Spektrum von Wirten infizieren können und daß neue Epidemieklone
mit höherer Frequenz entstehen können.
registrierten, lebensmittelbedingten bakteriellen Darmerkrankungen.
Dabei sind bestimmte S. enterica-Subspezies-I-Serovare an einen
speziellen Wirt adaptiert, andere Serovare zeigen hingegen ein
breites Wirtsspektrum. Der Krankheitsverlauf einer Salmonellose
wird aber auch von der Spezies des infizierten Wir- tes bestimmt.
Je nach infiziertem Wirt können beispielsweise milde bis akute
Enterocolitis, aber auch schwere systemische Infektionen beobachtet
werden. Um sich im Laufe ihrer Evolution optimal an ihre Wirte
anzupassen, haben Salmonella spp. nach der Abspaltung vom
kommensalen E. coli schrittweise neue Virulenzeigenschaften er-
worben. Dies geschah vor allem über horizontalen Gentransfer
(Ochman und Moran, 2001). Im ersten Schritt wurde die
Salmonella-Pathogenitätsinsel 1 (SPI1), später SPI2 erworben. Beide
Inseln kodieren jeweils einen Typ-III-Translokationsapparat und
dazu gehörende trans- lozierte Effektorproteine, welche die
Wirtszellreaktionen zum Vorteil des Pathogens modulie- ren. Die
Inseln sind zu unterschiedlichen Phasen der Salmonellosen aktiv.
Das für die Wirts- zellinvasion verantwortliche
Typ-III-Translokationssystem von SPI1 kann auch Effektoren in die
Wirtszellen schleusen, die außerhalb der SPI1 kodiert sind. Der in
SPI1 kodierte Translo- kationsapparat ist in Salmonella spp. hoch
konserviert (Li et al., 1995). In der vorliegenden Arbeit wurde die
Rolle der translozierten Effektorproteine bei der Evolu- tion von
Salmonella spp. hin zu tierpathogenen Erregern untersucht. Es
konnte gezeigt wer- den, daß die meisten SPI1-abhängig
translozierten Effektoren (SipA, SipB, SipC, SptP, SopB, SopD und
SopE2), ob innerhalb oder außerhalb von SPI1 kodiert, ebenfalls
hoch konserviert vorliegen. Phylogenetische Analysen zeigten, daß
diese konservierten Effektoren früh in der Salmonella-Entwicklung,
nämlich zwischen 50 und 160 Millionen Jahren (im Zeitrahmen der
SPI1-Aufnahme), akquiriert wurden. So handelt es sich hierbei um
Faktoren mit einer basalen bzw. zentralen Virulenzfunktion, die
Salmonella spp. von kommensalen Escherichia spp. unterscheiden. Es
konnte gezeigt, daß die konservierten Effektorproteine SopE2 und
SopB maßgeblich an der Wirtszellinvasion beteiligt sind (Mirold et
al., 2001). Diese Invasion-vermittelnden Effek- toren sind weit
entfernt von SPI1, in separaten chromosomalen Loci, kodiert. Diese
Beobach- tung steht in gewissem Widerspruch zur klassischen
Definition der Pathogenitätsinsel. Die invasionsrelevanten
Effektoren SopB und SopE2 bilden zusammen mit dem SPI1-
Translokationsapparat eine funktionelle Einheit (ein sogenanntes
„Invasionsvirulon“), obwohl sie nicht -wie für Pathogenitätsinseln
postuliert- auf demselben chromosomalen Element ko- diert sind.
Zusammen mit den phylogenetischen Daten aus dieser Arbeit, deuten
diese Ergeb- nisse daraufhin, daß der letzte gemeinsame Vorfahre
aller heutigen Salmonella spp. bereits sämtliche für die
Wirtszellinvasion benötigten Effektorproteine kodierte und daß die
Modula- tion der Signaltransduktionswege in der Wirtszelle in S.
bongori und in sämtlichen S. enteri- ca-Subspezies konserviert
sind. Es wird vielmehr ein Translokationsmodul durch die SPI1
bereitgestellt, durch das sowohl konservierte als auch variabel
vorkommende Effektorproteine in die Wirtszelle geschleust werden
können. Es konnten jedoch auch Variationen festgestellt werden. Die
beiden für die Effektorproteine SopE- und AvrA-kodierenden Gene
sind variabel in der Salmonella-Population verteilt. AvrA ist am
Rande der SPI1 kodiert und es wird vermutet, daß es nicht zum Kern
der SPI1 gehört. Das variable SopE ist bei Zentisom 60 des
Salmonella-Chromosoms, abgetrennt von SPI1 (Zentisom 63), kodiert.
