Freude als Kriterium - Pfingsten Apg 2,1-11

Freude als Kriterium - Pfingsten Apg 2,1-11

4 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren

An Pfingsten feiern Christen die Ausgießung des Heiligen Geistes
in Jerusalem 50 Tage nach dem Tod und der Auferstehung Jesu. Der
Heilige Geist bewirkt die Verbundenheit mit Gott. Er lässt seine
Empfänger den Willen Gottes erkennen und befähigt sie dazu, ihn
zu verwirklichen und ihn anderen verständlich zu machen.


Nun gibt es alle möglichen Anliegen, Meinungen und Projekte in
der Kirche, die genau das für sich beanspruchen: vom Heiligen
Geist inspiriert und bevollmächtigt zu sein. Woran soll man nun
erkennen, bei welchen das der Fall ist und bei welchen nicht?


Das haben sich die ersten Christen in Galatien zur Zeit des
Apostels Paulus auch gefragt. Neun „Früchte“ des Heiligen Geistes
nennt Paulus, die zugleich Kriterien für Sein Wirken sind: „Die
Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Langmut,
Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Enthaltsamkeit.“ Deren
Vorhandensein ist gewissermaßen der Lackmustest für das Wirken
des Heiligen Geistes. Wo sie fehlen, fehlt Er. Wo sie da sind,
wirkt Er.


Mich beschäftigt zur Zeit vor allem das Vorhandensein oder Fehlen
der Freude. Als Anfrage an mich selbst und an die vielen
Gruppierungen, Initiativen und Prozesse in der Kirche.


Unter denen machen sich nämlich in allen Lagern Verengung und
Bitterkeit, Übellaunigkeit und Schärfe, Unduldsamkeit und das
scheinbar heilige Gefühl dauernden Gekränktseins breit. Die mögen
viele Gründe haben. Aber einen Schluss lassen sie sicher zu: Was
hier am Werk ist, ist nicht der Heilige Geist.


Ich kenne diese Phänomene sowohl von Kämpfern für die Alte Kirche
als auch von den Protagonisten einer Neuen Kirche. Ein Freund von
mir sagte neulich von einer Initiative, sie werde außer Lärm und
solidarischer Empörung wohl wenig ausrichten, weil sie so
offensichtlich „unsexy“ sei. Gemeint war das völlige Fehlen von
charismatischem Eros, von Charme und Esprit.


Aber auch bei mir selbst kenne ich die Versuchung zur Verhärtung,
Unzufriedenheit und innerem Unfrieden und das dauernde Gefühl,
das mich eh keiner hört, geschweige denn versteht – obwohl mein
unerhörtes Genie eigentlich doch genau weiß, wie die Welt, die
Kirche und meine Gemeinschaft endlich in Ordnung zu bringen sei.


An Pfingsten lasse ich mich eines Besseren belehren. Ich halte
Ausschau nach den Früchten des Heiligen Geistes – in mir und um
mich. Ich falle nicht mehr darauf rein, wenn der Trotz in mir
meine Empörung für den Heiligen Geist hält. Denn der befähigt
uns, einander über die Gräben hinweg zu verstehen und einander in
allem Streit dennoch gut zu bleiben.


Vor allem aber schenkt er die Freude Gottes und die Freude an
Gott. Die ist nicht bloß eine Lustigkeit, die sich das Leiden
nicht zu Herzen und das Unrecht nicht wahr nehmen will.


Sie ist vielmehr Ausdruck der Gewissheit, dass Gott schon
begonnen hat, alles zu sich ins wahre Leben zu ziehen. Und dass
alles Kämpfen auf Erden nur noch ein Scharmützel am Rande seines
schon gewonnenen Sieges ist.


Fra' Georg Lengerke

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