HIStory: Kampf um die eurasische Platte

HIStory: Kampf um die eurasische Platte

30 Minuten

Beschreibung

vor 3 Jahren

Das Jahr 2021 startet mit einem neuen Format auf dem Portal
KenFM: HIStory "Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die
Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten." -
Helmut Kohl Der Buchautor und Publizist Hermann Ploppa erläutert
in HIStory kurz und sachlich historische Daten und Jahrestage von
herausragenden geschichtlichen Ereignissen. Dabei werden in
diesem Format Begebenheiten der Gegenwart, die mit einem Blick in
die Vergangenheit in ihrer Bedeutung besser einzuordnen sind,
künftig alle 14 Tage montags in einen geschichtlichen Kontext
gebracht. Das Thema heute: Das deutsch-russische Verhältnis - der
Kampf um die eurasische Platte Russland: Da sehen wir sofort
Wladimir Putin vor unserem geistigen Auge. Dann denken wir
vielleicht an Nawalny. Nawalny: ein Kritiker des allmächtigen
russischen Dauer-Präsidenten Wladimir Putin. Putin habe seinen
Kritiker Nawalny mit dem heimtückischen Gift Nowitschok zum
Schweigen bringen wollen. Das ist für alle Medien der westlichen
Wertegemeinschaft sonnenklar. Überhaupt: Putin und die Russen.
Wenn dem so ist, dann wollen wir Deutschen auch kein russisches
Erdgas aus der Nordstream-Pipeline beziehen. Darüber denkt
zumindest unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel öffentlich nach.
Russland: da müssten wir eigentlich doch auch an die 28 Millionen
getöteten Bürger der Sowjetunion denken, die durch die deutsche
Wehrmacht oder die Waffen-SS umgebracht worden sind. Das klingt
nun alles in allem nicht sehr angenehm. Eher düster und
bedrohlich. Wenn wir an Russland denken, dann denken wir an
Kriege. An Konflikte und Spannungen. Unsere Beziehungen mit
Russland waren schon immer negativ eingefärbt. Stimmt das denn
überhaupt? War das immer so.Schauen wir uns ein bisschen in der
Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen um. Dann sehen wir:
Phasen gegenseitigen Misstrauens wurden immer wieder abgelöst von
Phasen großen gegenseitigen Vertrauens und einer sehr engen, ja
sogar intimen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland.
Phasen, in denen Deutsche und Russen fast alles miteinander
geteilt haben. Deswegen machen wir jetzt einen kleinen Streifzug
durch die wechselhafte Geschichte der Deutsch-Russischen
Beziehungen. In vergangenen Jahrhunderten gab es keine
Nationalstaaten in unserem Sinne. Und auch keine klaren
Grenzziehungen. Und auch keine Trennung nach Völkern. Deutsche,
Polen, Russen oder Slowaken lebten munter durchmischt in
territorialen Flickenteppichen. Nicht ohne Konflikte, aber ohne
gewaltsame Auseinandersetzungen. Im Großen und Ganzen friedlich.
Die Zeit der „ethnischen Säuberungen“ lag noch in der Zukunft. In
einem großen Raum innerhalb Europas und Asiens konnten sich
Händler oder sonstige Reisende frei von Ost nach West und von
West nach Ost hin und her bewegen. Es gab keine Mauer. Und auch
keine Trennung in politische, verfeindete Blöcke. So war
traditionell der Austausch zwischen Deutschland und Russland
überaus rege. Die Zarin Katharina die Große stammte aus
Deutschland. Michael Wassilijewitsch Lomonossow studierte
ausgiebig in Deutschland, bevor er in Russland die Wissenschaft
befruchtete. Russische Adlige kurierten ihre Wehwehchen in
Baden-Baden aus. Deutsche Siedler fanden in Russland ein neues
Zuhause. Zahlreiche deutsche Namen russischer Generäle, Politiker
und Wissenschaftler zeugen von diesem lebendigen
russisch-deutschen Handel und Wandel. London, im Jahre 1904: Der
überaus einflussreiche englische Gelehrte Halford Mackinder denkt
über die Zukunftsperspektiven des Britischen Weltreichs nach.
Bislang war das British Empire Herrscher der Welt. Großbritannien
stützte sich auf seine übermächtige Marine. Nun stellt Mackinder
aber fest: Eisenbahn und das neuartige Automobil können ab jetzt
das Binnenland erschließen. Da können nun aber die Binnenländer
ihre eigenen Rohstoffe viel besser abbauen und auf den Markt
bringen als bisher. Damit entstehen der unangefochtenen Seemacht
Großbritannien ganz neue Konkurrenten. England möchte auch gerne
die neuen Rohstoffpotentiale in Russland und China für sich
selber nutzen. Wenn aber die Binnenländer die Rohstoffe für sich
selber nutzen, dann werden die Binnenländer automatisch auch
immer mächtiger. Mackinder warnt seine Landsleute: wenn sich
