Zieht Euch um! Mt 22,1-14
5 Minuten
Podcast
Podcaster
Beschreibung
vor 1 Jahr
Als Abgeordneter eines deutschen Parlamentes unternahm ein Freund
von mir eine Auslandsreise in einer Gruppe von Parlamentariern
verschiedener Parteien. Normalerweise, sagt mein Bekannter,
herrscht bei solchen Reisen abseits der medialen Öffentlichkeit
ein gutes kollegiales Einvernehmen über Parteigrenzen hinweg.
Hier aber waren zwei dabei, die so taten, als sei der jeweils
andere nicht da. Sie sahen sich nicht an, sprachen nicht
miteinander und gaben sich nicht die Hand. Nicht, weil einer dem
anderen etwas getan hätte, sondern weil sie verschiedenen
Parteien angehörten und einer mit dem anderen nichts zu tun haben
wollte.
Der Freund ist politisch nicht unerfahren. Aber solche
Feindseligkeit, sagt er, sei ihm neu. Und zwar nicht nur in der
Politik, sondern auch in der Kirche.
Im Evangelium erzählt Jesus heute ein Gleichnis vom Reich Gottes,
das er mit einer antiken Königshochzeit vergleicht: Ein König
lädt zur Hochzeit seines Sohnes ein. Alles ist bereit. Doch die
mehrmals Eingeladenen sagen aus lächerlichen Gründen ab und
misshandeln die Boten. Der Kreis der Eingeladenen weitet sich
aus. Die Boten, sagt Jesus: „holten alle zusammen, die sie
trafen, Böse und Gute, und der Festsaal füllte sich mit Gästen.“
Jesus spricht hier von der Kirche, vom Leben in Gemeinschaft mit
Gott, das auf Erden beginnt. Zu ihr gehören „Böse und Gute“. Das
muss mir klar sein, wenn ich dabei sein will. Ich finde mich
nicht nur unter Freunden oder unter guten Menschen wieder, weder
in der „Allianz der Anständigen“ oder bei der „Achse des Guten“.
Ich finde mich wieder unter „Bösen und Guten“, die von einem
gemeinsamen Gastgeber gerufen wurden und später gesandt werden.
Das scheint mir eines der großen Leiden in der Kirche heute zu
sein: Dass wir die nicht ertragen, die wir für böse halten oder
die wirklich „Gutes unterlassen und Böses getan haben“. Wir
ertragen sie nicht, obwohl wir in jeder Messe bekennen, dass wir
auch zu ihnen gehören.
Es gibt ein schönes Wort von Gregor dem Großen (+604 nach Chr.)
über die Einladung an Böse und Gute. Er schreibt: Jesus „sagt
das, weil in dieser Kirche weder die Schlechten ohne die Guten,
noch die Guten ohne die Schlechten sein können. Und wer sich
weigert, die Schlechten zu ertragen, der kann selbst nicht gut
sein.“
Es geht also wieder einmal nicht um die Anderen, sondern um mich.
Ich soll „die Schlechten ertragen“, wenn ich gut sein – oder
besser: gut werden will.
Das ist mit dem Hochzeitsgewand gemeint. Einer der Gäste hat
keines an, weiß sich nicht zu rechtfertigen und fliegt raus.
Das Anziehen eines Kleides ist im Alten Testament ein Bild für
den Menschen, der von Gott geschmückt wird für die Gemeinschaft
mit ihm. Im Neuen Testament ist es ein Ausdruck für die Haltung
Gottes zu uns, die unsere Haltung zueinander prägen soll:
„Bekleidet euch also, als Erwählte Gottes, Heilige und Geliebte,
mit innigem Erbarmen, Güte, Demut, Milde, Geduld!“ schreibt
Paulus der Gemeinde in Kolossä (Kol 3,12). Mit dem Erbarmen und
der Güte, die Gott für Euch hat und die Ihr für die anderen haben
sollt.
An diesem Wochenende werden neue Mitglieder in die Gemeinschaft
junger Malteser aufgenommen. Auch wenn es bei uns kein
Ordensgewand gibt, ist das eine schöne Gelegenheit, dass wir uns
zusammen mit ihnen „geistlich umziehen“. Dass wir die alten
Klamotten des Ressentiments und der Parteilichkeit ablegen und
das Hochzeitsgewand von Gottes „Erbarmen, Güte, Demut, Milde und
Geduld“ anziehen. Erstens, weil wir sie nötig haben. Zweitens,
weil wir sie füreinander brauchen, wenn wir uns nicht entzweien
lassen wollen.
So schafft Gott aus „Bösen und Guten“ eine Gemeinschaft von
Menschen, die in aller Verschiedenheit und allem Ringen um den
rechten Weg einander und den Fremden im Tiefsten gut sind.
Denn sie haben miteinander erfahren, dass Gott ihnen gut ist. Und
zwar um jeden Preis.
Fra' Georg Lengerke
Weitere Episoden
4 Minuten
vor 14 Stunden
4 Minuten
vor 1 Tag
4 Minuten
vor 2 Tagen
4 Minuten
vor 3 Tagen
4 Minuten
vor 4 Tagen
In Podcasts werben
Kommentare (0)