Folge 271: Interne Revision und Verantwortlichkeiten beim Zugunglück in Griechenland
Keine vorschnellen Beurteilungen und Schuldzuschreibungen (12:15
Min.)
12 Minuten
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Beschreibung
vor 1 Jahr
Anfang des Jahres ereignete sich in Griechenland das schwerste
Zugunglück in der Geschichte des Landes, als in der Nacht zum
01.03.2023 bei voller Fahrt ein Personen- und ein Güterzug
zusammenstießen. Mindestens 46 Menschen starben. Kein Wunder also,
dass die Schuldfrage gestellt wurde. Gerade als Interne Revision
werden wir unternehmensintern auch manchmal beauftragt, den genauen
Hergang zu ermitteln und die Schuldfrage zu klären. Bitte lassen
Sie sich nicht dazu verleiten, den einfachen Weg zu gehen und
vorschnell auf menschliches Versagen abzustellen. Der vordergründig
Schuldige in diesem Fall wäre der Stationsvorsteher, dem bei der
manuell vorzunehmenden Weichenstellung eventuell ein Fehler
unterlaufen ist. Stellen Sie stattdessen die unbequemen Fragen.
Blicken Sie gerade bei Schadenfällen unbedingt immer auf die
Kontextbedingungen und fragen Sie sich, wie die von Ihnen
identifizierten Kontextbedingungen dazu beigetragen haben könnten,
den Schadenfall zu ermöglichen oder zu verhindern. In diesem Fall,
gab es jahrelange Missstände: - Sparmaßnahmen im gesamten Land seit
der Finanzmarktkrise in 2008 - Aufgrund der Armut wurden in 2011
freiliegende Kupferkabel gestohlen. - Seit 2011 funktionierte daher
das elektronische Leitsystem nicht mehr, das die Lokführer gewarnt
oder sogar zur automatischen Abschaltung der Züge geführt hätte. -
eine Runderneuerung des gesamten Systems wurde seit 2017 verzögert
Aus welchen möglicherweise sogar nachvollziehbaren Gründen ließ der
griechische Staat bzw. die griechische Bahn seit 12 Jahren zu, dass
ein manueller Eingriff nötig war und die Folgen eines manueller
Fehler nicht durch die Technik verhindert wurden? Hier bestehen
definitiv deutliche Lücken im IKS! Wer ist für das IKS zuständig?
Welche Ansprüche wurden an das IKS gestellt? Wer hat die bis zur
Instandsetzung des elektronischen Leitsystems bestehenden Schwächen
akzeptiert und aus welchen Gründen? Ja, man kommt unweigerlich
früher oder später zu Themen, die mit den Werten und der
Organisationskultur zu tun haben. Diese gilt es anzugehen. Ich gebe
zu, dass das nicht einfach ist. Das sollte uns aber nicht davon
abhalten, diese Fragen zu stellen. Und ich finde es auch nicht
schlimm, wenn die Interne Revision an Grenzen stößt. Was sie in
jedem Fall leisten kann, ist eine Darstellung des Kontexts und der
schwierigen Gemengelage, einschließlich aller verschiedenen
Perspektiven. Das ist auch eine Form von Objektivität, die den
Diskussionsprozess versachlichen und verbessern kann. Über
Veränderungen der Rahmenbedingungen, kann sich dann auch die
Organisationskultur positiv verändern. Vielen Dank, dass Sie zu
einer besseren Welt beitragen! Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim
Zuhören und erfolgreiche Prüfungsprozesse!
Zugunglück in der Geschichte des Landes, als in der Nacht zum
01.03.2023 bei voller Fahrt ein Personen- und ein Güterzug
zusammenstießen. Mindestens 46 Menschen starben. Kein Wunder also,
dass die Schuldfrage gestellt wurde. Gerade als Interne Revision
werden wir unternehmensintern auch manchmal beauftragt, den genauen
Hergang zu ermitteln und die Schuldfrage zu klären. Bitte lassen
Sie sich nicht dazu verleiten, den einfachen Weg zu gehen und
vorschnell auf menschliches Versagen abzustellen. Der vordergründig
Schuldige in diesem Fall wäre der Stationsvorsteher, dem bei der
manuell vorzunehmenden Weichenstellung eventuell ein Fehler
unterlaufen ist. Stellen Sie stattdessen die unbequemen Fragen.
Blicken Sie gerade bei Schadenfällen unbedingt immer auf die
Kontextbedingungen und fragen Sie sich, wie die von Ihnen
identifizierten Kontextbedingungen dazu beigetragen haben könnten,
den Schadenfall zu ermöglichen oder zu verhindern. In diesem Fall,
gab es jahrelange Missstände: - Sparmaßnahmen im gesamten Land seit
der Finanzmarktkrise in 2008 - Aufgrund der Armut wurden in 2011
freiliegende Kupferkabel gestohlen. - Seit 2011 funktionierte daher
das elektronische Leitsystem nicht mehr, das die Lokführer gewarnt
oder sogar zur automatischen Abschaltung der Züge geführt hätte. -
eine Runderneuerung des gesamten Systems wurde seit 2017 verzögert
Aus welchen möglicherweise sogar nachvollziehbaren Gründen ließ der
griechische Staat bzw. die griechische Bahn seit 12 Jahren zu, dass
ein manueller Eingriff nötig war und die Folgen eines manueller
Fehler nicht durch die Technik verhindert wurden? Hier bestehen
definitiv deutliche Lücken im IKS! Wer ist für das IKS zuständig?
Welche Ansprüche wurden an das IKS gestellt? Wer hat die bis zur
Instandsetzung des elektronischen Leitsystems bestehenden Schwächen
akzeptiert und aus welchen Gründen? Ja, man kommt unweigerlich
früher oder später zu Themen, die mit den Werten und der
Organisationskultur zu tun haben. Diese gilt es anzugehen. Ich gebe
zu, dass das nicht einfach ist. Das sollte uns aber nicht davon
abhalten, diese Fragen zu stellen. Und ich finde es auch nicht
schlimm, wenn die Interne Revision an Grenzen stößt. Was sie in
jedem Fall leisten kann, ist eine Darstellung des Kontexts und der
schwierigen Gemengelage, einschließlich aller verschiedenen
Perspektiven. Das ist auch eine Form von Objektivität, die den
Diskussionsprozess versachlichen und verbessern kann. Über
Veränderungen der Rahmenbedingungen, kann sich dann auch die
Organisationskultur positiv verändern. Vielen Dank, dass Sie zu
einer besseren Welt beitragen! Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim
Zuhören und erfolgreiche Prüfungsprozesse!
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