Folge 1122: BLUTIGER FREITAG „Wir sprechen nur mit maßgeblichen Bonzen!“ feat. Lucas Barwenczik
55 Minuten
Podcast
Podcaster
Beschreibung
vor 3 Jahren
„Wir sprechen nur mit maßgeblichen Bonzen!“ erklärt Mörder Heinz
Klett und getreu diesem Motto redet Kinomensch Lucas Barwenczik
folgerichtig im CrossCast mit Thomas von SchönerDenken – über
Rolf Olsens Action-Exploitation BLUTIGER FREITAG von 1972 in der
mittlerweile auf Bluray verfügbaren 4K-Fassung. Während Thomas
noch Probleme hat den richtigen Einflugswinkel zu finden, ist
Lucas schon vom unverwundbaren Überbösewicht Klett fasziniert,
der fast Schwarzenegger und Stallone vorweg nimmt.
Der Film ist Exploitation und zeigt Exploitation – nämlich in den
Arbeitsverhältnissen, wenn die Ausbeutung der Arbeit am Beispiel
Heidis und Luigis gezeigt werden, bis einem die Halsschlagadern
schwellen. Ein klarer Blick in die klassistische Kälte der BRD
der frühen Siebziger: Know your place – Bleib, wo Du hingehörst –
Heidi wird zusammengestaucht, „damit sie wieder in die Tüte
passt“.
Dazu passen immer wieder Anspielungen auf die RAF,
Revolutionsattitude hat sich auf jeden Fall auch Heinz Klett
zugelegt: Polizisten sind keine Heilsarmisten und wenn einer
draufgeht, dann war das Berufsrisiko. Da klingt Heinz Klett gewiß
nicht zufällig wie Andreas Baader. Der Tod eines Polizisten (die
Handgranate!) führt dann auch zur beeindruckendsten und billig
inszenierten Gore-Szene. Vorbild für den Bankraub, den Heinz
Klett mit seinem Kumpanen durchführt, war ein echter Bankraub in
München 1971, bei dem alle Täter zu Tode kamen.
Beeindruckend wird die trostlose Stimmung der BRD zwischen
Studentenbewegung und Deutschem Herbst gezeigt – Heinz Klett wird
vor diesem Hintergrund von Lucas als Symbol des Ausbruchs und als
gesellschaftliche Gegenfigur interpretiert – mit allen
kriminellen und brutalen Aspekten. Die Menschen sind fast
ausnahmslos Täter oder Opfer des deutschen Faschismus und seiner
Verbrechen – 1971 liegt bei einigen der Geldbeutel schon fast in
den 1980ern aber die Werte und Normen hängen noch im Dritten
Reich fest.
Thomas kämpft beim Hauptdarsteller Raimund Harmstorf noch mit
Kindheitserinnerungen: Harmstorf hatte als Seewolf
kartoffelzerquetschend Alpträume verursacht – auch mit einer
dunklen, bedrohlichen Stimme, die gar nicht Raimund Harmstorfs
eigene Stimme war. Harmstorf beging viele Jahre später Selbstmord
– viele geben der BILD-Zeitung daran die Schuld. Auch andere
Schauspieler sind früh gestorben, besonders tragisch bei
Heidi-Darstellerin Christine Böhm, die wenige Jahre nach dem Film
bei einem Unfall starb.
Lucas und Thomas diskutieren, mit welchen Erwartungen die
Zuschauer:innen einem B-Film gerecht werden – der Vergleich mit
BULLITT oder FRENCH CONNECTION ist auf jeden Fall nicht fair,
spätestens wenn das Rennen zwischen einem VW-Käfer und einem Ford
Taunus unfreiwillig komisch wie ein Rollatorenrennen wirkt.
Am Ende steht die ebenso irritierende wie brutale
Vergewaltigungsszene im Mittelpunkt. Sie wird mit expliziten
Genitaldarstellungen und surreal wirkenden Fleischereibildern
gegengeschnitten. Besonders vor dem Hintergrund dieser schwer zu
ertragenden Szene fragt sich Thomas: Wie kann Heinz Klett heute
trotzdem als Kultfigur gefeiert werden? Obwohl er von Regisseur
Olsen als das gezeigt wird, was er ist: Inbegriff der toxischen
Maskulinität. Aber das ist ein Problem der Rezeption, nicht des
Films, sind sich Lucas und Thomas am Ende dieser Episode einig.
Weitere Episoden
14 Minuten
vor 2 Wochen
17 Minuten
vor 3 Wochen
18 Minuten
vor 1 Monat
12 Minuten
vor 1 Monat
In Podcasts werben
Kommentare (0)