Adhäsionsmechanismen und zelluläre Therapien nach akuter und chronischer myokardialer Ischämie und Reperfusion am Mausmodell

Adhäsionsmechanismen und zelluläre Therapien nach akuter und chronischer myokardialer Ischämie und Reperfusion am Mausmodell

Beschreibung

vor 15 Jahren
Der akute Myokardinfarkt ist eine der häufigsten Diagnosen in den
industrialisierten Ländern. In der Regel kommt es zu einem
thrombotischen Verschluss einer Koro-nararterie. Die rasche
Revaskularisierung und die dadurch erhoffte Reduktion des
in-farzierten Areals ist die wichtigste therapeutische Maßnahme zur
Rettung des ischämischen Myokards und zur Senkung der Morbidität
und Mortalität. Nach der plötzlichen Reperfusion des
postischämischen Gewebes kommt es zu einem soge-nannten
myokardialen Ischämie/Reperfusionsschaden, der sich als Endothel-
und Myozytenschädigung ausbildet. Folge von rascher Reoxygenierung
sind u. a. eine gesteigerte inflammatorische Re-aktion und in
diesem Rahmen eine gesteigerte Einwanderung von Leukozyten in das
ischämische Areal. Die Rolle der Thrombozyten für die
postischämische Leukozyten-rekrutierung war bisher unklar. In
unserer Studie wurden Wildtyp- (WT), P-Selektin- und
ICAM-1/P-Selektin-defiziente Mäuse einer 20-minütigen LAD-Okklusion
unterzogen, gefolgt von 15 Mi-nuten Reperfusion, um den Effekt der
Interaktion zwischen Endothel, Leukozyten und Thrombozyten und den
Einfluss auf den frühen Reperfusionsschaden zu unter-suchen.
Anschließend wurden die Herzen ex vivo fluoreszenzmikroskopisch
bzw. mittels LV-Druckmessung im isolierten Herzen analysiert. Zur
Analyse der Zell-Zell-Interaktion wurden zu Beginn der Reperfusion
zirkulierende Leukozyten mit Rhoda-min G6 gefärbt bzw. 2x108
BCECF-AM- oder Rhodamin G6-gefärbte homologe oder heterologe
Thrombozyten systemisch infundiert. In P-Selektin-defizienten
Tieren war die Verminderung der Leukozytenrekrutierung (Abb. 11)
und die Bildung der Leukozyten/Thrombozyten-Co-Aggregate (Abb. 12
sowie die Reduktion des postischämischen linksventrikulären
Funktionsverlustes (Tabelle 5) moderat. Dieser Effekt wurde durch
die zusätzliche Abwesenheit von ICAM-1 verstärkt (Abb. 11, Abb. 12,
Tabelle 5). Die Adhäsion von Plättchen war nicht beeinflusst (Abb.
13). Die Inhibition der Thrombozytenadhäsion mittels Tirofiban,
ei-nem GPIIb/IIIa-Inhibitor (Abb. 14), reduzierte die
Leukozytenadhäsion und die links-ventrikuläre Dysfunktion (Abb. 15,
Tabelle 5). Während in ICAM-1/P-Selektin-defizienten Herzen die
direkte Rekrutierung von Leukozyten stark eingeschränkt war, konnte
diese durch die Infusion von Wildtyp-Plättchen nahezu vollständig
wiederher-gestellt werden. Die Inhibition der Plättchenadhäsion
durch die zusätzliche Gabe von Tirofiban konnte diesen Effekt
wieder aufheben (Abb. 19). Unsere Experimente de-monstrieren
erstmals die Rolle des thrombozytären P-Selektins und des
ß3-Integrins GPIIb/IIIa als redundanten Rekrutierungsmechanismus
für die thrombozyten-vermittelte postischämische
Leukozytenrekrutierung in vivo. Über diesen redundanten Mechanismus
tragen Thrombozyten indirekt zum Reperfu-sionsschaden bei, indem
sie die postischämische Leukozytenadhäsion verstärken. Diese
thrombozyten-vermittelte Leukozytenadhäsion benötigt
P-Selektin-suffiziente Plättchen, nicht jedoch endotheliales
P-Selektin. Die Antagonisierung von GPIIb/IIIa, die in Patienten
effektiv ist für die Thrombolysehandlung31, PTCA177 und
Stent-Implantation10, 149, 203, inhibiert sowohl die
Plättchenadhäsion als auch thrombozyten-vermittelte
Leukozytenrekrutierung. Im experimentellen Modell der akuten
myokardialen Ischämie und Reperfusion zeigte die
GPIIb/IIIa-Antagonisierung eine protektive Wirkung über die
Plättchen-Inhibition hinaus, in dem sie den durch
plättchen-vermittelte Leukozytenrekrutierung induzier-ten akuten
Reperfusionsschaden reduzierte. In einem weiteren Schritt wurde ein
chronisches Mausmodell der myokardialen Ischämie und Reperfusion
etabliert, um die Auswirkungen einer reduzierten
Leukozy-tenadhäsion auf den chronischen postischämischen
Reperfusionsschaden zu unter-suchen und mit alternativen
Behandlungsmethoden zu vergleichen. WT-Tiere und ICAM-1-defiziente
Tiere wurden einer einstündigen LAD-Okklusion unterzogen, ge-folgt
von 14 Tagen Reperfusion. Anschließend wurde die linksventrikuläre
Funktion mittels invasiver Millar-Tip Kathetermessung analysiert.
24 Stunden nach Ischämie wurden 3*106 in vitro expandierte
embryonale EPC (eEPC) systemisch in WT-Tiere oder ICAM-1-defiziente
Tiere infundiert. In zwei weiteren WT-Gruppen wurden auto-loge
Progenitorzellen und mononukleäre Zellen aus dem Knochenmark
mobilisiert mittels Gabe von 0,5µg GM-CSF 7 Tage vor Ischämie bzw.
direkt postischämisch. In den ICAM-1-defizienten Tieren war der
postischämische Funktionsverlust im Ver-gleich zu den WT-Kontrollen
etwa im gleichen Maß verringert wie bei den eEPC-behandelten Tieren
(Abb. 22 Abb. 23, Abb. 24). Unter reduzierter Leukozytenredukti-on
in den ICAM-1-defizienten Tieren zeigte sich ein zusätzlicher
benefizieller Effekt durch die Behandlung mit eEPCs (Abb. 22 Abb.
23, Abb. 24). DiI-markierte eEPCs konnten histologisch im
Infarkt-Areal in enger Nachbarschaft mit Blutgefäßen nach-gewiesen
werden (Abb. 28). Die Adhäsion von Leukozyten und der damit
verbundene leukozyten-assozierte Re-perfusionsschaden ist durch die
Defizienz von ICAM-1 auch im chronischen
Ischä-mie/Reperfusionsmodell vermindert. Embryonale EPCs sind in
der Lage in ischämisches Areal einzuwandern, zu inkorpo-rieren und
protektiv auf die postischämische Funktion zu wirken. Sie können so
über einen längeren Zeitraum als Quelle für parakrine,
angiogenese-fördernde, humorale Aktivatoren wie z. B. Thymosin-ß4
den Remodellingprozess unterstützen und führen somit zu einer
verbesserten postischämischen Funktion. Die Adhäsion von
embryonalen EPCs scheint dagegen unabhängig von ICAM-1 zu sein.
Hier spielen Selektine211, 1-Integrine57, 141 und indirekt auch
Thrombozyten118 eine wesentliche Rolle. Die präischämische
Mobilisation von hämatopoetischen Progenitorzellen aus dem
Knochenmark mittels GM-CSF hatte in unserem Modell eine
vergleichbar protektive Wirkung wie die eEPC-Behandlung oder die
Antagonisierung der Leukozytenadhäsi-on durch ICAM-1-Defizienz,
während die postischämische Applikation den posti-schämischen
Funktionsverlust nicht verbesserte (Abb. 25, Abb. 26, Abb. 27). Die
Zytokin-Applikation zeigte bei rechtzeitiger Applikation vor Beginn
der Ischämie eine protektive Wirkung. Dieses Protokoll ist
allerdings nicht in der Klinik anwendbar. In weiteren Studien wird
es notwendig sein, den optimalen Zeitpunkt und die optima-le Dosis
zu evaluieren und mögliche Co-Applikation, z. B.
Stromal-Cell-Derived-Factor-1, zur Verbesserung der Rekrutierung
und zur Effizienzsteigerung zu untersu-chen, um
knochenmark-stimulierende Zytokine als erfolgversprechende
Behand-lungsalternativen im akuten Koronarsyndrom am Menschen
einsetzen zu können.

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