Beschreibung

vor 20 Jahren
Für die vorliegende Arbeit wurden 59 Ektomykorrhizen aus der
Gattung Russula und drei Ektomykorrhizen aus der Gattung Lactarius
morphologisch und anatomisch charakterisiert. Für die
Identifizierung der Mykorrhizen wurden die DNA der Fruchtkörper und
der Mykorrhizen isoliert. Mit den pilzspezifischen Primerpaaren
ITS1/ITS2 und ITS1F/ITS4B wurde die ITS-Region der ribosomalen
Kern-DNA mittels PCR amplifiziert. Mit vier Restriktionsenzymen
wurde eine RFLP-Analyse durchgeführt. Alle Mykorrhizen ließen sich
eindeutig durch den Vergleich der so erhaltenen Bandenmuster den
Fruchtkörpern zuordnen. Das Enzym Taq I zeigte die größte
Spezifität, mit ihm konnten auch sehr nah verwandte Arten getrennt
werden. Zusammen mit den bereits in der Literatur beschriebenen
Ektomykorrhizen sind damit insgesamt 56 Arten und eine Varietät aus
Europa berücksichtigt. Dies entspricht ca. einem Drittel der in
Mitteleuropa vorkommenden Russula-Arten. Zehn außereuropäischer
Arten aus Afrika, Nord- und Südamerika ergänzen das Bild.. Die
einzelnen morphologischen und anatomischen Merkmalskomplexe der
Mykorrhizen und Rhizomorphen wurden ausführlich besprochen und mit
denen der Fruchtkörper verglichen. Die Mykorrhizen der
Schwestergattung Lactarius und weiterer Gattungen wurden ihnen
gegenübergestellt. Die Mantelstrukturen der Mykorrhizen besitzen
die meisten Merkmale, die sich zur Lösung systematische
Fragestellungen eignen. Eine herausragende Rolle spielen hierbei
die für die Russulaceae typischen gloeopleren Elemente. Sie können
in den Mykorrhizen der Gattung Russula als Gloeocystiden oder als
gloeoplere Zellen vorliegen. Man kann die Mykorrhizen danach in
zwei Hauptgruppen einteilen: In solche die Cystiden besitzen und in
solche die keine besitzen. Diese Zweiteilung entspricht aber nicht
der bekannten in Compactae und Genuinae, die sich als künstlich
erwiesen hat. Beiden Gruppen lassen sich noch weiter unterteilen.
Mykorrhizen mit Cystiden: · Die Sektion Gossypinae, mit R.
gossypina aus Madagaskar, unterscheidet sich von allen anderen
Mykorrhizen der Gattung durch eine wollige Manteloberfläche. Hierin
sieht sie jenen von Lactarius piperatus sehr ähnlich. · Die
Mykorrhizen der Sektionen Compactae und Lactarioides besitzen
Gloeocystiden, die zwei apicale Knöpfchen tragen. Sie sind dennoch
voneinander zu trennen, da der Aufbau der mittleren Mantelschichten
sehr verschieden ist. · Für R. fuegiana aus dem südlichen
Südamerika ist aufgrund der einzigartigen Mykorrhizamäntel eine
eigene Sektion “Fuegianae” zu schaffen. · Die Eigenständigkeit der
Sektion Delicoarchaeae mit der Art R. aucarum (Bolivien) wird auch
durch die Besonderheiten der Mykorrhizen bestätigt. · Die Sektion
Heteropyllae lässt sich durch das Vorhanden sein von Nadelcystiden
definieren. Ihre Subsektionen Heteropyllae, Griseinae, Ilicinae,
Virescentinae, Amoeninae und Pseudoepitheliosinae (R. aff.
parasitica aus Kamerun) unterscheiden sich in Form der
Nadelcystiden, Vorhandensein von Gloeocystiden und Aufbau der
mittleren Mantelschicht. · Auf Grund ihrer hyphenartigen Cystiden
ist R. cyanoxantha aus der Sektion Heteropyllae in eine eigene
Sektion Indolentes gestellt worden. · Die Sektion Ingratae zeigt
eine einheitliche Flaschenform der Gloeocystiden. Die Subsektionen
Foetentinae und Pectinatinae unterscheiden sich in der mittleren
Mantelschicht, die Sekt. Subvelatae in zusätzlichen Nadelcystiden.
