248-Abschied nehmen-Buddhismus im Alltag
8 Minuten
Beschreibung
vor 2 Jahren
In einem sehr beliebten Kloster kam für einen
der Meister der Moment, an dem das Leben bald zu Ende gehen
würde. Als er die Ahnung verspürte ging er in seiner Klause,
badete sich, rasierte sich und kürzte sich ein letztes Mal die
Haare. Dann legte er sein schönstes Gewand an, ging in den
Festsaal, lies die jüngeren Mönche zusammenrufen.
Als alle Einwohner des Tempels versammelt waren
erhob der weise Meister seine Stimme, wies den Novizen an, die
Glocke zu läuten und erklärte mit ruhiger, aber gefasster Art
sein Anliegen, nämlich seinen Wunsch sich von allen Schülern zu
verabschieden und umgeben von den Mönchen seinen letzten Weg zu
gehen.
Kaum hatte er geendet wurde seine Lebensenergie
immer schwächer, die innere Kraft verließ ihn, den Schülern wurde
Angst und Bange, der Meister war ein großes Vorbild im gesamten
Erdkreis, er war geliebt und verehrt, ihn so zu sehen erschreckte
seine Anhänger, ein großes Geheule erfüllte die Halle, alle
Anwesenden hatten Tränen in den Augen.
Der schon fast in einer anderen Welt befindliche Meister erschrak
und öffnete seine schon fast für immer verschlossenen Augen,
plötzlich war wieder Kraft in ihm, das Leiden seiner Brüder
berührte ihn. Er sprach zu ihnen: ein wahrer Anhänger
Buddhas sollte nicht an weltlichen Gefühlen
gemessen werden, sondern einen freien und unabhängigen Geist
haben. Wir lehren denn Menschen, dass das Leben aus Leiden
besteht, wenn wir Meister und unsere Novizen aber auch so leiden
wie alle anderen Lebewesen, dann ist doch etwas nicht richtig,
nicht so wie der große Lehrer es uns gelehrt hat. Sicherlich ist
die menschliche Existenz schwer, das Leben besteht hauptsächlich
aus Leiden, Geburt, Alter, Krankheit und Tod sind das Los aller
Lebewesen, aber darüber sich zu beklagen bringt auch keine
Veränderung.
Egal was der weise Meister seinen Schülern und Mitbrüdern
erzählte, das Jammern um ihn herum wurde nicht weniger, die
Tränen flossen, die Stimmen versagten. Da nahm der weise Meister
noch einmal seine ganze Energie zusammen, er wollte noch so lange
weiterleben, bis seine Mitbrüder und Novizen diese letzte
Lektion verstanden hatten.
Also sprach er: wir wollen noch einmal zusammen ein Festmahl
veranstalten, dabei möchte ich euch die Lektion vom
Abschiednehmen verdeutlichen. Ich kann nicht
gehen, ohne euch diese wichtige Weisheit zu hinterlassen. Danach
möchte ich in Frieden gehen, bitte macht mir den Abschied nicht
schwer.
Gesagt und getan, die Mönche und Novizen sprangen auseinander,
sie sahen wieder Hoffnung, wollten ihren Meister noch möglichst
lange am Leben halten. Als der Meister dann fragte, wann denn das
Festmahl stattfinden mag gab man ihm alle möglichen Ausflüchte
und Ausreden, um den Zeitpunkt seines Abganges möglichst weit
nach hinten zu verschieben. Mal war der eine Mönch erkrankt, mal
gab es einen anderen Grund. Dann kam der Moment, in dem die
Angelegenheit nicht mehr zu verschieben war, das Festmahl fand
statt. Am Ende erhob der Meister seine Stimme noch ein letztes
Mal, versuchte seinen Mitbrüdern zu vermitteln, das nach der
Lehre Buddhas das Abschiednehmen ohne Klagen und
Jammern vollzogen werden muss, damit der Gehende auch in Frieden
gehen kann.
Da stand einer der ranghöchsten Mönche auf, er sprach: wir wissen
um die Lehre Buddhas, aber wenn man so wie jetzt persönlich
betroffen ist, dann ist die Ablösung von
Anhaftungen wirklich schwierig. Wir wissen, dass du als
unser Meister dies am besten verstehen wirst. Der Mönch setzte
sich, der alte Meister stand auf und verließ grußlos die Halle.
In seinem Zimmer angekommen setzte er sich in den Lotussitz und
verstarb.
Der Weg ist das Ziel!
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