„Eine neue Welt bitte!“ Offb 21,1-5a

„Eine neue Welt bitte!“ Offb 21,1-5a

4 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren

„There is no Planet B!“ stand auf dem Spruchband einer
Klimademonstration. Wer einen riskanten Plan A verfolgt, braucht
im Fall des Scheiterns einen Plan B, auf den er umsteigen kann.
Wer die Zerstörung des Planeten A (der Erde) riskiert, muss daran
erinnert werden, dass es keinen Planeten B gibt, auf den er
umziehen kann. Es gibt keine neue Erde.


Doch genau die sieht Johannes in seiner Vision kommen: „Ich,
Johannes, sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der
erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, auch das Meer ist
nicht mehr.“


Das klingt, als gäbe es doch einen Planeten B, als würde die alte
Erde, wie wir sie kennen, durch eine neue und Planet A durch
Planet B ersetzt.


Aber Johannes spricht nicht von einem Tausch alt gegen neu. Er
spricht von einer neuen Wirklichkeit, die in die alte herabkommt.
So wie in Jesus der neue Mensch zu uns alten Menschen kommt,
nicht um uns auszuwechseln, sondern um uns zu verwandeln – so
sind seitdem auch der neue Himmel und die neue Erde im Kommen, um
die alte Erde und den alten Himmel zu verwandeln.


Das geschieht aber nicht einfach so. Zugleich sieht Johannes in
seiner Vision auch das „Neue Jerusalem“ von Gott herkommen. Der
Ort, an dem Gott wohnt und sich offenbart. Das ist die neue
Kirche in ihrer von Gott kommenden Gestalt. Wie für den Menschen,
für den Himmel und die Erde, gilt auch von der Kirche, dass sie
bereits in einer Verwandlung begriffen ist, in der sie immer mehr
wird, wer und was sie „von Gott her“ eigentlich ist.


Warum nehmen wir diese Wandlung so wenig wahr? Johannes benutzt
ein Bild, das heute vielleicht schwer vermittelbar, aber mir
ehrlichgestanden sehr lieb ist. „Sie war bereit wie eine Braut,
die sich für ihren Mann geschmückt hat.“ (Offb 21,2)


Mit der Kirche ist es wie mit einem Menschen: Sie wird schön und
wahr und so wie sie „von Gott her“ ist, wenn sie geliebt wird.
Ich ärgere mich über so vieles in der Kirche: über Borniertheit
und Bigotterie, über Verlogenheit und Missbrauch von Macht und
Vollmacht, über Amtsträger oder Beamte, die arrogant und
selbstverliebt sind, über Getaufte allgemein und kirchliche
Angestellte insbesondere, die leben, als kennten sie Jesus nicht.
Und nicht zuletzt ärgere ich mich auch über mich selbst und Leute
wie mich…


Aber ich weiß, dass die Kirche „von Gott her“ mehr und anderes
ist. So wie ein Liebender sich über seine Geliebte ärgert und
doch weiß, dass sie mehr und anderes ist, als das, was ihn
ärgert.


Letzte Woche ist der erste Generalvikar aus der Kirche
„ausgetreten“. Er wird nicht der letzte sein. Er gab an, er könne
einfach nicht mehr. Das glaube ich ihm, und es schmerzt mich.
Aber ich frage mich, ob nicht viele auch deshalb nicht mehr
können, weil sie am Ideal einer Kirche zerbrechen, die sie selbst
bauen wollen, die es aber nicht gibt und nie geben wird. Auch wer
sich wünscht, sein Nächster müsste eigentlich ein anderer sein,
um liebenswert zu werden, wird an seinem Ideal zerbrechen – und
sein ungeliebter Nächster gleich mit.


Wir mögen unterschiedlicher Meinung über den Weg der Kirche sein.
Aber es gibt keine Kirche B, wie es auch keinen Planeten B gibt.
 Wenn wir die real existierende und „von Gott her“ in
Verwandlung begriffene Kirche nicht schon hier und heute zusammen
mit dem Gekreuzigten lieben, dann wird das nichts mit unseren
Reformprozessen.


Wer nicht geliebt wird, der kann nicht leben. Der stirbt. Langsam
und elend. Das gilt auch von dieser Kirche, die ich liebe. Und
die leben wird, weil Gott sie liebt. Schon hier und heute.


Fra' Georg Lengerke

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