Räumliche Organisation der linearen und angulären vestibulo-okulären Reflexe beim Grasfrosch (Rana temporaria)

Räumliche Organisation der linearen und angulären vestibulo-okulären Reflexe beim Grasfrosch (Rana temporaria)

Beschreibung

vor 23 Jahren
Horizontale, vertikale und torsionale kanal-okuläre und
entsprechende makulo-okuläre Reflexe wurden bei Fröschen getrennt
untersucht. Ziel der Untersuchung war es einerseits, die räumlichen
Vektoren der Richtungen von Bestantworten zu bestimmen und
andererseits, die Vektororientierungen beider Reflexe zueinander in
Beziehung zu setzen. Hierzu wurden die Summenaktionspotentiale von
drei verschiedenen Augenmuskelnerven (M. lateralis rectus, M.
inferior rectus, M. inferior obliquus) während Translations- bzw.
Drehbeschleunigungen unter Ausschluß visueller Reizung untersucht.
Sinusförmige Translationsbeschleunigungen wurden in horizontaler,
vertikaler und schräger Richtung ausgeführt. Sinusförmige
Drehbeschleunigungen wurden um eine erdvertikale Achse ausgeführt.
Vor jeder Messung wurde die Kopfposition systematisch in der Nick-
bzw. Kippebene verändert, um diejenigen Richtungen zu bestimmen,
die maximale Antworten im Augenmuskelnerven auslösten. Anhand
dieser Daten und anhand bekannter, kopffester Koordinaten der
Bogengänge konnten die Richtungen der maximalen Antworten bei
Translations- und Drehbeschleunigungen für die getesteten
Augenmuskelnerven berechnet und in Bogengangskoordinaten
ausgedrückt werden. Horizontale lineare
Translationsbeschleunigungen riefen Antworten in den jeweiligen
Augenmuskelnerven hervor. Jedem der getesteten Nerven konnte ein
fächerförmiger Sektor auf dem kontralateralen Utrikel zugeordnet
werden, aus dem die Antworten stammten. Die Antworten waren nur
erregender Art, ein unterstützender hemmender makulo-okulärer
Reflex konnte nicht festgestellt werden. Sakkulus oder Lagena
steuerten keine vertikale Komponente zum makulo-okulären Reflex
bei. Die Sektoren des M. lateralis rectus bzw. des M. inferior
obliquus hatten einen Öffnungswinkel von 60° bzw. 45° und lagen in
der rostralen Hälfte des Utrikels. Beide Sektoren überlappten und
lagen in der Ebene der horizontalen Bogengänge. Der Sektor des M.
inferior rectus war vergleichsweise schmal (5° Öffnungswinkel), lag
in der kaudalen Hälfte des Utrikels und war um 6° gegenüber den
horizontalen Bogengängen nach oben geneigt. Bei
Drehbeschleunigungen traten maximale Antworten im Nerven des M.
inferior obliquus auf, die sich aus der Konvergenz von Signalen vom
kontralateralen anterioren und ipsilateralen horizontalen Bogengang
(Konvergenzverhältnis 50 : 50) ergaben. Der Abduzensnerv antwortete
maximal bei Rotationen in einer Ebene, bei der eine Konvergenz von
Signalen aus dem kontralateralen horizontalen und anterioren
Bogengang im Verhältnis 80 : 20 aktiviert wurde. Die Antworten im
Nerven des M. inferior rectus waren maximal, wenn der Kopf in der
Ebene des kontralateralen posterioren Bogengangs gedreht wurde. Ein
Vergleich der Vektororientierungen der maximalen Antworten bei
Translations- bzw. Drehbeschleunigungen zeigte, daß diese beiden
Vektoren bei jedem der untersuchten Augenmuskelnerven jeweils etwa
senkrecht zueinander standen. Mit dieser Anordnung können sich
makulo-okuläre und kanal-okuläre Reflexe bestmöglich unterstützen:
Die Richtung der Bestantworten bei Drehbeschleunigungen bleibt
dieselbe, unabhängig davon, ob kanal-okuläre Reflexe isoliert oder
zusammen mit makulo-okulären Reflexen aktiviert werden. Die hier
gefundenen Unterschiede in der Organisation zwischen makulo- und
kanal-okulären Reflexen sowie die gemeinsame räumliche Abstimmung
der beiden Reflexe könnten ein allgemeines Organisationsprinzip bei
Vertebraten darstellen.

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