Beschreibung

vor 17 Jahren
Die Ausgangsfrage der Arbeit lautet: Wie konstruiert ein Individuum
Werturteile über Fremde? Damit schließt die Arbeit an die
ethnologische Selbstbild/Fremdbild-Forschung an, erweitert diese
aber um die individuelle Perspektive. Mit Bezug auf den
Kognitionspsychologen Lawrence Barsalou wird ein Modell der
Entstehung von Werturteilen entwickelt. Im Wesentlichen trennt es
die assoziative Entstehung eines Werturteils von der syntaktischen.
Der Nutzen des Modells für die Textanalyse liegt darin, dass ein
Werturteil mit dieser Trennung auf unterschiedliche
gesellschaftliche und biographische Hintergründe zurückgeführt
werden kann. Damit kann die Dynamik besser verstanden werden, mit
der ein Individuum auf verschiedene Inhalte seiner Gesellschaft
zurückgreift, um seine Beobachtungen zu bewerten. In dieser Dynamik
spielt auch der Diskursbegriff von Michel Foucault eine wichtige
Rolle. Im Anschluss wird dieses Modell der Entstehung von
Werturteilen in eine Methode der Textanalyse eingebettet. Die
Methode stützt sich auf die literaturwissenschaftliche
Intertextualitätstheorie. Ziel der Analyse ist es nicht, die
Verbindungen im Gehirn des Autors zu rekonstruieren, wie es die
neurokognitive Grundlage des Modells nahelegen könnte. Sondern es
geht darum, die Bezüge und Verbindungen im intertextuellen
Bedeutungsgewebe zu suchen, die bei der Entstehung von Urteilen
beteiligt waren. Auf knapp 120 Seiten wird ein Großteil der
Werturteile analysiert, die Martin Gusinde in seiner Ethnographie
über die Selk'nam geäußert hat. Mehrere Urteile werden jeweils
thematisch sinnvoll zu Kapiteln zusammengefasst: Emotionale
Prädisposition, Barbar und Edler Wilder, Wissenschaft und Religion,
Literatur, Humanismus, Politik, Liebe, Psychologie, Hygiene,
Erziehung. Die assoziativen und syntaktischen Bezüge der
Werturteile zu gesellschaftlichen Diskursen der Zeit, aber auch zu
biographischen Hintergründen werden im Detail untersucht.

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