Beschreibung

vor 2 Jahren

Lesen Sie hier Teil 1 und Teil
2 von "Beginn"


Mit gebotenem Respekt (und schlotternden Knien) wartete ich auf
eine Reaktion des Mönches Shi Yan Zi
hinsichtlich meiner Frage, ob ich hier (im Shaolin Tempel)
Kampfsport lernen dürfte, die Zeit wollte einfach nicht vergehen.


Dann griff seine Hand nach meinem Arm, er tastete die Muskulatur
ab, weiter die der Schultern, dann vom Oberkörper, schließlich
die Beinmuskeln. Das Unterfangen war recht "grob", ich merkte,
dass er seine Sache verstand, immer wieder fuhr der Schmerz durch
meine Glieder. Er schien gezielt Akkupunkturpunkte zu treffen,
wollte wohl meine Physis und mein Durchhaltevermögen prüfen.


Nach einer gefühlten Ewigkeit richtete er sich
auf, blickte mir tief in die Augen. Dabei verzog er keine Miene,
weitere Minuten vergingen, wie ein Abtasten meiner Gedanken kam
mir die Angelegenheit nun vor.


Nach wieder einer Ewigkeit nickte er mich an,
ein "Hau" kam über seine Lippen, er bedeutete mir mit Gesten ihm
zu folgen. Durch Innenhöfe, Tempeltüren, Gebäude, Klausen, Zimmer
und Nebenzimmer ging der Weg, an Statuen und Stelen vorbei,
hinauf und hinab trabte ich mit meinem Rucksack hinter ihm her.


Als wir schließlich vor einer einfachen Holztür ankamen öffnete
der Mönch die Tür, winkte mich freundlich herein. Das
Zimmer war einfach und spartanisch gehalten, in
den Fenstern war kein Glas, die Möbel waren aus
zusammengenageltem Holz, die Tür bestand eigentlich nur aus zwei
Querlatten und darauf genagelten Brettern, überall schien die
Sonne durch, abschließen konnte man zwar, aber mit einem riesigen
Schlüssel.


Das Bett war ebenfalls selbst gemacht, das fiel sofort ins Auge.
Und obwohl es in den Bergen schon merklich wärmer wurde (im
April) fehlte klar die Heizung, das Zimmer war
eiskalt.


Überall standen aus Stein gehauene Gewichte, große und kleinere,
an der Decke befestigte Seilzüge, sicherlich für
Krafttraining, der Mönch sah ja auch aus wie
eine wandelnde Schrankwand. Die Situation erinnerte irgendwie an
die US-Comics "Die Flintstones", genau betrachtet war die
Einrichtung sehr sehr einfach.


Als Sitzgelegenheiten waren nur zwei (ebenfalls selbstgezimmerte)
Hocker ohne Lehne zu sehen, einen davon schob mir mein neuer
Freund zu, deutete an, dass ich mich setzen sollte.


Der Mönch machte Tee, Woo Long, eine
unvergessliche Köstlichkeit, von der ich bis heute nicht genug
bekommen kann. Nachdem in dem großen Raum nur ein Bett stand
machte sich Shi Yan Zi auf eine weitere Matratze
zu organisieren, das Bett bot er mir an.


Alles sah alt und angeschabt aus, aber es wurde Abend, ich war
müde, verstand eh nicht viel, dann besser sich arrangieren. Das
Laken war dünn, das Licht war eine einsame Birne
ohne Lampenschirm.


Der Shaolin Tempel liegt weit oben in den heiligen Song
Shan Bergen, hier wird es in der Nacht dann richtig
kalt, weshalb die Mönche ihre Kleidung nur zum Wasche ausziehen,
sonst Tag und Nacht voll angezogen bleiben, in ihren Zimmern, in
den religiösen Gebäuden, einfach überall.


Als ich vom Shaolin Tempel träumte, da hatte ich
mir das alles ganz anders vorgestellt, glamouröser, erhabener,
auch gepflegter. Sicherlich nicht Unterkünfte, die bei uns für
Tiere genutzt würden, ohne Glas im Fenster, ohne Heizung, ohne
jeglichen Komfort.


Wie die Sache weiterging, das lesen Sie in in den nächsten Tagen
in einem meiner nächsten Beiträge.


Der Weg ist das Ziel!

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