Wie smart soll die Stadt von morgen sein?
Smart Cities müssen keine dystopischen Tech-Moloche sein – das gute
Leben lässt sich oft auch analog erreichen, sagt Expertin Nathalie
Klauser
28 Minuten
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Beschreibung
vor 3 Jahren
Es hätte die erste Stadt sein sollen, "die aus dem Internet heraus"
gebaut wird – so hatte Dan Doctoroff, Chef von Sidewalk Labs, das
Stadtentwicklungsprojekt Quayside in Toronto beschrieben. Die
Google-Tochter wollte dort einen ganzen Stadtteil nach den eigenen
Vorstellungen einer smarten Stadt errichten lassen – inklusive
tausender Sensoren und Kameras, die ihre Einwohner auf Schritt und
Tritt überwachen. Vergangenes Jahr zog sich Sidewalk Labs wegen der
Corona-Krise aus dem Projekt zurück – und Datenschützerinnen
atmeten auf. Das Konzept der Smart City sorgt immer wieder für
Aufregung. Für die einen ist sie der nächste logische Schritt der
urbanen Evolution, die das Leben effizienter machen soll, für
andere eine Überwachungsdystopie. Nathalie Klauser Stübi kennt
diese Diskussion – und sieht sie gelassen. Sie ist Co-Präsidentin
der Smart City Alliance mit Sitz in Basel und diskutiert beim
diesjährigen Forum Alpbach über die Vorzüge smarter Städte für den
Klimaschutz. Die Smart-City-Bewegung sei anfangs sehr
technologiezentriert gewesen und habe sich vor allem rund um
Silicon-Valley-Giganten entwickelt. "Da wurde zuerst nicht sehr
menschenzentriert gedacht", sagt Klauser. Von dieser Vorstellung,
aber auch von den Tech-Konzernen selbst, habe man sich inzwischen
gelöst. Die Ziele einer Smart City, wie sie Klauser beschreibt,
klingen wie die Utopie einer lebenswerten Stadt: In ihr sollen
Bewohner sowohl mit Öffis als auch zu Fuß, mit dem Rad oder –
bedingt – mit dem Auto ef fizient unterwegs sein. Sauber soll sie
sein, nicht zu laut und nicht zu hell. Wirtschaftlich attraktiv ist
sie ebenso, wie sie verschiedenen Lebensentwürfen Raum gibt.
Obendrauf sollen auch noch alle Be wohner mitreden und -bestimmen
können. Der Weg zu dieser Utopie führt natürlich oft über die
Technologie-Schiene. "Aber es gibt ganz viele nichtdigitale smarte
Ideen", sagt Klauser. Da wäre zum Beispiel das partizipative
Budget, das die brasilianische Stadt Porto Alegre schon 1988
eingeführt hat – lange bevor jemand über Sensoren in Gehsteigen
sprach. Die Grundidee, alle Einwohnerinnen und Einwohner über das
Budget der damals finanziell stark angeschlagenen Stadt
mitentscheiden zu lassen, machte Schule: Heute gibt es weltweit
tausende Gemeinden, in denen Bürger mitentscheiden dürfen, wohin
ihr Geld fließt. "Es gibt gerade ein Riesen-Revival", sagt Klauser.
"Es ist eine alte, aber smarte Idee, die jetzt digitalisiert wird."
Auch in der Corona-Krise hätten smarte Städte Stärke zeigen können:
Weil Singapur schon früh viele Daten erhoben und verknüpft hat,
konnte der Stadtstaat schnell Cluster identifizieren und die
Fallzahlen niedrig halten. Auch Städte mit Smart-City-Strategie wie
Wien hätten die Krise besser überwunden als andere – zwar nicht,
was Infektionszahlen angeht, aber weil sie Anstiege frühzeitig
berechnen und Konsequenzen besser abfedern konnten. Die
Idealvorstellung einer Smart City sei allerdings auch kulturell
bedingt. "Vieles, was in Asien oder den USA als smart gilt, würde
unseren Wertvorstellungen – Stichwort Datenschutz – widersprechen",
sagt Klauser. In Europa setzen Städte stärker auf digitale
Selbstbestimmung und Hybridlösungen. So müsse es zusätzlich zu
digitalen Amtswegen stets parallel eine analoge Lösung geben, um
niemanden auszuschließen. Auch zu mehr Klimaschutz könne die Smart
City beitragen, im merhin sind Städte inzwischen die Hauptquelle
von Treibhausgasen und verbrauchen rund 70 Prozent der weltweit
erzeugten Energie. Dabei bieten sie insbesondere die Möglichkeit –
neben laut Klauser ebenso notwendigen negativen Anreizen wie
Umweltsteuern –, auch positive Anreize zu setzen. Sie sollen den
Menschen das umweltfreundliche Leben möglichst leicht machen. Dass
Kopenhagen weltweit die Fahrradstadt Nummer eins wurde, hängt etwa
auch damit zusammen, dass die Ampelanlagen so smart gemacht wurden,
dass der emissionsarme Verkehr dort Vorrang hat. Eine Strategie,
die sich inzwischen auch
gebaut wird – so hatte Dan Doctoroff, Chef von Sidewalk Labs, das
Stadtentwicklungsprojekt Quayside in Toronto beschrieben. Die
Google-Tochter wollte dort einen ganzen Stadtteil nach den eigenen
Vorstellungen einer smarten Stadt errichten lassen – inklusive
tausender Sensoren und Kameras, die ihre Einwohner auf Schritt und
Tritt überwachen. Vergangenes Jahr zog sich Sidewalk Labs wegen der
Corona-Krise aus dem Projekt zurück – und Datenschützerinnen
atmeten auf. Das Konzept der Smart City sorgt immer wieder für
Aufregung. Für die einen ist sie der nächste logische Schritt der
urbanen Evolution, die das Leben effizienter machen soll, für
andere eine Überwachungsdystopie. Nathalie Klauser Stübi kennt
diese Diskussion – und sieht sie gelassen. Sie ist Co-Präsidentin
der Smart City Alliance mit Sitz in Basel und diskutiert beim
diesjährigen Forum Alpbach über die Vorzüge smarter Städte für den
Klimaschutz. Die Smart-City-Bewegung sei anfangs sehr
technologiezentriert gewesen und habe sich vor allem rund um
Silicon-Valley-Giganten entwickelt. "Da wurde zuerst nicht sehr
menschenzentriert gedacht", sagt Klauser. Von dieser Vorstellung,
aber auch von den Tech-Konzernen selbst, habe man sich inzwischen
gelöst. Die Ziele einer Smart City, wie sie Klauser beschreibt,
klingen wie die Utopie einer lebenswerten Stadt: In ihr sollen
Bewohner sowohl mit Öffis als auch zu Fuß, mit dem Rad oder –
bedingt – mit dem Auto ef fizient unterwegs sein. Sauber soll sie
sein, nicht zu laut und nicht zu hell. Wirtschaftlich attraktiv ist
sie ebenso, wie sie verschiedenen Lebensentwürfen Raum gibt.
Obendrauf sollen auch noch alle Be wohner mitreden und -bestimmen
können. Der Weg zu dieser Utopie führt natürlich oft über die
Technologie-Schiene. "Aber es gibt ganz viele nichtdigitale smarte
Ideen", sagt Klauser. Da wäre zum Beispiel das partizipative
Budget, das die brasilianische Stadt Porto Alegre schon 1988
eingeführt hat – lange bevor jemand über Sensoren in Gehsteigen
sprach. Die Grundidee, alle Einwohnerinnen und Einwohner über das
Budget der damals finanziell stark angeschlagenen Stadt
mitentscheiden zu lassen, machte Schule: Heute gibt es weltweit
tausende Gemeinden, in denen Bürger mitentscheiden dürfen, wohin
ihr Geld fließt. "Es gibt gerade ein Riesen-Revival", sagt Klauser.
"Es ist eine alte, aber smarte Idee, die jetzt digitalisiert wird."
Auch in der Corona-Krise hätten smarte Städte Stärke zeigen können:
Weil Singapur schon früh viele Daten erhoben und verknüpft hat,
konnte der Stadtstaat schnell Cluster identifizieren und die
Fallzahlen niedrig halten. Auch Städte mit Smart-City-Strategie wie
Wien hätten die Krise besser überwunden als andere – zwar nicht,
was Infektionszahlen angeht, aber weil sie Anstiege frühzeitig
berechnen und Konsequenzen besser abfedern konnten. Die
Idealvorstellung einer Smart City sei allerdings auch kulturell
bedingt. "Vieles, was in Asien oder den USA als smart gilt, würde
unseren Wertvorstellungen – Stichwort Datenschutz – widersprechen",
sagt Klauser. In Europa setzen Städte stärker auf digitale
Selbstbestimmung und Hybridlösungen. So müsse es zusätzlich zu
digitalen Amtswegen stets parallel eine analoge Lösung geben, um
niemanden auszuschließen. Auch zu mehr Klimaschutz könne die Smart
City beitragen, im merhin sind Städte inzwischen die Hauptquelle
von Treibhausgasen und verbrauchen rund 70 Prozent der weltweit
erzeugten Energie. Dabei bieten sie insbesondere die Möglichkeit –
neben laut Klauser ebenso notwendigen negativen Anreizen wie
Umweltsteuern –, auch positive Anreize zu setzen. Sie sollen den
Menschen das umweltfreundliche Leben möglichst leicht machen. Dass
Kopenhagen weltweit die Fahrradstadt Nummer eins wurde, hängt etwa
auch damit zusammen, dass die Ampelanlagen so smart gemacht wurden,
dass der emissionsarme Verkehr dort Vorrang hat. Eine Strategie,
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