Beschreibung

vor 11 Jahren
An der Schnittstelle von Ethnologie und Journalismus untersucht die
Arbeit die Entwicklungen und Potenziale von "Media Diversity" für
die deutschen Medien. Unter dem Begriff Media Diversity entwickelt
sich seit einigen Jahren ein relativ neuer und vielversprechender
Ansatz, die etablierten Konventionen medialer Berichterstattung
herauszufordern und um andere Perspektiven zu erweitern. Fürs Erste
lässt sich Media Diversity als Konzept skizzieren, das beansprucht,
die in einer Gesellschaft bestehende Vielfalt, Verschiedenheit oder
Heterogenität in den Medien wertschätzend anzuerkennen,
gleichberechtigt einzubinden und für den Abbau von struktureller
Benachteiligung und Diskriminierung einzutreten. Vielfalt kann sich
dabei auf so unterschiedliche Aspekte beziehen wie Alter,
Geschlecht, sexuelle Orientierung, körperliche und mentale
Verfasstheit, soziale Herkunft oder soziale Klasse, Beruf und
Bildung, religiöse, kulturelle und ethnische Zugehörigkeit.
Forderungen nach Media Diversity richten sich sowohl auf
Medienproduktion und entsprechende Teilhabe als auch auf
Medieninhalte. Die Arbeit untersucht das Feld des Journalismus
hinsichtlich seiner Positionen, Politiken und Aktivitäten in Bezug
auf Media Diversity. Einen ersten Zugang bieten Selbstverständnis,
Rollenbild und Arbeitsroutinen des journalistischen Feldes. Dabei
wird untersucht, inwiefern Media Diversity oder entsprechend
verwandte Fragestellungen im journalistischen Selbstverständnis
vorkommen und wie sie dort verhandelt werden. Die journalistischen
Routinen, die innerhalb dieses Selbstverständnisses professionelles
Arbeiten gewährleisten, rücken die Bedingungen in den Blick, die
den notwendigen Rahmen bilden, in dem Media-Diversity-Ansätze
gedacht werden müssen. In einem zweiten Zugang geht es, basierend
auf einer Feldforschung in einer journalistischen Masterklasse, um
die journalistische Ausbildung; um die Frage, auf welche Weise
junge Journalist*innen in ihren Beruf sozialisiert werden, welche
Rolle Media Diversity im Lehrplan einnimmt und welche verwandten
Angebote bestehen. Einen dritten Zugang eröffnen die Politiken der
öffentlich-rechtlichen Rundfunksender in Bezug auf Migration und
Integration. Forderungen nach Veränderungen beziehen sich dabei vor
allem auf die drei Bereiche Programminhalte, Personalstruktur und
Bewusstseinsbildung. Dieser Teilaspekt der Bewusstseinsbildung wird
in einem vierten Zugang vertiefend untersucht. Anhand der eigenen
Tätigkeit als Leiterin solcher bewusstseinsbildenden Workshops und
Seminare werden diese bezüglich ihres Potenzials für die Umsetzung
und Verstetigung von Media-Diversity-Konzepten befragt. Die
Ergebnisse dieser Verortung von Media Diversity im journalistischen
Feld werden schließlich einer kritischen Prüfung unterzogen.
Während Diversity als politisches Projekt begriffen werden kann,
das für den Abbau von Diskriminierung und Benachteiligung eintritt,
kommt in der Übertragung auf die Medien der Aspekt der
Repräsentation hinzu – und zwar sowohl im Sinne von Vertretung, wie
es auch in Diversity angelegt ist, als auch im Sinne von
Darstellung. Es stellt sich also die Frage, inwiefern sich Ansätze
von Diversity in der medialen Repräsentation niederschlagen können,
welche Bedingungen dafür nötig sind, bzw. dem entgegenstehen. Aus
kulturwissenschaftlichen Perspektiven wird aufgezeigt, in welches
theoretische Spannungsfeld Media Diversity eingebettet ist und
diskutiert, inwiefern Media Diversity als hegemoniale Praxis
gesehen werden muss. Dazu werden die institutionellen Bedingungen
des journalistischen Feldes und die in Diversity angelegte
Differenzbildung kritisch beleucht. Abschließend diskutiert die
Arbeit mit Bezug auf das Konzept des Friedensjournalismus und mit
einer theoretischen Fundierung durch Postkoloniale Kritik und
Kritische Weißseinsforschung, welche Möglichkeiten einer
Neubesetzung von Media Diversity denkbar sind.

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