Seebrücke überreicht offenen Brief an Stadtverordnete

Seebrücke überreicht offenen Brief an Stadtverordnete

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Beschreibung

vor 6 Jahren
Fraktionen der Kasseler Stadtverordnetenversammlung wollen über
einen offenen Brief des Bündnis "Seebrücke" beraten. In dem offenen
Brief (Wortlaut unten) fordert die "Seebrücke"
die Stadtverordnetenversammlung auf Kassel zur Zufluchtsstadt für
Menschen in Seenot zu erkären und Geflüchtete zu unterstützen. Der
Brief wurde letzte Woche am 29.10.18 vor dem Rathaus verlesen und
der StaVo überreicht. Von den Stadtverordneten nahmen dazu
Stellung: Harry Völler (SPD), Lutz Getzschmann (Linke), Boris
Mijatovic (Grüne), Dr. Jacques Bassock (CDU), Volker Berkhout
(Piraten), Andreas Ernst (fraktionslos), Violetta Bock (Linke) und
als Magistratsmitglied Marlis Wilde-Stockmeyer (Linke).

Am 24.09.18 hatte die StaVo bereits eine erste Resolution zur
"Seebrücke" beschlossen:
https://wwwsvc1.stadt-kassel.de/sdnet4/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZYvRicAeJ2RW2oHC8W-355NCaMrYV26HojX1qoIhwyMb/Gemeinsamer_Antrag_von_Fraktionen_101.18.1064.pdf


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Sehr geehrte Damen und Herren der
Stadtverordnetenversammlung,

die Kasseler Stadtverordnetenversammlung hat sich in ihrer am
24.09.18 verabschiedeten Resolution deutlich dafür ausgesprochen,
dass die Behinderung der privaten Seenotrettung beendet werden muss
und dass die EU selbst in der Seenotrettung aktiv wird, um das
Sterben von Menschen auf der Flucht zu verhindern. Dieser Vorstoß
ist sehr begrüßenswert! Die SEEBRÜCKE Kassel freut sich besonders
darüber, dass die Stavo sich in derselben Resolution explizit mit
der SEEBRÜCKE solidarisch erklärt. Solidarität bedeutet das
„unbedingte Zusammenhalten mit jemandem aufgrund gleicher
Anschauungen und Ziele“.

Auf der Internetseite der Bewegung SEEBRÜCKE heißt es zu ihren
Anschauungen und Zielen: „Wir solidarisieren uns mit allen Menschen
auf der Flucht und erwarten von der deutschen und europäischen
Politik sofort sichere Fluchtwege, eine Entkriminalisierung der
Seenotrettung und eine menschenwürdige Aufnahme der Menschen, die
fliehen mussten oder noch auf der Flucht sind – kurz: Weg von
Abschiebung und Abschottung und hin zu Bewegungsfreiheit für alle
Menschen.“ *1* Weiterhin ruft die SEEBRÜCKE dazu auf, dass „Städte,
Stadtviertel und Gemeinden“ Menschen, die aus Seenot gerettet
wurden, bei sich aufnehmen.

Die Überzeugung der SEEBRÜCKE Kassel ist es, dass eine solche
Aufnahme von Geflüchteten logische Folge des Bekenntnisses zur
Seenotrettung ist. Wir fordern Sie deshalb auf, sich für die
Aufnahme Geflüchteter einzusetzen und darüber hinaus die
Aufgenommenen hinreichend zu unterstützen und zu schützen. Wir sind
also heute hier, um die Abgeordneten der
Stadtverordnetenversammlung – jede und jeden von Ihnen! -
aufzurufen, im Sinne der von Ihnen erklärten Solidarität zu
handeln. Wir appellieren deshalb an die
Stadtverordnetenversammlung:

1. dass Kassel sich zur solidarischen Stadt und einhergehend damit
explizit bereit erklärt, aus Seenot gerettete Geflüchtete
aufzunehmen. Andere Städte haben dies schon getan: So haben z.B.die
Bürgermeister*innen der Städte Köln, Bonn, Marburg und Düsseldorf
in offenen Briefen an Bundeskanzlerin Merkel die aktive Aufnahme
von Geflüchteten angeboten. 2 Städte wie Flensburg, Bielefeld und
jüngst Halle (Saale) haben sich durch ihre Verordnetenversammlung
zum sicheren Hafen erklärt. 3 Und der Deutsche Städtetag spricht
sich für diese lokalen Bemühungen aus und nennt sie ein „Signal der
Humanität“.4

2. sich dafür einzusetzen, dass die Kriminalisierung von
Seenotretter*innen aufhört und Ihre in der Resolution formulierte
Forderung – u. U. in Kooperation mit anderen Städten - an höhere
Stellen weiterzutragen, damit z.B. die unsäglichen Vorwürfe gegen
die Besatzung der Iuventa fallengelassen und die Ermittlungen
eingestellt werden. Sie können sich außerdem dafür einsetzen, dass
Deutschland und die EU nicht nur private Seenotrettungsinitiativen
nicht behindert, sondern diese unterstützt und durch eigene
Initiativen ergänzt. Sie können aber auch viel dafür tun, wie in
unserer Stadt mit Geflüchteten umgegangen wird und wie die
Stadtgemeinschaft sich zu Rassismus und Ausgrenzung verhält. Dazu
würde nach Überzeugung der SEEBRÜCKE Kassel gehören:

3. in Zusammenarbeit mit den lokalen Akteur*innen in der
Geflüchtetenhilfe den Zugang zu Bildungsangeboten für Geflüchtete
zu erleichtern und zwar unabhängig vom Aufenthaltsstatus. Dazu
gehört eine signifikante Anhebung der Anzahl von Sprachkursen,
insbesondere mit begleitender Kinderbetreuung, in denen bezahlte
Lehrkräfte unterrichten. Weiterhin sollten auch über 18-Jährige
einen niedrigschwelligen Zugang zu der Möglichkeit bekommen, an
allgemeinbildenden Schulen Schulabschlüsse zu machen.

4. erschwinglichen Wohnraum nicht nur für Geflüchtete, sondern für
alle Kasseler*innen zu schaffen und eine dezentrale Unterbringung
von Geflüchteten ab der Ankunft voranzutreiben.

5. den Zugang zu medizinischer Versorgung von Geflüchteten mit dem
aller Menschen in Kassel gleichzustellen und z.B. den Fortbestand
der "Humanitären Sprechstunde" durch Finanzierung aus dem
städtischen Haushalt langfristig zu sichern.

6. sich schützend hinter die Kirchen und Pfarrer*innen zu stellen,
die Geflüchteten Kirchenasyl bieten.

7. sich gegen Abschiebung und Kriminalisierung von Geflüchteten
einzusetzen, insbesondere dafür zu sorgen, dass keine
Dublin-Abschiebungen aus Kassel stattfinden.

8. gegen Racial Profiling in Kassel vorzugehen.

9. in Zusammenarbeit mit den lokalen Akteur*innen in der
Geflüchtetenhilfe die Einrichtung von mehr Beratungsstellen zu
befördern, die der rechtlichen Unterstützung Geflüchteter
dienen.

10. Geflüchtete, interessierte Betriebe und die IHK Kassel dabei zu
unterstützen, die Arbeits- und Ausbildungsaufnahme von Geflüchteten
signifikant zu erleichtern und zu befördern.

Natürlich finden sich hier auch Dinge, die eigentlich Aufgabe des
Landes oder des Bundes sind. Doch unsere Überzeugung ist, dass auch
die Stadtverordneten der Stadt Kassel politische Wege finden
können, um in all diesen Punkten tätig zu werden. Auf diese Weise –
durch die Aktivität der Städte und Gemeinden – werden Signale
gesetzt, die auch von EU und Bund längerfristig nicht ignoriert
werden können,
sodass diese mit Unterstützung reagieren müssen. Oberbürgermeister
Geselle wird heute einen Antrag in die Stadtverordnetenversammlung
einbringen, in dem es – im Zusammenhang mit dem Gedenken an die
Ermordung Halit Yozgats – heißt, es gelte, „Rassismus, Terrorismus
und Unmenschlichkeit immer und überall entgegenzutreten.“ Ein
entscheidendes Mittel im Kampf gegen Rassismus und Ausgrenzung in
der Stadt Kassel ist es, wenn die politisch Verantwortlichen den
Bewohner*innen der Stadt Kassel vorleben, dass Geflüchtete in der
Stadt willkommen sind. Dies muss sich äußern in einer
Unterstützung, die Geflüchtete dazu befähigt, schnell und
unkompliziert am städtischen Leben teilzuhaben. Die ethische
Verantwortung, die Sie diesbezüglich tragen, ist insofern immens.
Wir als SEEBRÜCKE KASSEL appellieren an Sie, dieser Verantwortung
mit aller Kraft gerecht zu werden. Bitte antworten Sie uns doch
ebenfalls öffentlich oder über unsere Emailadresse:
seebruecke-kassel@gmx.de

Vielen Dank!
SEEBRÜCKE KASSEL

1 https://seebruecke.org
2
https://www.duesseldorf.de/aktuelles/news/detailansicht/newsdetail/duesseldorf-koeln-und-bonn-angebot-und-appellzur-

fluechtlingshilfe-an-kanzlerin-merkel-1.html
3
https://umap.openstreetmap.fr/de/map/seebrucke-solidarische-stadte_251901#7/54.807/10.679

4
http://www.staedtetag.de/dst/inter/presse/statements/086067/index.html


**Unterstützende Organsationen, Institutionen, Vereine, Betriebe
und Kirchengemeinden**

AIDS-Hilfe Kassel e.V.
Arbeitskreis Psychotherapie Schwalm-Eder
Attac-Regionalgruppe Kassel
A & O – Anarchistische Aktion und Organisierung
DGB Jugend Nordhessen
Diakonisches Werk Region Kassel
Dynamo Windrad
Evangelisches Stadtdekanat Kassel
Gemeinschaft Lebensbogen
GEW - Regionalverband Hochschule und Forschung Nordhessen
Gruppe d.o.r.n.
IGM Jugend Mitte und Nordhessen
Integrationskomitee Iranischer Flüchtlinge Deutschland e.V.
(IIFD)
Kasseler Friedensforum
Katholisches Dekanat Kassel–Hofgeismar
Katholische Kirchengemeinde Sankt Familia, Kassel
Kollektivcafé Kurbad
Kommune Niederkaufungen
Kulturzentrum Schlachthof
Rothe Ecke
Solidarity City
Wohnprojekt Sonnenallee

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