Was ist ohne Einschränkung gut? Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (Erster Abschnitt)

Was ist ohne Einschränkung gut? Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (Erster Abschnitt)

14 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren

Erster Teil des Ersten Abschnitts aus Kants Grundlegung zur
Metaphysik der Sitten. 


"Es ist überall nichts in der Welt, ja überhaupt auch außer
derselben zu denken möglich, was ohne Einschränkung für gut
könnte gehalten werden, als allein ein guter Wille. Verstand,
Witz, Urtheilskraft und wie die Talente des Geistes sonst heißen
mögen, oder Muth, Entschlossenheit, Beharrlichkeit im Vorsatze
als Eigenschaften des Temperaments sind ohne Zweifel in mancher
Absicht gut und wünschenswerth; aber sie können auch äußerst böse
und schädlich werden, wenn der Wille, der von diesen Naturgaben
Gebrauch machen soll und dessen eigenthümliche Beschaffenheit
darum Charakter heißt, nicht gut ist. Mit den Glücksgaben ist es
eben so bewandt. Macht, Reichthum, Ehre, selbst Gesundheit und
das ganze Wohlbefinden und Zufriedenheit mit seinem Zustande
unter | dem Namen der Glückseligkeit machen Muth und hiedurch
öfters auch Übermuth, wo nicht ein guter Wille da ist, der den
Einfluß derselben aufs Gemüth und hiemit auch das ganze Princip
zu handeln berichtige und allgemein-zweckmäßig mache; ohne zu
erwähnen, daß ein vernünftiger unparteiischer Zuschauer sogar am
Anblicke eines ununterbrochenen Wohlergehens eines Wesens, das
kein Zug eines reinen und guten Willens ziert, nimmermehr ein
Wohlgefallen haben kann, und so der gute Wille die unerlaßliche
Bedingung selbst der Würdigkeit glücklich zu sein auszumachen
scheint. Einige Eigenschaften sind sogar diesem guten Willen
selbst beförderlich und können sein Werk sehr erleichtern, haben
aber dem ungeachtet..."


(C) Benjamin Lucas

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