Die verharmloste Freude 1 Thess 5,16-24 (Gaudete)

Die verharmloste Freude 1 Thess 5,16-24 (Gaudete)

9 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr

Die Aufnahme ist der Mitschnitt der ensprechenden Predigt am
Vorabend (9:27 )


Im Advent und in der Fastenzeit stechen zwei Sonntage heraus. Sie
erinnern daran, dass der Grund für diese spezielle, eher
nachdenkliche und ernste Zeit der Vorbereitung und der Buße vor
allem ein Grund zur Freude ist.


Entsprechend lauten die Eröffnungsverse der Heiligen Messe.
„Gaudete“, so heißt und beginnt der Dritte Adventssonntag,
„Gaudete in Domino semper…“ – „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit!
Noch einmal sage ich: Freut euch! Denn der Herr ist nahe“ (Phil
4,4.5)


Nun ist das mit der Freude so eine Sache. Sie kann ja nicht
einfach verordnet werden. Und für viele Menschen sind die Gründe
für Freude angesichts ihrer Sorgen und Zukunftsängste eher rar
geworden.


Das gilt auch in der Kirche. Solange die Kirche nicht bestimmte
Kriterien erfüllt, sind viele in ihr tendenziell schlecht gelaunt
und die Freude wird verschoben auf später, wenn alles anders und
besser ist – manchmal ein Leben lang.


Mich erinnert der Sonntag Gaudete an drei Gründe zur Freude:


Erstens an die Mitfreude. Ich freue mit den Menschen um mich
herum über alles mögliche Gute. Es gibt ja keine gottlose Freude,
wenn es echte Freude ist. Damit meine ich eine Freude, die sich
auf Gutes bezieht, nicht auf Kosten anderer geht und so ist, dass
sie das Gute im Menschen zum Vorschein bringt. Echte Freude kommt
von Gott und führt zu Gott. Und dann kann sie zu einer Freude
werden, die nicht nur Gütern gilt, sondern der Güte, nicht nur
Gaben, sondern auch dem Geber.


Zweitens freue ich mich an Gott und seinem Kommen und seinem
Versprechen, uns nahe zu sein und uns Anteil an seinem Leben zu
geben. „Der Herr ist nahe!“, ruft Paulus den Philippern als Grund
zur Freude zu.


Manchmal wird die Freude an Gott mit der Freude an sich selbst
verwechselt. Es ist ja nichts falsch daran, sich über sich selbst
zu freuen. Nur wäre es gut, wir würden darüber nicht stolz oder
undankbar.


Es gibt zum Beispiel eine bestimmte „Freude am Glauben“, die
keine Freude an dem Geglaubten ist, sondern Freude am Frommsein.
Das ist so ähnlich, wie wenn einer mehr Freude am Lieben hat, als
am geliebten Menschen. Dann braucht einer den anderen, um sich
für einen guten Liebhaber zu halten.


Ich freue mich an mir, weil ich mir gegeben bin. Und daher freue
ich mich über den Geber noch bisschen mehr als über mich, weil er
so viel mehr gibt als bloß mich.


Die Freude an Gott und seinen Gaben ist allerdings vielen
verdächtig: Wer sich jetzt freut, heißt es, hat den Ernst der
Lage nicht erkannt. Wer sich freut, lebt in einer Blase. Wer sich
freut, verharmlost das Leid und das Böse.


Die Freude an Gott müsste also so sein, dass sie auch angesichts
der Not der Welt noch irgendwie Bestand hat – ohne dieses zu
verharmlosen.


Wenn der gesalbte und gesendete Knecht Gottes kommt, sagt der
Prophet Jesaja in der Lesung, dann kommt er, „um den Armen frohe
Botschaft zu bringen, um die zu heilen, die gebrochenen Herzens
sind, um den Gefangenen Freilassung auszurufen und den
Gefesselten Befreiung“ (Jes 61,1). Die Kirche ist der Ort, an dem
das Kaputte in der Welt zu dem kommt, der die Liebe ist und es
heil machen wird. Wer nichts Kaputtes in der Kirche haben will,
der hat ein Problem.


Nur dürfen wir halt das Kaputte nicht heil und das Gefangene
nicht frei nennen, das Kranke nicht gesund, die Heuchelei nicht
Heiligkeit und die Lüge nicht Wahrheit nennen, wenn es wirklich
zu dieser Begegnung mit Gott in der Kirche kommen soll.


Weil ich wie alle Menschen diese Begegnung ersehne und nötig
habe, freue ich mich an Gott und auf ihn.


Und drittens muss ich an noch eine Mitfreude denken. Nämlich an
die Mitfreude mit Gott. Das vergessen wir Christen nicht selten,
dass Gott sich an der Welt freut und sich nach dem Menschen
sehnt, und dass es Gottes „Freude [ist], bei den Menschen zu
sein“ (Spr 8,31). Nicht nur um uns zu ertragen, zu versöhnen und
zu erlösen. Sondern einfach so, weil wir ursprünglich seine
Freude sind wie er unsere Freude ist.


Fra' Georg Lengerke

Weitere Episoden

Jahresanfänger
4 Minuten
vor 14 Stunden
Wir sind einander anvertraut
4 Minuten
vor 3 Tagen

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15
:
: