„Afghanistan: Das Desaster der westlichen Intervention – Was tun?“ - mit Katrin Eigendorf und Thomas Ruttig
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vor 2 Jahren
Das Debakel des überstürzten Abzugs der Ausländer aus Kabul, die
schrecklichen Bilder vom Chaos am Flughafen vor einem Jahr waren
nur der jämmerliche Schlusspunkt eines zwanzigjährigen Versagens
westlicher Interventionspolitik. Darüber diskutiere ich mit der
deutschen Fernsehjournalistin Katrin Eigendorf und dem
Afghanistanspezialisten Thomas Ruttig vom Afghanistan Analysts
Network.
Die Bilder der öffentlichen Erschießung einer Afghanin im
Sportstadium von Kabul prägten das Afghanistanverständnis von
Katrin Eigendorf, die sich besonders mit dem Schicksal der Frauen
im Land befasst hat. Die letzten zwei Jahrzehnte westlicher
Politik hält sie für ein „komplettes Desaster“, dem im besten
Fall wenige „Kollateralerfolge“ zuerkannt werden könnten: Frauen
seien heute selbstbewusster und versuchen ihre verbesserte
Bildung in „Untergrundschulen“ an Mädchen weiterzugeben, denen
der Schulbesuch verboten werde. Seitens der Interventionsstaaten
habe es „überhaupt keine Strategie“ gegeben, man habe lediglich
„Geld hineingeschüttet“, um sich Sicherheit bei den Warlords zu
kaufen, die schon vorher „das Land ins Chaos gestürzt hatten.“
Dem Argument der fehlenden Strategie widerspricht Ruttig, es habe
sehr wohl eine Strategie der Demilitarisierung des Landes
gegeben, die an der Bonner Konferenz Ende 2001 verabschiedet
worden sei, dann aber nicht befolgt wurde. Die Warlords hätten
damals vor dem "Vitamin B 52“ der strategischen US-Bomber
gezittert, bis sie merkten, dass die Ankündigung ziviler und
demokratischer Reformen gar nicht ernst gemeint war.
Was kann der Westen heute angesichts der sich verschärfenden
humanitären Katastrophe im Land tun? Mit den Taliban
zusammenarbeiten? Ruttig äußert sich vorsichtig positiv über die
aktuelle humanitäre Politik auf tiefem Niveau, wofür Kontakte mit
den Taliban nicht zu vermeiden seien, ohne aber deren Regierung
anzuerkennen. Eigendorf plädiert für mehr Selbstbewusstsein
gegenüber dem Regime. Auch wenn keine Verbesserung der
Frauenrechte zu erwarten seien, sollte zB die
Nahrungsmittelabgabe an den Schulbesuch gebunden werden. Die
Taliban wissen, dass sie ohne westliche Hilfe das Überleben der
Bevölkerung nicht garantieren können und seien deshalb auch offen
gegenüber westlichen Journalisten. China und Russland haben für
den Wiederaufbau nichts zu bieten. Das Land einfach seinem
Schicksal zu überlassen, sei - schon gar angesichts der
westlichen Verantwortung für die heutige Katastrophe - keine
Option.
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