Aktivierung von Thrombozyten durch humane atherosklerotische Plaques: Mechanismen und Inhibition

Aktivierung von Thrombozyten durch humane atherosklerotische Plaques: Mechanismen und Inhibition

Beschreibung

vor 15 Jahren
Atheromatöse Plaques sind vulnerabel, und deren Ruptur kann die
Bildung gefäßverschließender plättchen- und fibrinreicher Thromben
induzieren, welche akute Myokardinfarkte und ischämische
Schlaganfälle verursachen können. Bisher geht man davon aus, dass
der Plaque-„tissue factor“ als Aktivator der extrinsischen
Blutgerinnung und Stimulator der Thrombin-vermittelten
Plättchenaktivierung und Aggregation die bedeutendste
prothrombogene Substanz atheromatöser Läsionen darstellt. Zu Beginn
dieser Arbeit war nicht geklärt, ob und wie das lipidreiche
atherosklerotische Plaquematerial auch direkt mit den Thrombozyten
im Blut interagieren und auf diese Weise die Bildung eines
gefäßverschließenden Plättchenthrombus induzieren kann. Die
atheromatösen Läsionen von mehr als 60 verschiedenen Patienten mit
Karotisstenose wurden mittels Endarterektomie isoliert und Kollagen
Typ I- und Kollagen Typ III-positive, morphologisch äußerst
heterogene Strukturen in den Plaques identifiziert, welche direkt
die Adhäsion, Sekretion und Aggregation von Plättchen in Puffer,
Plasma und Blut stimulierten. Darüber hinaus lösten die Plaques
auch die Bildung von Thrombozyten-Monozyten-Aggregaten sowie eine
plättchenbeschleunigte Fibrinbildung und Gerinnung aus. Unter
arteriellen Flussbedingungen induzierten die kollagenpositiven
Komponenten des Plaquematerials die Adhäsion, das Ausbreiten und
die Aggregatbildung der Thrombozyten. Die Plaque-stimulierte
Plättchenaggregatbildung erfolgte sehr rasch (< 5 min) und wurde
in Hirudin-antikoaguliertem Blut beobachtet, was darauf schließen
lässt, dass diese direkt und unabhängig von der Plaque-„tissue
factor“-vermittelten Koagulation erfolgte und sehr wahrscheinlich
für die initiale und schnelle Thrombusbildung nach einer
Plaqueruptur in vivo von Bedeutung ist. Sowohl die Ergebnisse mit
humanen, als auch mit murinen Blutplättchen wiesen auf eine
essentielle Rolle morphologisch diverser Kollagen Typ I- und
Kollagen Typ III-positiver Plaquestrukturen und des thrombozytären
Kollagenrezeptors GPVI bei der durch atheromatöse Läsionen
stimulierten Plättchenformveränderung, Adhäsion, Ausbreitung,
Sekretion und Aggregation im statischen System und unter
arteriellen Flussbedingungen hin. Der zweite bedeutende
thrombozytäre Kollagenrezeptor, das Integrin α2β1, schien hingegen
nicht an der durch die atheromatösen Läsionen hervorgerufenen
Plättchenadhäsion und Aggregation im statischen System und unter
Fluss beteiligt zu sein. Diese Beobachtungen führten zur Annahme,
dass die Verabreichung von z. B. spezifischen anti-GPVI-Antikörpern
oder löslichem GPVI-Protein, welche die Interaktion des
thrombozytären GPVI-Rezeptors mit dessen Liganden im Plaquegewebe
(Kollagen Typ I/Typ III) inhibieren, viel versprechende neue und
effektive antithrombotische Strategien zur frühen Prävention
kardio- und cerebrovaskulärer Gefäßverschlüsse darstellen könnten.
Der thrombozytäre VWF-Rezeptor GPIbα war weder im gerührten System,
noch unter Fluss mit niedrigeren Scherraten von 500 s-1 von
Bedeutung für die durch atheromatöse Plaques induzierte
Plättchenaggregation im Blut. Unter arteriellen Flussbedingungen
mit höheren Scherraten von 1500 s-1 allerdings resultierte die
Blockade von GPIbα in einer starken Reduktion (77±5%) der
Plaque-stimulierten Thrombozytenadhäsion und Aggregatbildung. Dies
lässt darauf schließen, dass unter diesen Strömungebedingungen auch
die Interaktion des VWF mit dem Plättchen-GPIbα-Rezeptor eine
wichtige Rolle für die Thrombusbildung nach Plaqueruptur spielt.
Sowohl die ADP-Rezeptor-Antagonisten MRS2179 (P2Y1-Antagonist) und
AR-C69931MX (P2Y12-Antagonist), als auch Aspirin konnten die
Plaque-vermittelte Thrombozytenaggregation in gerührtem PRP und
Blut signifikant verringern, wobei die Kombination aller drei
Plättchenhemmer am effektivsten wirkte und die Plaque-induzierte
Aggregation vollständig inhibierte. Unter arteriellem Fluss
(Scherraten: 1500 s-1) wirkten MRS1279, AR-C69931MX sowie deren
Kombination allerdings deutlich weniger effizient als im statischen
System und reduzierten die Plaque-stimulierte
Plättchenaggregatbildung nur um 35±14%, 32±13% und 58±12%.
Überraschender Weise führte die Zugabe von Aspirin unter Fluss zu
keiner signifikanten Reduktion der Plaque-induzierten
Thrombozytenaggregatbildung. Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass
ADP-Rezeptor-Antagonisten sowie Aspirin die Bildung eines
gefäßverschließenden Thrombus nach Plaqueruptur eher ineffizient
hemmen dürften. Die atheromatösen Plaquehomogenate verschiedener
Patienten wiesen unterschiedliche thrombozytenaktivierende
Eigenschaften auf, welche weder auf deren variierenden Gehalt an
löslichem Kollagen, noch auf die unterschiedliche Morphologie der
Kollagen Typ I- und Kollagen Typ III-positiven Plaquekomponenten
zurückgeführt werden konnte. Weiterhin verhielt sich sowohl
fibrilläres als auch lösliches Kollagen Typ I und Kollagen Typ III
anders als das Plaquematerial bezüglich der Plättchenaggregation im
PRP. Die Bindung des thrombozytären GPVI-Rezeptors an das
Plaquematerial stellte die Voraussetzung für die
Plättchenaktivierung der Plaques dar, wobei jedoch keine eindeutige
positive Korrelation zwischen der GPVI-Bindung und der Aktivität
der atheromatösen Läsionen verschiedener Patienten hergestellt
werden konnte. Der Grund für die unterschiedliche
Thrombozytenaktivierung induziert durch das Plaquematerial
verschiedener Patienten bleibt letztlich also unklar. Die weitere
Erforschung möglicher Ursachen für die unterschiedlichen
plättchenaktivierenden Eigenschaften der lipidreichen atheromatösen
Läsionen verschiedener Patienten stellt eine interessante und vor
allem klinisch relevante zukünftige Fragestellung dar.

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