Beieinander in der Unüberwindbarkeit Mt 14,22-33
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Beschreibung
vor 1 Jahr
Liebende wollen zueinanderkommen und beieinander sein. Um
einander zu sehen. Um füreinander da zu sein – und miteinander da
zu sein für andere.
Das ist nicht so einfach, sagt das Leben. Es gibt Hindernisse.
Entweder zwischen den Liebenden oder in einem von beiden. „Sie
konnten zusammen nicht kommen“, heißt es in der Ballade von den
zwei Königskindern, „das Wasser war viel zu tief.“
Um das Zueinander-Kommen und das Beieinandersein von Liebenden
geht es auch in der Erzählung vom Kommen Jesu zu den Jüngern im
Boot auf dem See Genezareth. Und auch hier ist das Wasser im
Gegenwind ein unüberwindliches Hindernis. Wasser ist hier ein
Bild für alles, was die Liebenden hindert, zueinander zu kommen.
Zum Entsetzen der Freunde kommt Jesus über das Wasser zu ihnen.
Auf eine schockierend unwahrscheinliche, eigentlich unmögliche
Weise.
Wie sollen wir solche Wundererzählungen verstehen? Es scheint mir
eindeutig, dass es sich nicht bloß um ein erzählerisches Bild
handelt. Dafür sind die Evangelienberichte ansonsten zu nüchtern.
Und wo Gleichnisse verwendet werden, werden sie immer als solche
bezeichnet. Sagen wir es so: Es handelt sich um Verweise auf und
Zeichen für eine unsichtbare Wirklichkeit, die sich so oder
ähnlich wirklich ereignet haben. Die Jünger machen die Erfahrung,
dass Jesus innerweltlich und leiblich zu ihnen auf eine Weise
kommt, die menschlich nicht machbar ist und die das
Unüberwindliche überwindet.
Was uns von Gott und die Liebenden voneinander trennt, das
überwindet Gott in Jesus: Er nimmt einen menschlichen Leib an und
überwindet den Abgrund der Sünde zwischen Gott und Mensch. Er
überwindet den Graben des Hasses durch die Liebe, den Graben des
Todes durch die Auferstehung und unsere zeitliche und örtliche
Entfernung zu seiner geschichtlichen Menschwerdung durch die
Sendung des Heiligen Geistes.
Ich habe erlebt, dass die Liebe eines Menschen die Wasser
überwunden hat, die uns voneinander getrennt haben oder diesseits
derer ich mich verrannt hatte. Diese Erfahrung hilft mir zu
glauben, dass der, von dem die Christen sagen, dass er „die Liebe
ist“, wirklich alle möglichen Hindernisse überwindet, um bei mir
zu sein.
Wer liebt, der weiß auch, dass noch etwas dazukommt: nämlich die
Ungleichzeitigkeit der Liebe. Wie viele Paare leiden daran: Sie
ist bei ihm und für ihn da, aber er ist nicht bei ihr. Oder
umgekehrt. – Sei es wegen Krankheit oder einer
Persönlichkeitsveränderung, wegen anderer Prioritäten oder eines
anderen Menschen, sei es aus Angst oder Ablehnung.
Wer anfängt, an Gott zu glauben, der beginnt zu erkennen, dass es
Gott mit uns ähnlich geht: Gott ist immer bei mir. Aber ich bin
nicht immer bei Gott – oft aus ähnlichen Gründen, wie in der
Liebe zu Menschen.
Deshalb will Petrus auf dem See bei Jesus sein. Es genügt nicht,
dass Jesus zu Petrus kommt. Der Jünger will seinerseits bei Jesus
sein. Und so bittet er darum: „Herr, wenn du es bist, so befiehl,
dass ich auf dem Wasser zu dir komme!“ (Mt 14,28)
Ich meditiere diesen Satz manchmal weiter: Sag mir, dass ich es
kann; sag mir, dass ich es darf und dass ich es wollen soll –
weil Du es willst. Du hast alles getan, um bei mir zu sein. Nun
lass mich Dir das Unglaubliche glauben: dass das Wasser mich
trägt und ich mit Deiner Hilfe zu Dir komme. Schon heute. Mitten
im Leben. Und einmal mit allen Liebenden im Licht.
Fra' Georg Lengerke
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