Wenn der Himmel auf Erden zur Hölle wird Lk 16,19-31

Wenn der Himmel auf Erden zur Hölle wird Lk 16,19-31

4 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren

Gerade komme ich aus Exerzitien. Jedes Jahr nehme ich diese Zeit,
um mein Leben zu ordnen und die schnell zuwuchernden Quellen
wieder frei zu legen, aus denen ich täglich lebe. In der Regel
sind das 8 bis 10 Tage, in denen ich alle Türen zu und mich
unerreichbar mache. Schweigen, vier Gebetszeiten am Tag,
tägliches Gespräch mit dem Begleiter, Hl. Messe. Kein Telefon,
keine Emails, keine Kurznachrichten. Für Notfälle hat jemand die
Nummer vom Haus.


Dann las ich gestern auf dem Rückweg das Evangelium vom reichen
Prasser. Der macht ja etwas Ähnliches: Alle Türen fest zu. Und
was draußen ist, geht ihn nichts an. Aber das war’s auch schon
mit der Ähnlichkeit: Vor der Tür des Reichen hungert und stirbt
Lazarus, während der reiche Mann „sich in Purpur und feines
Leinen kleidete und Tag für Tag glanzvolle Feste feierte“.


Meine Exerzitien und das Leben des Reichen im Gleichnis sind
nicht vergleichbar. Aber dennoch ist mir ist die Haltung des
reichen Prassers weniger fremd, als es mir lieb ist.


Jesus stellt uns einen Menschen vor, der sich scheinbar
bedürfnislos in seiner behaglichen Welt des Überflusses
vollkommen eingerichtet hat. Er hat sich seine kleine Welt zum
„Himmel auf Erden“ gemacht. Freilich, mehr geht immer. Aber sein
Leben lässt im Allgemeinen nichts zu wünschen übrig.


So hat der reiche Mann die leidende Welt in Gestalt des armen
Lazarus ausgesperrt. Aber mit ihr bleibt auch seine eigene
Sehnsucht nach Erlösung und Heil vor der Tür. Der Mann hinter
seiner verschlossenen Tür hat nicht bloß Lazarus ausgesperrt.
Sondern auch sich selbst in seiner verdrängten Armut und
Gebrochenheit, seiner uneingestandenen Sehnsucht nach dem Himmel.


Im Tod erfährt der reiche Mann, dass zwischen ihm und Lazarus ein
„unüberwindlicher Abgrund“ liegt. Dazu ist nämlich die zu
Lebzeiten verschlossene Tür einstweilen geworden. Sie hat nicht
nur der Not des Lazarus, sondern auch seiner Rettung und seinem
Heil den Zutritt zu seinem Leben verwehrt.


Am Ende des Gleichnisses bittet der Reiche den Abraham, jemanden
zu seinen Verwandten zu schicken, um sie zu warnen. Abraham
antwortet, sie würden auch nicht glauben, wenn jemand von den
Toten aufersteht.


Ob das stimmt? Einer ist von den Toten auferstanden, um uns zu
erinnern. Jesus überwindet den unüberwindlichen Abgrund zu uns
hin. Der Auferstandene sagt uns, dass er dort sei, wo Lazarus
ist. Er steht vor der Tür und klopft. Und er sagt uns, dass wir
es dahin nicht kommen lassen sollen, dass unsere verschlossenen
Türen zum unüberwindlichen Abgrund werden.


In den Exerzitien habe ich mich wieder erinnert, dass ich
mitunter für eine kurze Zeit meine Türen zu machen muss, um mein
Leben zu ordnen und die Quellen freizulegen, aus denen ich leben
und für andere da sein kann. Heute erinnert mich das Evangelium,
dass ich mir die Erde nicht zum Himmel machen kann – und dass es
im Zweifelsfall besser ist, meine Tür ein wenig zu weit auf, als
zu fest zu zu machen.


Fra' Georg Lengerke

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