"Dann waren plötzlich drei Riesenkerle im Hausflur!" - #11ESD - Edith Horowitz
Edith Horowitz erzählt ihre Geschichte - zu Gast: Daniel Poensgen
60 Minuten
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Beschreibung
vor 3 Jahren
Edith Horowitz berichtet im Interview von 2004 von einer Überfall
auf ihren Verlobten. Eines abends bringen Edith, ihr Verlobter und
die Schwester eine Freundin zur Bushaltestelle am Berliner
Hansaplatz. Das muss Ende 1937 oder Anfang 1938 gewesen sein. Als
sie zurück kommen und schon im Hausflur stehen, klopft plötzlich
ein Junge von draußen an die Tür. Edith Horowitz klopft auf den
Tisch und dann erzählt sie weiter: „und mein Mann, freundlich wie
immer, machte dem Jungen die Tür auf. Dann waren plötzlich drei
Riesenkerle im Hausflur. Riesengroße Männer, junge Leute, die
gleich auf meinen Mann einschlugen.“ Mit der Zeit heilen solche
Wunden, doch ist ihr 70 Jahre später die Empörung immer noch
anzusehen. Sie erzählt weiter, wie sie und ihre Schwester
rauslaufen, um Hilfe zu holen und niemand weit und breit zu sehen
ist, „Ich weiß aber auch nicht, ob sich einer eingemischt hätte,“
sagt sie heute. Damals hat sie noch daran geglaubt. Der Geschlagene
kommt mit einem blauen Auge davon. Doch später wird sich
herausstellen, dass es eine Augenverletzung ist, die ihn fast
völlig erblinden lässt. Edith Horowitz sucht auch heute noch nach
einer Erklärung. „Ich nehme an, die Männer haben gedacht, der
jüdische Junge geht da mit zwei Arierinnen,“ denn sie und ihre
Schwester waren blond. Heute ist ihr Haar schneeweiß. In dieser
Folge haben wir den Sozialwissenschaftler und
Antisemitismusexperten Daniel Poensgen zu Gast. Er promoviert zum
Verhältnis von politischer Kultur des Staates und Antisemitismus
und arbeitet als wissenschaftlicher Referent des Bundesverbandes
der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS). RIAS
ist eine Meldestelle für antisemitische Vorfälle: Betroffene und
Zeug*innen können ihre Erlebnisse auf der Webseite, aber auch
telefonisch, über Social Media oder per E-Mail melden. RIAS
dokumentiert die Vorfälle aus Perspektive der Betroffenen und
vermittelt bei Bedarf weitere Beratung. Nachdem das Projekt mit
RIAS Berlin startete, kooperieren derzeit im Rahmen des
Bundesverbandes RIAS Meldestellen aus mehreren Bundesländern
miteinander. Mit Daniel Poensgen sprechen wir über die
antisemitische Gewalt, die Edith Horowitz und ihr Verlobter in
Berlin 1938 erlebt haben. Wir reden aber auch darüber, inwiefern so
ein Vorfall auch heute noch passieren kann oder passiert. Daniel
Poensgen erzählt, wie viele Vorfälle antisemitischer Gewalt es
heute gibt, wie Jüdinnen und Juden Gewalt und Beleidigungen
erleben, ob sie sich, wie Edith Horowitz damals, möglicherweise
auch heute durch die Polizei nicht geschützt fühlen. Und zuletzt
geht es auch darum, was jede*r einzelne heute gegen antisemitische
Gewalt tun kann.
auf ihren Verlobten. Eines abends bringen Edith, ihr Verlobter und
die Schwester eine Freundin zur Bushaltestelle am Berliner
Hansaplatz. Das muss Ende 1937 oder Anfang 1938 gewesen sein. Als
sie zurück kommen und schon im Hausflur stehen, klopft plötzlich
ein Junge von draußen an die Tür. Edith Horowitz klopft auf den
Tisch und dann erzählt sie weiter: „und mein Mann, freundlich wie
immer, machte dem Jungen die Tür auf. Dann waren plötzlich drei
Riesenkerle im Hausflur. Riesengroße Männer, junge Leute, die
gleich auf meinen Mann einschlugen.“ Mit der Zeit heilen solche
Wunden, doch ist ihr 70 Jahre später die Empörung immer noch
anzusehen. Sie erzählt weiter, wie sie und ihre Schwester
rauslaufen, um Hilfe zu holen und niemand weit und breit zu sehen
ist, „Ich weiß aber auch nicht, ob sich einer eingemischt hätte,“
sagt sie heute. Damals hat sie noch daran geglaubt. Der Geschlagene
kommt mit einem blauen Auge davon. Doch später wird sich
herausstellen, dass es eine Augenverletzung ist, die ihn fast
völlig erblinden lässt. Edith Horowitz sucht auch heute noch nach
einer Erklärung. „Ich nehme an, die Männer haben gedacht, der
jüdische Junge geht da mit zwei Arierinnen,“ denn sie und ihre
Schwester waren blond. Heute ist ihr Haar schneeweiß. In dieser
Folge haben wir den Sozialwissenschaftler und
Antisemitismusexperten Daniel Poensgen zu Gast. Er promoviert zum
Verhältnis von politischer Kultur des Staates und Antisemitismus
und arbeitet als wissenschaftlicher Referent des Bundesverbandes
der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS). RIAS
ist eine Meldestelle für antisemitische Vorfälle: Betroffene und
Zeug*innen können ihre Erlebnisse auf der Webseite, aber auch
telefonisch, über Social Media oder per E-Mail melden. RIAS
dokumentiert die Vorfälle aus Perspektive der Betroffenen und
vermittelt bei Bedarf weitere Beratung. Nachdem das Projekt mit
RIAS Berlin startete, kooperieren derzeit im Rahmen des
Bundesverbandes RIAS Meldestellen aus mehreren Bundesländern
miteinander. Mit Daniel Poensgen sprechen wir über die
antisemitische Gewalt, die Edith Horowitz und ihr Verlobter in
Berlin 1938 erlebt haben. Wir reden aber auch darüber, inwiefern so
ein Vorfall auch heute noch passieren kann oder passiert. Daniel
Poensgen erzählt, wie viele Vorfälle antisemitischer Gewalt es
heute gibt, wie Jüdinnen und Juden Gewalt und Beleidigungen
erleben, ob sie sich, wie Edith Horowitz damals, möglicherweise
auch heute durch die Polizei nicht geschützt fühlen. Und zuletzt
geht es auch darum, was jede*r einzelne heute gegen antisemitische
Gewalt tun kann.
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