Brutal lieb - Fronleichnam Lk 9,11b-17
3 Minuten
Podcast
Podcaster
Beschreibung
vor 2 Jahren
Lautsprecheranlagen haben ihre Tücken. Manchmal sind sie aus,
wenn sie an sein sollten, oder an, wenn sie aus sein sollten –
was unter Umständen sehr peinlich sein kann. Mal sind sie zu
laut, mal zu leise. Mal hallen und mal fiepen sie.
Meistens ist das Einstellungssache, sagen uns die Techniker. Das
war auch der Grund, warum neulich ein Organist nach der Messe zu
mir in die Sakristei kam. Ihn hatte ein Knacken in der
Lautsprecheranlage gestört.
Was war passiert?
In der Heiligen Messe bricht der Priester während des Gesanges
des Agnus Dei das Brot in mehrere Teile. Der Text lautet: „Lamm
Gottes, du nimmst (oder genauer: trägst) hinweg die Sünden der
Welt. Erbarme dich unser.“ Der Gesang wird dreimal wiederholt und
endet beim dritten Mal mit der Bitte: „Gib uns Frieden.“
Der Kirchenmusiker machte mich darauf aufmerksam, dass ich das
Brot so dicht am Mikrofon gebrochen hatte, dass man ein lautes
Knacken gehört hatte. Das sei etwas störend gewesen, sagte der
Mann und ergänzte: „Und es klang irgendwie brutal.“
Der Ausdruck „Brechen des Brotes“ ist eine feststehende
Formulierung im Neuen Testament und in der frühen Kirche. Es ist
ein Ritus aus dem jüdischen Mahl, den Jesus beim Letzten
Abendmahl vollzieht. Nach ihm nennen dann auch die ersten
Christen die Eucharistiefeier das „Brechen des Brotes“ (Apg
2,42). Indem sie von dem einen gebrochenen Brot essen, treten sie
in Gemeinschaft mit Christus, bekommen Anteil an Ihm und bilden
in Ihm einen einzigen Leib.
Nun ist dieses „Brechen des Brotes“ aber nicht nur einfach das
praktische Teilen eines Brotlaibes in mehrere Stücke, damit jeder
eines bekommt. Es stellt zugleich das Zerbrechen des leiblichen
Lebens Jesu Christi in seinem Tod da und erinnert an das Leiden
und Sterben Christi.
Beim Agnus Deiwerden wir erinnert, dass beides zusammengehört:
Erstens, dass Jesus sich antun lässt, was wir Menschen uns selbst
und einander antun. Und zweitens, dass er sich als das
„geschlachtete Lamm“ (Offb 5,6) und das gebrochene Brot verteilen
lässt, um die Verteilten zu einer neuen Einheit in Ihm zu
verbinden.
„Und es klang irgendwie brutal“, sagte der Mann in der Sakristei.
Ich konnte gut verstehen, dass ihn das hörbare Brechen des Brotes
störte. Aber im selben Augenblick dachte ich, dass es in der Tat
brutal ist und uns vielleicht gerade stören soll.
Denn hier geht es nicht einfach nur um die Fortsetzung eines
harmonischen antiken Freundschaftsmahles. Hier geht es um den Tod
und die Auferstehung dessen, der uns sich selbst mitteilt. So
sehr, dass wir Anteil an Seinem Leben bekommen. Wenn einer sich
zu uns hin zerbrechen lässt, damit wir Zerbrochenen zur Einheit
finden, dann ist das in der Tat „irgendwie brutal“.
Brutal lieb.
Fra' Georg Lengerke
Weitere Episoden
4 Minuten
vor 14 Stunden
4 Minuten
vor 1 Tag
4 Minuten
vor 2 Tagen
4 Minuten
vor 3 Tagen
4 Minuten
vor 4 Tagen
In Podcasts werben
Kommentare (0)