jemals Deutschland und Russland zusammentun - mit dem deutschen
Ingenieurwissen und den gigantischen russischen Rohstoffen - dann
können England und die USA einpacken. Und Mackinder fordert: ein
solches deutsch-russisches Bündnis muss auf jeden Fall verhindert
werden! Da muss auf dem europäischen Festland ein Verbündeter
gefunden werden, der für Großbritannien die Rohstoffe auf dem
eurasischen Super-Kontinent sicherstellen. Das kann Frankreich
sein. Es kann aber auch irgendein anderer westeuropäischer Staat
sein. Doch zunächst machte der Genius der Geschichte den klugen
Plänen von Mackinder und seinen englischen Mitstreitern einen
fetten Strich durch die Rechnung. Denn im Jahre 1917 wurde aus
dem russischen Reich der Zaren ziemlich schnell die
kommunistische Sowjetunion. Das hatten ausgerechnet zwei
erzreaktionäre deutsche Generäle auf dem Gewissen. Denn der Erste
Weltkrieg, der 1914 mit so viel Schwung begonnen hatte, fraß sich
in den nordfranzösischen Schützengräben fest. Neben der Westfront
mit englischen und französischen Feinden hatten die Kaiserlichen
Deutschen Streitkräfte noch einen kostspieligen Krieg gegen
Russland im Rücken. Das Sagen hatten in Deutschland in jenen
Tagen die beiden militärischen Oberbefehlshaber General Paul von
Hindenburg und dessen Graue Eminenz, General Erich Ludendorff. Im
Frühjahr 1917 löste eine liberaldemokratische Regierung das
Zarenregime ab. Jedoch dachten Kerenski und die anderen neuen
russischen Führer gar nicht daran, den Krieg gegen Deutschland zu
beenden. Sie ließen die russischen Soldaten weiter gegen
Deutschland kämpfen und sterben. Hindenburg und Ludendorff ließen
daraufhin den bis dahin ziemlich unbedeutenden russischen
Sozialdemokraten Wladimir Iljitsch Uljanow, der sich selber Lenin
nannte, in dessen kärglicher Dachkammer im Züricher Exil
ausgraben. Hindenburg und Ludendorff statteten Lenin mit mächtig
viel Geld aus. Sie steckten ihn in einen verschlossenen Sonderzug
von Zürich über Deutschland und Skandinavien. Und ließen ihn
schließlich in Petrograd, das gerade eben noch Sankt Petersburg
hieß, aussteigen. Mit den üppigen deutschen Geldspenden gelang es
Lenin sodann, im Handumdrehen zur bekanntesten Figur in der
russischen Politik aufzusteigen. Mit dem Sturm auf das
zaristische Winterpalais im Oktober 1917 putschten sich Lenins
Bolschewisten an die Macht. Lenin beendete sofort den Krieg gegen
Deutschland. Hindenburgs Streitkräfte konnten nun alle
Mannschaften an die Westfront schicken. Was allerdings nichts
mehr einbrachte. Denn mittlerweile waren die frischen,
ausgeruhten Soldaten der Vereinigten Staaten von Amerika auf den
westeuropäischen Kriegsschauplätzen aufmarschiert. Wir alle
wissen: der Erste Weltkrieg von 1914 bis 1918 hat die Spielkarten
der Geopolitik ganz neu gemischt. Deutschland wurde von einer
Koalition der Staaten Großbritannien, USA und Frankreich gänzlich
niedergerungen. Aus dem russischen Zarenreich war die Sowjetunion
hervorgegangen. Deutschland und die Sowjetunion wurden geächtet
und aus der Völkergemeinschaft für einige Zeit ausgeschlossen.
Was lag näher, als dass die beiden Paria-Staaten Deutschland und
die Sowjetunion sich zusammentun? Genau das geschah denn auch.
Die Kontakte zu den Bolschewisten waren ja schon vom
Generalsgespann Hindenburg und Ludendorff hergestellt worden. Und
so verwundert es nicht, wenn bereits im Jahre 1920 der Chef der
Reichswehr, Hans von Seeckt – alles andere als ein
Kommunistenfreund – ganz offen sagt: „Nur im festen Anschluß an
Groß-Rußland hat Deutschland die Aussicht auf Wiedergewinnung
seiner Weltmachtstellung … England und Frankreich fürchten den
Zusammenschluß der beiden Landmächte und suchen ihn mit allen
Mitteln zu hindern – also ist er von uns mit allen Kräften
anzustreben …Und wenn Deutschland sich auf Rußlands Seite stellt,
so ist es selbst unbesieglich, denn andere Mächte werden dann
immer Rücksicht auf Deutschland nehmen müssen, weil sie Rußland
nicht unbeachtet lassen können.“ Das sahen Deutschlands
Konzernlenker ganz genauso. Und im politischen Spektrum der
Weimarer Republik waren sich alle einig: um ein enges Bündnis mit
der Sowjetunion führt kein Weg vorbei.
Weiterlesen: https://kenfm.de/history-kampf-um-die-eurasische-platte
Das aktuelle Buch von Hermann Ploppa: "Der Griff nach Eurasien:
Die Hintergründe des ewigen Krieges gegen Russland"
Bildquellen: https://kenfm.de/history-kampf-um-die-eurasische-platte
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