339-Zeit Teil 2-Buddhismus im Alltag
7 Minuten
Beschreibung
vor 2 Jahren
Haben Sie schon den ersten Teil meines Beitrags "Zeit"
gelesen?
Durch den (Teil-)Umzug nach DengFeng kam ich
wieder etwas mit der Zivilisation in Kontakt, eine lange Zeit war
vergangen, in der ich nur nach den Ereignissen im Tempel lebte,
Aufstehen, Waschen, Andacht, Frühstück, Training, Mittag,
Training, Waschen, Essen, Schlafen.
Plötzlich fielen mir all die schicken Sachen
wieder ein, die schon vergessen schienen; Alkohol und Partys,
Frauen und Reisen, Geld und Luxus waren erneut in meinem Leben
angekommen. Diese Angewohnheiten wird man nicht so einfach los.
Eine richtige Dusche zu haben war ein
unbeschreiblicher Luxus, auch wenn das Wasser nicht immer warm
war, ein richtiges Bett war unglaublich, aber das wirklich
Besondere waren die Fenster, in denen sich Glas befand und nicht
Papier. Als Mitteleuropäer kann man sich gar nicht vorstellen,
wie so etwas sein könnte, so ein einfaches Leben. Aber ich war
voll drin, nun aber mit etwas Annehmlichkeiten.
Das Training war im Tempel, manchmal schliefen
mein Meister und ich dort, manchmal fuhren wir mit irgend
jemandem mit und nächtigten in der kleinen Stadt, ganz so wie es
eben passte.
Endlich konnte ich die Kleider auch mit warmem Wasser waschen,
ein riesiger Unterschied, übrigens deutlich am
Geruchzu unterscheiden. Das einfache Leben hat
ganz gravierende Nachteile, "man" fängt an zu riechen, egal was
"man" dagegen auch immer versucht zu tun.
Aber was immer klarer wurde, ich wollte (auch) wieder nach
Europa, mir wurde immer bewußter, dass ich hier nicht mein ganzes
Dasein verbringen wollte. Meine Eltern fragten bei den
wöchentlichen Telefonaten immer deutlicher, wann
ich denn gedenke wieder nach Hause zu kommen. Und die
gewöhnlichsten Dinge fingen mir an zu fehlen, besonders deutsches
Brot suchte mich sogar in den Träumen auf.
Vorsichtig fing ich an meinen neuen Freund (und Meister) auf den
kommenden Abschied vorzubereiten, immer öfter kam das Gespräch
"auf meine Zeit in Deutschland", ob ich denn auch dort brav
trainieren würde fragte Yan Zi
mich. Mir war auch schon zu dieser Zeit klar, dass ich in Europa
unter keinen Umständen acht Stunden am Tag trainieren würde, die
Möglichkeit gab es hier gar nicht. Aber ich versprach meinem
Meister so oft wie möglich zu üben. Schon damals
wußte ich tief in mir drin, dass ich das nicht machen würde. Aber
trainieren, das wollte ich auch weiterhin. In welcher Form, das
würden wir noch sehen.
Der Abschied stand vor der Tür, das war zu spüren, die Stimmung
wurde mulmig. Wehmut machte sich breit, wir
waren ein gutes Team, wir kamen erstklassig miteinander aus, wer
weiß schon was die Zukunft bringen wird, ob wir uns wiedersehen
dürfen. Heute führt mein Meister Shi Yan Zi den
Shaolin Tempel London, aber damals war uns nicht klar, ob wir uns
jemals wiedersehen würden. Das Titelbild dieses Beitrags ist das
Abschiedsbild mit meinem Meister und einem Freund vor dem Tempel,
mein Meister bekam meine Sonnenbrille, ein Andenken an die
gemeinsame Zeit.
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