Beschreibung

vor 18 Jahren
Die ersten transgenen Tiere wurden durch viralen Gentransfer
erzeugt. Für die initialen Versuche wurden prototypische
Retroviren, wie der murine Leukämievirus (MuLV), verwendet. Es
stellte sich jedoch heraus, daß die proviralen Gene in diesen
Mäusen stark methyliert waren und nicht oder nur in geringen Mengen
exprimiert wurden ("gene silencing"). Ein Durchbruch für die virale
Transgenese kam erst mit der Verwendung lentiviraler Vektoren.
Lentiviren sind in der Lage eine Vielzahl verschiedener Zelllinien
(auch terminal differenzierte Zellen) effizient zu transduzieren
und ihre virale DNA stabil in das Wirts-Chromosom zu integrieren.
Obwohl bereits transgene Nagetiere durch lentivirale Vektoren
erzeugt werden konnten, waren initiale Versuche in höheren
Säugetieren (Affen) nicht erfolgreich. Dies warf die Frage auf, ob
lentiviraler Gentransfer in höheren Säugetieren anwendbar ist.
Transgene Schweine und Rinder wären von großer biomedizinischer
Bedeutung. Ihre potentiellen Anwendungsmöglichkeiten reichen von
der Produktion pharmazeutisch relevanter Proteine über klinische
Modelle zur Untersuchung humaner Erkrankungen bis hin zur
Xenotransplantation. Obwohl mit der klassischen DNA-Mikroinjektion
transgene Schweine und Rinder erzeugt werden können, ist das
Verfahren in diesen Spezies jedoch sehr ineffizient und
dementsprechend kostenintensiv. Da hohe Produktionskosten den
möglichen Anwendungen entgegenstehen, wurde versucht ein
effizientes Verfahren, daß auf lentiviralem Gentransfer beruht, zu
entwickeln. Für die Entwicklung der lentiviralen Transgenese in
Schweinen wurden Zygoten mit Lentiviren infiziert und in Empfänger
transferiert. Die verwendeten Vektoren trugen einen eGFP-Reporter,
um die Effizienz der Transduktion schnell und einfach beurteilen zu
können. Von den 46 geborenen Ferkeln waren 32 transgen und 30
zeigten Transgen-Expression (65%). Die hohe Transgenese-Rate, die
mit dem lentiviralen Gentransfer erreicht werden konnte, stellt
eine 27fache Steigerung der Effizienz im Vergleich zur klassischen
DNA-Mikroinjektion dar. Die Untersuchung der transgenen Ferkel
zeigte Transgen-Expression in allen Organe und keinen sichtbaren
Mosaicismus der F0-Tiere. Des weiteren konnte eine nahezu lineare
Korrelation zwischen der Anzahl der integrierten Proviren und der
Höhe der Transgen-Expression gezeigt werden. Die Expression der
lentiviralen Transgene war stabil und wurde nicht nach der Geburt
der Tiere abgeschaltet. Durch die Wahl geeigneter Promotoren war es
möglich sowohl ubiquitäre, als auch Gewebe-spezifische Expression
(in der Haut) zu erreichen. Die integrierten Proviren wurden über
die Keimbahn an die nächste Generation weitergegeben und in der
F1-Generation unverändert stark exprimiert. Die Weitergabe der
integrierten Proviren an die nächste Generation ist die Basis für
Erzeugung transgener Linien. Zur Erzeugung transgener Rinder wurden
initial ebenfalls Zygoten infiziert. Diese wurden in vitro bis zum
Blastozysten-Stadium (Tag 7) kultiviert. Überraschenderweise
zeigten die Blastozysten nur sehr geringe Transgen-Expression.
Nachdem durch Transfer solcher Blastozysten keine transgenen
Nachkommen erzeugt werden konnten, wurde zur Infektion von Oozyten
(vor der Befruchtung) gewechselt. In den aus Oozyten-Infektion
stammenden Blastozysten war die Gentransfer-Rate wesentlich höher
(insgesamt 83% eGFP+ Blastozysten) und die eGFP-Fluoreszenz um ein
Vielfaches intensiver. Acht eGFP-positive Blastozysten wurden in
vier Empfänger transferiert, was zur Geburt von vier transgenen
Rindern führte. Alle erzeugten transgenen Rinder zeigten stabile
Expression des Transgens in allen untersuchten Organen. Als eine
weitere Methode zur Erzeugung lentiviral transgener Rinder wurde
der Kerntransfer (NT) untersucht. Hierzu wurden Haut-Fibroblasten
vom Rind lentiviral transduziert und als Donor-Zellen verwendet.
Dieser Ansatz war zwar wesentlich ineffizienter als die direkte
Infektion von Oozyten, trotzdem konnte ein transgenes Rind erzeugt
werden, das starke Transgen-Expression zeigte. Da die Expression
lentiviraler Integranten offenbar durch das klassische Klonen nicht
abgeschaltet wird, eröffnet diese Methode viele Möglichkeiten für
die Produktion transgener Tiere. Im letzten Teil dieser Arbeit
wurde die epigenetische Regulation lentiviraler Vektoren
untersucht. Dazu wurden transgene Founder-Schweine verpaart, um
Tiere mit einzelnen lentiviralen Integranten (F1-Generation) zu
erzeugen. Die Expressions-Analyse dieser Schweine zeigte, daß etwa
1/3 der Proviren nur schwach bzw. gar nicht exprimierten. Durch
Southern Blot Analysen mit Methylierungs-sensitiven
Restriktions-Enzymen wurde der Grad der proviralen Methylierung
bestimmt. Dieser korrelierte negativ mit der Transgen-Expression.
Zur genaueren Analyse der Methylierungs-Dichte wurden die
verschiedenen Proviren mittels Bisulfit-Sequenzierung untersucht.
Es stellte sich heraus, daß in den schwach bzw.
nicht-exprimierenden Integranten nahezu alle CpG-Dinukleotide
innerhalb der untersuchten Sequenzen methyliert waren. Um den
Einfluß der Methylierung auf die Expression zu untersuchen, wurde
von einem nicht-exprimierenden Schwein Haut-Fibroblasten isoliert
und mit dem Methylase-Inhibitor 5-AzaC inkubiert. Dadurch konnte
die abgeschaltete eGFP-Expression wieder reaktiviert werden.
Dagegen hatte der Histon-Deacetylase Inhibitor TSA keinen starken
Einfluß auf die Transgen-Expression. Chromatin-Modifikationen durch
TSA-abhängige HDACs scheinen also bei der epigenetischen Regulation
lentiviraler Vektoren in Schweinen keine entscheidende Rolle zu
spielen. Abschließend konnte durch einen Methylierungs-sensitiven
Southern Blot gezeigt werden, daß der Grad der DNA-Methylierung
durch Hemmung zellulärer Methylasen (mit 5-AzaC) signifikant
reduziert wurde. Lentiviraler Gentransfer stellte sich als eine
sehr effiziente Methode zur Erzeugung transgener Schweine und
Rinder heraus. Das Verfahren zeichnet sich insbesondere durch hohe
Transgenese-Raten und hohe Transgen-Expression aus. Außerdem werden
die lentiviralen Integranten über die Keimbahn an die nächste
Generation weitergegeben. Obwohl die Transkription einiger Proviren
epigenetisch reguliert wurde, ist die Häufigkeit des aufgetretenen
Silencings deutlich geringer als bei prototypischen Retroviren.

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