An Gottes Leben teilnehmen – Dreifaltigkeitssonntag
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Beschreibung
vor 1 Jahr
Die sogenannte „Prärie“ ist eine Parklandschaft am französischen
Fluss Gave im Wallfahrtsort Lourdes am Fuße der Pyrenäen.
Gegenüber liegt die Grotte von Massabielle, von der das Mädchen
Bernadette Soubirous 1858 berichtete, eine Dame von
außergewöhnlicher Schönheit sei ihr dort begegnet, die sich
später als die Gottesmutter Maria erwies.
Auf einer der Bänke auf der Prärie führe ich in der vergangenen
Woche ein langes Gespräch mit A., einem Mann von vielleicht Mitte
vierzig, über dessen Leben sich ein Buch schreiben ließe: Eine
Kindheit als belächelter oder malträtierter Außenseiter, ein
schulisches Martyrium, Gelegenheitsarbeiten, der Versuch, das
Abitur zu machen und Theologie zu studieren. Mit 30 der erste
Schlaganfall. Nach der Reha wird aus einem dreiwöchigen
Asien-Urlaub ein siebenjähriger Aufenthalt, nach der Rückkehr ein
zweiter Schlaganfall, seitdem sitzt er im Rollstuhl…
Er erzählt nüchtern von seinem Weg, von viel Leid und etwas
Glück, von seiner Ferne und seiner Nähe zu Gott, von seiner
Sehnsucht und von konkreten Misslichkeiten dieser Tage. Und er
spricht gut von den Menschen – auch von denen, die ihm weh getan
haben. An dieses Gespräch denke ich am heutigen
Dreifaltigkeitssonntag.
In der Oration dieses Tages heißt es, Gott habe Sein Wort und
Seinen Geist „in die Welt gesandt, um uns das Geheimnis des
Göttlichen Lebens zu offenbaren“.
Diese Offenbarung ist mehr als eine Information zwecks
Weitergabe. Sie ist eine Gabe, die das Leben derer, die sie
annehmen, grundlegend verändern kann. Sie ist nicht nur
Information, sondern Formation (Benedikt XVI.).
Was heißt das, ein Christ zu sein? Wenn ich zurückschaue,
vertieft sich die Antwort von einer Lebensphase zur nächsten –
wie übrigens auch im Jahreskreis der Liturgie.
Christsein heißt Annahme und Angenommenwerden, sagt mir das
Weihnachtsfest. Gott wird Mensch, in dem der Vater den Sohn
sendet, der sich mit unserem Leib und Leben verbindet – „in allem
uns gleich außer der Sünde“ (IV. Hochgebet).
Christsein heißt Nachfolge, sagt der Alltag der Jünger Jesu bis
heute. Dabei werden wir mit Ihm immer vertrauter und Seine
Freunde werden und so Anteil an Seinem Leben, an Seinem Willen
und an Seiner Liebe zu den Menschen bekommen.
Christsein heißt Leben mit dem Auferstandenen, heißt es an
Ostern. Er lässt sich alles antun, was wir einander antun, um die
Welt von innen her zu erlösen. Im Hass bleibt Er die
personifizierte Liebe Gottes bis in den Tod - und führt die
todverfallene Welt durch den Tod ins Leben.
Christsein heißt Sendung, haben wir an Pfingsten gefeiert. Das
Volk Gottes wird in der Kraft, Vollmacht und Verstehbarkeit des
Heiligen Geistes in die ganze Welt gesandt als ein Volk aus allen
Völkern, das allen Menschen die Liebe Christi erweist und
bezeugt.
Im Vergleich dazu ist der Dreifaltigkeitssonntag ein eher leises
Fest. Im Gespräch mit A. auf der Prärie werde ich daran erinnert,
dass Christsein auch bedeutet, sich hineinnehmen zu lassen in die
dreifaltige Liebe, die in die Welt gekommen ist.
A. und ich sind zwei, die im Namen Jesu versammelt sind. Von
denen sagt Jesus, Er sei unter ihnen gegenwärtig. A. ist mein
Nächster, für den Christus gestorben ist und mit dem Er sich
unwiderruflich und „auf Verderb und Gedeih“ (!) verbunden hat.
Die Schrift sagt mir, dass ich diese Erkenntnis nicht aus mir
habe, sondern durch den Heiligen Geist, der in mir wohnt und mich
Christus und den Bruder erkennen und lieben lässt.
Gegenüber, am anderen Ufer des Gave, hat eine „schöne Dame“ einem
Mädchen gesagt, dass sie die „unbefleckte Empfängnis“ sei, in der
der Sohn Gottes ein Mensch geworden ist. Hier auf der Prärie
sitzen zwei versehrte und von Gott gewürdigte Männer, denen der
Heilige Geist die Gegenwart des Menschgewordenen im jeweils
Anderen offenbart, damit wir miteinander den Weg finden zu Gott
dem Vater, der der Ursprung, der Erhalter und das Ziel von allem
ist.
Fra' Georg Lengerke
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