Wie denkt eine Klimaaktivistin über neue Technologien? Michelle Reichelt
34 Minuten
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Beschreibung
vor 3 Jahren
Michelle Reichelt ist Vollzeitaktivistin beim Klimastreik. Sie
spricht über die Vielschichtigkeit der Klimakrise, was neue
Technologien und Innovation mit dem Klima zu tun haben, warum wir
oft zu kurzfristig denken, und was sie sich wünscht für die
Zukunft.
Kernaussagen:
Das Klima ist ein übergeordnetes Thema, das viele andere
Themenbereiche zusammenfasst. Warum haben wir so einen hohen
Ausstoss von Treibhausgasen? Weil der Kapitalismus endloses
Wachstum vorgaukelt. Auf den ersten Blick sieht es so aus, dass
man einfach nicht mehr fliegen oder autofahren soll. Doch warum
fahren Leute so viel Auto? Weil sie auf dem Land wohnen, weil der
Wohnraum in der Stadt so teuer ist. Es gibt viele soziale
Geflechte und Probleme, die man nicht von heute auf morgen lösen
kann.
Die Klimaforschung sagt ganz klar, dass wir auf einen Abgrund
zurasen. Wir haben bereits Kipppunkte erreicht, die nicht mehr
umkehrbar sind und andere, die wir noch gar nicht genau
abschätzen können. Wenn wir so weitermachen, geht es nicht mehr
lange gut. Dass es schlimm wird, kann man jetzt schon sagen.
Effizienz finde ich ein schlimmes Wort, es ist der Ingebriff des
Spätkapitalismus. Der Velokurier ist nicht mehr schnell genug,
man braucht auch noch eine Lieferdrohne, die Lärm produziert und
Daten aufnimmt. Ich sehe schon, dass eine Steigerung möglich ist,
doch brauchen wir das?
Der Kapitalismus lebt davon, dass wir unsere Werte verraten für
kurzfristige Gewinne. Wir sind umgeben von einer Art
Kaltblütigkeit, und das führt zu einem Werteverlust in der
Gesellschaft.
Ich dachte auch einmal, dass es cool wäre, wenn es eine
Technologie gibt, die CO2 aus der Luft saugt und im Boden
vergräbt, doch das würde unser Problem mit dem Klima null lösen.
Es ist nur Symptombekämpfung. Die Wurzel des Problems ist unser
kapitalistisches Wirtschaftssystem.
Menschen sind immer noch viel kreativer als jegliche Maschinen
oder künstliche Intelligenz. Wir wären auch gar nicht bereit, auf
eine Maschine zu hören. Jetzt misstrauen wir ja sogar
wissenschaftlichen Daten und zweifeln sie an. Wie sollen wir da
auf eine künstliche Intelligenz hören, die uns Lösungen
vorschlägt?
Ich finde es absurd, dass zum Beispiel Eletkroautos die
Revolution für den Strassenverkehr sein sollen. Man sollte mehr
nachdenken, als einfach die erstbeste Lösung zu nehmen. Anstatt
den Verkehr zu verbessern, sollten wir uns fragen, brauchen wir
den Verkehr überhaupt?
Es ist doch seltsam, wenn man sagt, dass man die erste Version
einer neuen Technologie nicht kaufen soll, weil sie noch Bugs
hat. Warum? Man sollte doch lieber etwas auf den Markt bringen,
das schon durchdacht ist und funktioniert. Man braucht nicht
jedes Jahr ein neues Gerät, alle zehn Jahre reicht ja auch.
Ich wünsche mir, dass wir mehr Zeit miteinander haben, dass wir
uns mehr Zeit nehmen, einander zu verstehen, dass wir uns Zeit
nehmen, Gemeinschaften aufzubauen. Natürlich wünsche ich mir auch
den Ausstieg aus den fossilen Energien, aber ich glaube, wenn wir
uns füreinander mehr Zeit nehmen, dann haben wir auch gar keine
Zeit mehr, die Erde kaputtzumachen und auszubeuten.
---
Im Deep Technology Podcast sprechen Menschen in der Schweiz über
die Rolle neuer Technologien in ihrer Arbeit und ihrem Leben.
Projekt- und Medienpartner dieser Episode: Digitale Gesellschaft
(www.digiges.ch) und nau.ch (www.nau.ch). Dieser Podcast ist
möglich dank Unterstützung der Stiftung Mercator Schweiz, der
Ernst Göhner Stiftung und Kultur Wetzikon. Konzept und
Produktion: 8GR8 Story-Driven Science, Manuel Stagars. Mehr Infos
zum Projekt und neue Episoden sind abrufbar auf
www.deeptechnology.ch.
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