„Wie prägt die familiengeschichtliche Erinnerung nationale Politik?“ mit Aleida Assmann und Thomas Maissen

„Wie prägt die familiengeschichtliche Erinnerung nationale Politik?“ mit Aleida Assmann und Thomas Maissen

47 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren

Über die Bedeutung der Familiengeschichte für das kollektive
Bewusstsein und damit für die nationale Identität diskutiere ich
mit der deutschen Literatur- und Kulturwissenschafterin Aleida
Assmann und dem Schweizer Historiker Thomas Maissen.
Ich behaupte, dass die nationale Identität von
familiengeschichtlichen Erfahrungen stark beeinflusst ist. Die
friedliche Kontinuität in den Familiengeschichten der Schweiz der
letzten 100 Jahre unterscheidet sich stark von den Brüchen, die
in Deutschland durch den Krieg, die Shoa, die Vertreibung aus dem
Osten und das Ende der DDR im kollektiven Bewusstsein tiefe
Spuren hinterlassen haben und als oft unverarbeitete Traumata
über Generationen vererbt werden. Dagegen relativiert Thomas
Maissen den direkten Einfluss von Familiengeschichten auf die
nationale Identität und damit auf die Politik durch die
Unterscheidung zwischen subjektiven Erinnerungen und
geschichtlichem Bewusstsein. Das letzte ist – wenn auch ausgelöst
durch individuelle Herkunftsinteressen - stärker von auf Quellen
und Archive gestützten wissenschaftlichen Debatten geprägt.
Aleida Assmann erklärt, wie erst durch das Ende des Kalten Kriege
die Erinnerungen, ausgelöst durch Familiengeschichten, in das
gesellschaftliche Bewusstsein zurückgekehrt sind und in
verschiedenen Ländern die nationalen Narrative korrigiert haben.
Eine neue Entwicklung zeigt sich der Schweiz, wo die
Familiengeschichten eines Drittels der Bevölkerung mit
Migrationshintergrund langsam in das kollektive Bewusstsein
eindringen. „Der Jugoslawienkrieg der 90-er Jahre ist damit zu
einem schweizerischen Erinnerungsort geworden, der die
Selbsterzählung unseres Landes verändert“ (Maissen). 


 


 


 


 


 


 


 


 

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