Das variable Effektorprotein SopE und wahrscheinlich auch AvrA
tragen vermutlich als „Adaptationsproteine“ zur Feinmodulation der
Wechselwirkung mit dem Wirt bei. Vermutlich existieren noch
wesentlich mehr variable Effektorproteine, die zu dieser
Feinanpassung beitragen. In dieser Arbeit wurde weiterhin der
horizontale Transfer von sopE detailliert untersucht. SopE ist in
Typhimurium auf SopEΦ, einem Bakteriophagen der P2-Familie,
kodiert. SopE ist das erste Effektorproteingen, bei dem die
horizontale Übertragung über den Mechanismus der lysogenen
Konversion nachgewiesen werden konnte. Bisher war bei Salmonella
spp. nur der Phagen-vermittelte horizontale Transfer durch
Transduktion bekannt. Die spezifische Integra- tionsstelle von
SopEΦ in das Salmonella-Chromosom wurde näher charakterisiert. Es
konnte gezeigt werden, daß SopEФ in der attL-Region eines bereits
integrierten kryptischen Propha- gen (CP4-57) integriert ist, der
seinerseits in ssrA, dem Gen für die kleine stabile tmRNS,
integriert ist. Epidemiologische Untersuchungen wiesen zudem darauf
hin, daß der Erwerb des sopE-Gens durch lysogene Konversion mit
SopEФ einen selektiven Vorteil gegenüber sopE-negativen
Typhimurium-Stämmen darstellen. SopE-tragende S.
enterica-Subspezies-I-Serovar Typhi- murium-Stämme lösten in den
siebziger und achtziger Jahren verstärkt Epidemien aus. Darü-
berhinaus konnte gezeigt werden, daß SopEФ-Lysogene eine
gesteigerte Virulenz aufweisen. Dies wurde sowohl in
Zellkulturversuchen (diese Arbeit) als auch in
Rinderinfektionsversu- chen (Zhang, zur Publikation eingereicht)
experimentell nachgewiesen. Schließlich wurde in dieser Arbeit auf
die Koevolution von Salmonella spp. und Virulenzfak- tor-tragenden
Bakteriophagen untersucht. Es wurde festgestellt, daß die
genetischen Mecha- nismen, welche den Modulaustausch zwischen
Bakteriophagen vermitteln, auch dazu führen, die Flexibilität der
Salmonella spp. bezüglich der Wirtsanpassung zu steigern. Dieser
Mecha- nismus stellt möglicherweise für die Bakterien und damit
auch für die assoziierten Bakteri- ophagen einen Selektionsvorteil
dar. Es wurde beobachtet, daß der Virulenzfaktor SopE in einigen
Serovaren der S. enterica-Subspezies-I nicht auf einem P2-ähnlichen
sondern auf ei- nem lambdoiden Bakteriophagen kodiert ist. Es
konnte demzufolge zum ersten Mal beobach- tet werden, daß ein
Virulenz-vermittelndes Effektorproteingen in dem Genom zweier ver-
schiedener Phagenfamilien kodiert ist und durch diese Phagen
möglicherweise horizontal transferiert werden kann. Die ermittelten
DNS-Sequenzen um sopE lassen vermuten, daß eine konservierte
sopE-tragende Kassette (oder „Moron“) durch homologe Rekombination
zwi- schen den zwei verschiedenen Bakteriophagenfamilien (P2- und
lambdoid) transferiert wor- den ist. Diese Art des Transfers von
Virulenzgen-Modulen zwischen verschiedenen Phagen- Familien erlaubt
die flexible Neukombination von Phagen-kodierten Effektorproteinen.
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß variabel vorkommende
translozierte Effektorpro- teine die Pathogen-Wirt-Beziehung
optimieren können. Neukombinationen dieser Effektoren können über
horizontalen Transfer hergestellt werden und somit die optimale
Anpassung an die jeweiligen Wirte gewährleisten. Dabei spielt der
horizontale Transfer von Virulenzgenen über konvertierende
Bakteriophagen eine wesentliche Rolle. Günstige Kombinationen von
variablen Effektorproteinen sind wahrscheinlich entscheidend an der
Entstehung neuer Epi- demiestämme beteiligt. Die effizienten
horizontalen Transfermechanismen zwischen ver- schiedenen
Salmonella spp. als auch zwischen verschiedenen Phagenfamilien
tragen so dazu bei, daß Salmonella spp. ein äußerst breites
Spektrum von Wirten infizieren können und daß neue Epidemieklone
mit höherer Frequenz entstehen können.
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