Tödliche und rettende Eifersucht Röm 11,13-15.29-32
5 Minuten
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Beschreibung
vor 1 Jahr
Eifersucht kann sehr leidvoll sein. Eifersucht ist
Beziehungsneid. Entweder kommt sie aus der Angst, die Zuneigung
eines Menschen zu verlieren, oder aus dem Schmerz, dass die
Zuneigung einem anderen mehr gilt als mir. Eifersucht macht
Menschen misstrauisch und lässt sie schlecht von sich und anderen
denken.
Viele Paare und Freundschaften haben mit der Eifersucht zu
kämpfen. Bewährte Mittel dagegen sind nach meiner Erfahrung
Dankbarkeit, die Einübung von Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit
durch gute Kommunikation und schließlich eine gemeinsame
Ausrichtung auf ein Drittes – auf Menschen (Kinder, Gäste,
Freunde, eine Gemeinschaft), auf ein gemeinsames Werk, auf Gott.
In der Bibel werden viele Eifersuchtsgeschichten erzählt: Kain
und Abel, Esau und Jakob, Joseph und seine Brüder, Saul und
David, Maria und Marta, die Spannung zwischen den Aposteln und in
der neutestamentlichen Gemeinde. In der christlichen
Spiritualität wird die Eifersucht zusammen mit dem Neid unter die
Laster und die Todsünden gezählt.
Mir ist das sehr plausibel. Denn gerade der Neid und die
Eifersucht sehen und suchen das Leben vergeblich immer in dem,
was ich nicht habe und nicht bin, und sehen es schwinden mit dem,
was sich mir entzieht. Und wer das Leben dauernd schwinden sieht,
der lebt schon im Schatten des Todes.
Entsprechend verwerflich ist es, jemanden absichtlich
eifersüchtig zu machen. Ich erinnere mich an Kinder- und
Jugendfreundschaften, in denen das zum Repertoire der
Beziehungskämpfe gehörte: dass einer dem anderen den Entzug oder
die Neuausrichtung der eigenen Zuneigung vorspielte. Sei es, um
bei ihm eine Äußerung der Wertschätzung zu provozieren oder um
ihm weh zu tun. Der damalige Kinderschmerz ist mir noch immer
präsent.
Umso erstaunlicher, dass es in der Bibel auch Stellen gibt, an
denen eine bestimmte Eifersucht als zwar schmerzliche, aber
positive Liebeskraft verstanden wird. Eifersucht ist hier das
schmerzliche Vermissen einer Beziehung, die möglich und heilsam
wäre.
Das Buch Deuteronomium z.B. beschreibt die eifersüchtige Liebe
Gottes, der um sein Volk kämpft und nicht duldet, dass es sich an
Mächte bindet, die es für Götter hält, obwohl sie es nicht sind,
und so in sein Verderben rennt.
Dann wird die Eifersucht der Völker beschrieben, die Israel, das
Volk Gottes, umgeben. Sie sehen, wie dieses Volk nach den Geboten
Gottes lebt und in der Beziehung zu ihm gedeiht, und staunen über
diese „große Nation“ und „ein weises und gebildetes Volk.“ (Dtn
4,6).
Nach dem Tod und der Auferstehung Jesu und der Bildung der ersten
Christengemeinden kehrt sich die Eifersuchtsgeschichte für den
hl. Paulus um: Er schreibt über seine jüdischen Schwestern und
Brüder, er hoffe, „die Angehörigen meines Volkes eifersüchtig zu
machen und wenigstens einige von ihnen zu retten“ (Röm 11,14).
Nicht mehr die Heidenvölker sind eifersüchtig auf das Volk
Gottes. Sondern dieses Volk, in dem Gott Mensch wurde und zu dem
Jesus gesandt war, soll eifersüchtig werden auf die Heiden, die
an Jesus glauben, in ihm die Gegenwart des Gottes Abrahams,
Isaaks und Jakobs erkennen, und in Gemeinschaft mit ihm erfahren,
wie Gott sie aus der Sklaverei von Schuld und Tod erlöst und
herausführt…
Heute frage ich mich, wo ich Gemeinschaften von Christen so
erlebt habe, dass ich schmerzlich vermisst habe, zu ihnen zu
gehören und Anteil an ihrer Beziehung zu Gott zu haben. Und wo
erleben Menschen die Kirche heute so, dass sie ahnen, dass ihnen
ohne Gott etwas fehlt, und in einer Weise, in der sie den Wunsch
verspüren, mit anderen so an Gott zu glauben und mit ihm zu
leben, wie die Christen es tun?
Und ich höre die Anfrage an meine Gemeinschaft – an die Malteser
im Großen und der Hausgemeinschaft in München im Kleinen: Leben
wir in einer ehrlichen und befreienden, stärkenden und
zukunftsfähigen Beziehung mit Gott, die Menschen schmerzlich
vermissen, bei uns finden und dann zu ihrer eigenen machen
können?
Fra' Georg Lengerke
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