· Erstmals sind mit R. acriannulata und R. aff. radicans aus West
Afrika Mykorrhizen aus der Sektion Crassotunicatae, Subsekt.
Aureotactinae beschrieben. Mykorrhizen ohne Cystiden: · Es können
Mykorrhizenmäntel aus angulären Zellen und Mäntel aus
puzzelteilartigen Zellen mit einem Hyphennetz auf der Außenseite
unterschieden werden. · Die Sektion Russula - wie sie hier
aufgefasst wird - ist durch anguläre Mantelzellen bestimmt. Die
Mäntel der Subsektionen Russula und Atropupurinae unterscheiden
sich durch ihr Zellmuster. · R. ochroleuca und R. viscida stehen
mit einer eigenen Subsekt. Ochroleucinae in der Sekt. Russula.
Beide besitzen ein gelbes Pigment in der Mykorrhizenausenseite, das
sich mit KOH rot färbt. · R. fellea Subsekt. Felleinae gehört
ebenfalls in die Sekt. Russula. · R. raoultii wird aus der Sekt.
Citrinae in die Subsekt. Russula gestellt. · Alle untersuchten
Arten der europäischen Sektionen Firmae, Rigidae Tenellae
Insidiosinae, Viridantes, Alutaceae, Integrinae und Amethystinae
besitzen Mykorrhizen mit puzzelteilartigen Mantelzellen und
Hyphennetz. Sie lassen sich auf Grund der Ausprägung des
Hyphennetzes und der Form der äußeren Mantelzellen zwar trennen,
aber die Unterteilung ist nicht in allen Fällen so eindeutig wie in
den anderen Gruppen.. · Für die südamerikanische R. nothofaginea
wird die neue Sektion Nothofagineae vorgeschlagen. Die für die
Gattung Russula typischen Rhizomorphen besitzen Gefäßhyphen und
sogenannte leiterartige Hyphen im inneren Teil. Wenn die
Mykorrhizen Cystiden tragen, ist dies auch bei den Rhizomorphen der
Fall. Die Übereinstimmungen und Unterschiede dieser so erzielten
Einteilung der Gattung Russula zu den bestehenden Systemen von
ROMAGNESI, SINGER, BON und SARNARI wurden diskutiert. Der Vergleich
mit molekulartechnisch gewonnenen Hypothesen zur Phylogenie der
Gattung aus der Literatur ergab, dass diese weitestgehend mit den
anatomischen Ergebnissen korrespondieren. Eine Besonderheit in der
Lebensweise wurde für die beiden Mitglieder der Sekt. Firmae,
Subsekt. Exalbicantinae, R. exalbicans und R. gracillima,
aufgedeckt. Sie bilden zusammen mit den Arten Lactarius pubescens
und L. torminosus, Subgenus Piperites, Sekt. Piperites, sogenannte
Doppelmykorrhizen. Morphologisch und anatomisch gleichen diese den
Mykorrhizen des jeweiligen Lactarius. Nur im Hartigschen Netz ist
die Beteiligung der Russula erkennbar. Mit molekularen Methoden
lässt sich die DNA beider Partner, Lactarius und Russula, in den
Doppelmykorrhizen nachweisen. Ein Bestimmungsschlüssel ermöglicht
die Identifizierung aller behandelten Ektomykorrhizen anhand
anatomischer Merkmale auf Sektions-, Subsektions- und Artebene. Die
vorgelegte Arbeit konnte exemplarisch zeigen, wie wichtig die
Merkmale der Ektomykorrhizen und Rhizomorphen für die Lösung
systematischer Fragestellungen sind. Bei zukünftigen Arbeiten
sollten deshalb die unterirdischen Strukturen immer
mitberücksichtigt werden.

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15
:
: