Was bedeutet es überhaupt noch, links zu sein? – mit Anna Lehmann und Frank A. Meyer

Was bedeutet es überhaupt noch, links zu sein? – mit Anna Lehmann und Frank A. Meyer

55 Minuten

Beschreibung

vor 9 Monaten

Der Arbeitersohn Frank A. Meyer, Mitglied der Konzernleitung des
Medienunternehmens Ringier, behauptet von sich selbst manchmal:
„Ich bin der letzte Linke. (..) aber „was das Liberale betrifft:
ich war Unternehmer und Sozialdemokrat“. Er hatte eine eigene
sozial-liberale Partei gegründet, „die beides umfasst und das
Liberale gehört bei mir auch dazu, das ist mein Reflex gegen das
autoritäre Linke.“ – Dagegen wendet die TAZ-Journalistin Anna
Lehmann ein, die sich selbst als Linke bezeichnet: „Das Liberale
gehört auch zum Linkssein dazu. Es war ja der Fehler der
Stalinisten (..), dass man das Liberale nicht mitdachte, dass man
Freiheit oder Sozialismus sagte“.  


 Warum ist die Politik außerstande, die sozialen Anliegen
der Mehrheit der Bevölkerung zu lösen, Mieten, Inflation,
gekürzte Staatsleistungen? Lehmann kritisiert: „Die Regierung
kriegt das nicht in den Griff“. Meyer sieht das Problem in der
„ganz, ganz wesentlichen Entfremdung der ganz normalen
Arbeitnehmer von den linken Gruppierungen, Parteien,
Erweckungsbewegungen, damit rede ich von den Grünen, das ist
religiös besetzt. (..) Es gibt eine akademische Schicht, die sich
die Linke gekrallt hat.“ 

Dagegen Lehmann: „Ihre These ist, die Linke hat sich soweit von
den Arbeitern entfernt, dass sie deren Anliegen gar nicht mehr
vertritt. Ich würde sagen, es ist anders: Die Linke ist
eigentlich nicht links genug. Zum Linkssein gehört für mich immer
Kapitalismus-kritik. Wenn es darum geht, den Sozialstaat zu
gestalten, dann geht es immer auch um Umverteilung und gerade das
schafft die heutige Linke nicht. Sie schafft es nicht,
Besitzstände anzutasten und das ist ihr Problem." 

Es gebe zwar nicht mehr die Arbeiterklasse, so Lehmann weiter,
„aber es gibt immer noch Ausbeutung (..) es gibt Leute die in
Abhängigkeit leben und einen Job haben, der meist schlecht
bezahlt ist (..), das würde man heute als prekarisierte Klasse
nennen..“. Meyer fällt ihr ins Wort: „prekarisierte Klasse ? (..)
Die ganze Sprache hat sich entfremdet, hat nichts mehr mit diesen
Leuten zu tun.(..) Ich will gar keinen Diskurs, ich will
Streit.“ 

Es sei an der Zeit, „in die Berufsbildung zu investieren. Von den
170 Genderlehrstühlen, mal 120 abschaffen und das Geld
umschichten zu den Berufsschulen (..), das wäre linke Politik“. –
Dagegen Lehmann: “das wäre keine linke Politik, das was Sie
beschreiben wäre, zwei Anliegen gegeneinander auszuspielen
Gendern gegen gute Bezahlung und eine Umverteilung (..) man muss
beides machen“. 

Meyer: "Sie haben das Wort ‘alleingelassen‘ gebraucht, das ist
für mich ein typischer Begriff der deutschen Politik: ‘Wir lassen
die Bürgerinnen und Bürger nicht allein‘, das ist das
Problem!"  - Lehmann räumt ein: „Ich gehe mit ihnen einig,
dass der Staat nicht paternalistisch sein darf und dass das zum
Teil in der SPD und in anderen Parteien so drinsteckt."  –
Meyer: „Die rechtspopulistischen Bewegungen bewirtschaften genau
das, was ich ständig beklage, sie bewirtschaften die (..)
politische Heimatlosigkeit der Menschen mit den Versprechen ‚Wir
sind das Volk‘, mit voller Emotionalität und Erfolg, der alles,
was wir erkämpft haben an Demokratie und an funktionierendem
Sozialstaat zutiefst gefährdet.“

Was ist die Lösung? - Lehmann: „Es geht im Kern darum, dass man
den Leuten das Gefühl geben muss, sie sind nicht auf den
Sozialstaat angewiesen, sondern sie können von ihrer Hände Arbeit
leben. Alles was getan wird, das Wohngeld zu erweitern oder den
Kinderzuschlag zu erhören ist ja quasi ein Eingeständnis des
Scheiterns. Die Leute verdienen eben nicht genug, damit sie ohne
die Hilfe des Staates über die Runden kommen. (..) Die Politik
darf die Menschen nicht so behandeln wie die Empfänger von
Almosen“. 

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15
:
: