Wie Schein-Demokratien entstehen
Verschwindet eine Demokratie, ist das nicht sofort zu spüren,
erklärt der Politikwissenschaftler und Völkerrechtsexperte Ralph
Janik in diesem Podcast. „Besonders Scheindemokratien legen sehr
viel Wert darauf, dass alle Gesetze eingehalten werden“,...
27 Minuten
Podcast
Podcaster
Unabhängige Experten besprechen die großen Fragen unserer Zeit. Unverfälscht. Im Originalton.
Beschreibung
vor 1 Jahr
Verschwindet eine Demokratie, ist das nicht sofort zu spüren,
erklärt der Politikwissenschaftler und Völkerrechtsexperte Ralph
Janik in diesem Podcast. „Besonders Scheindemokratien legen sehr
viel Wert darauf, dass alle Gesetze eingehalten werden“, sagt er.
Während formal noch alles stimmt, ist vielleicht die Presse- und
Meinungsfreiheit bereits still gestorben, weil alle Medien einer
Person gehören oder es de facto kein Recht auf Protest mehr
gibt.
Der britische Economist erhebt jährlich, wie es um die Demokratien
der Welt bestellt ist. Dem Economist Democracy Index zufolge lebten
2022 rund 45 Prozent der Weltbevölkerung in mehr oder weniger
stabilen Demokratien während 37 Prozent in einem autoritären
Staatswesen lebten. Dazwischen gibt es Mischformen. Die Demokratien
seien seit 2016 auf dem Rückzug, konstatiert der Economist.
Ungarn etwa ist in diesem Ranking in der unteren Hälfte einer
„flawed democracy“, einer beschädigten Demokratie. Neben Ungarn
sind auch weitere europäische Staaten keine ganz intakten
Demokratien mehr, darunter unter anderem Belgien, Zypern, Malta,
Polen oder Tschechien.
Ralph Janik verortet den Niedergang ebenso wie das amerikanische
Freedom House bereits ab dem Jahr 2006. Für eine Demokratie, so
Janik, ist allerdings nicht nur die Frage der Freiheit und des
Zugangs zu Grundrechten für eine Demokratie entscheidend, sondern
auch die Frage der Gerechtigkeit. „Es sollte, um John Rawls zu
paraphrasieren, so sein, dass es gleichgültig ist, ob man als
reicher oder armer Mensch aufwacht“, so Janik. Ein demokratischer
Staat knüpft Bürger-und Grundrechte nicht an den Besitz und stellt
sicher, dass alle gleichermaßen ihre Bürgerrechte auch leben
können.
Wenn Demokratie in der allgemeinsten Weise so definiert ist, dass
alle Macht vom Volke ausgeht, so bedeute dies nicht, dass „eine
Mehrheit grenzenlos regieren“ könne. Die Rechte von Minderheiten
und seien diese auch noch so klein, müssen gewahrt sein. In diesem
schränken die Menschenrechte die Herrschaft der Mehrheit ein: Eine
Mehrheit kann nicht demokratisch beschließen, eine Minderheit zu
unterdrücken. Da die Lebenswelten der meisten Menschen vielfältiger
geworden sind, kann Janik dem Gedanken Herfried Münklers, bei
bestimmten Fragen Bürgerräte zu bilden und diese zu konsultieren,
durchaus etwas abgewinnen: „Die Betroffenheit von Menschen ist
unterschiedlich, dem muss man Rechnung tragen. Die Politik leidet
jetzt bereits unter einer Entfremdung von den Bürgern.“
Ralph Janik ist Universitätslektor mit Schwerpunkt Völkerrecht,
Menschenrechte und Recht des Welthandels. Er ist Mitglied der
European Society of International Law, der Vienna Doctoral Academy,
dem International Board of Review (IBOR) des Telders International
Law Moot Court, dem Advisory Board des International Institute for
Peace, dem wirtschaftswissenschaftlichen Beirat im
Bundesministerium für Landesverteidigung sowie Regional Coordinator
(für Europa) beim Journal on the Use of Force and International
Law. Ralph Janik kommentiert regelmäßig im Pragmaticus.
erklärt der Politikwissenschaftler und Völkerrechtsexperte Ralph
Janik in diesem Podcast. „Besonders Scheindemokratien legen sehr
viel Wert darauf, dass alle Gesetze eingehalten werden“, sagt er.
Während formal noch alles stimmt, ist vielleicht die Presse- und
Meinungsfreiheit bereits still gestorben, weil alle Medien einer
Person gehören oder es de facto kein Recht auf Protest mehr
gibt.
Der britische Economist erhebt jährlich, wie es um die Demokratien
der Welt bestellt ist. Dem Economist Democracy Index zufolge lebten
2022 rund 45 Prozent der Weltbevölkerung in mehr oder weniger
stabilen Demokratien während 37 Prozent in einem autoritären
Staatswesen lebten. Dazwischen gibt es Mischformen. Die Demokratien
seien seit 2016 auf dem Rückzug, konstatiert der Economist.
Ungarn etwa ist in diesem Ranking in der unteren Hälfte einer
„flawed democracy“, einer beschädigten Demokratie. Neben Ungarn
sind auch weitere europäische Staaten keine ganz intakten
Demokratien mehr, darunter unter anderem Belgien, Zypern, Malta,
Polen oder Tschechien.
Ralph Janik verortet den Niedergang ebenso wie das amerikanische
Freedom House bereits ab dem Jahr 2006. Für eine Demokratie, so
Janik, ist allerdings nicht nur die Frage der Freiheit und des
Zugangs zu Grundrechten für eine Demokratie entscheidend, sondern
auch die Frage der Gerechtigkeit. „Es sollte, um John Rawls zu
paraphrasieren, so sein, dass es gleichgültig ist, ob man als
reicher oder armer Mensch aufwacht“, so Janik. Ein demokratischer
Staat knüpft Bürger-und Grundrechte nicht an den Besitz und stellt
sicher, dass alle gleichermaßen ihre Bürgerrechte auch leben
können.
Wenn Demokratie in der allgemeinsten Weise so definiert ist, dass
alle Macht vom Volke ausgeht, so bedeute dies nicht, dass „eine
Mehrheit grenzenlos regieren“ könne. Die Rechte von Minderheiten
und seien diese auch noch so klein, müssen gewahrt sein. In diesem
schränken die Menschenrechte die Herrschaft der Mehrheit ein: Eine
Mehrheit kann nicht demokratisch beschließen, eine Minderheit zu
unterdrücken. Da die Lebenswelten der meisten Menschen vielfältiger
geworden sind, kann Janik dem Gedanken Herfried Münklers, bei
bestimmten Fragen Bürgerräte zu bilden und diese zu konsultieren,
durchaus etwas abgewinnen: „Die Betroffenheit von Menschen ist
unterschiedlich, dem muss man Rechnung tragen. Die Politik leidet
jetzt bereits unter einer Entfremdung von den Bürgern.“
Ralph Janik ist Universitätslektor mit Schwerpunkt Völkerrecht,
Menschenrechte und Recht des Welthandels. Er ist Mitglied der
European Society of International Law, der Vienna Doctoral Academy,
dem International Board of Review (IBOR) des Telders International
Law Moot Court, dem Advisory Board des International Institute for
Peace, dem wirtschaftswissenschaftlichen Beirat im
Bundesministerium für Landesverteidigung sowie Regional Coordinator
(für Europa) beim Journal on the Use of Force and International
Law. Ralph Janik kommentiert regelmäßig im Pragmaticus.
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