Geht dahin, wo's tief ist Lk 5,1-11

Geht dahin, wo's tief ist Lk 5,1-11

3 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren

Ich erinnere mich gut an die Warnung der Erwachsenen, im Freibad
nicht „ins Tiefe“ zu gehen und im Meer nicht zu weit
rauszuschwimmen. Wo Kinder nicht stehen können, ertrinken sie.
Und draußen auf dem Meer sind die Wellen hoch und der Grund ist
tief. Das Wasser ist unberechenbar und die Strömung gefährlich.


Wer sich da raustraut, muss gut schwimmen können, sein Boot
beherrschen und sich mit dem Wetter auskennen. Wer das nicht
vermag, bleibt lieber im Hafen oder im seichten Wasser – selbst
wenn das bei Ebbe oft nur noch eine brackige Pfütze ist.


„Fahr hinaus, wo es tief ist“, sagt Jesus am Ende der Predigt zu
Petrus. Professionell macht das keinen Sinn, weil die Fische nur
nachts an die Oberfläche kommen. Und selbst nachts hat Petrus
nichts gefangen. Aber „auf dein Wort hin“, sagt er, „werde ich
die Netze auswerfen“.


Letzte Woche mit jungen Leuten beim Bibelteilen: jeder sagt ein
Wort, das ihn berührt. Eine junge Frau liest vor: „Wo es tief
ist“, und dann sagt sie: „Wir sollen dahin gehen, wo es in die
Tiefe geht, und wir die Menschen finden, denen es mit uns um
Tiefes geht.


Fahrt raus, sagt Jesus. Traut Euch was. Geht dahin, wo es
gefährlich ist, wo Ihr den Unwägbarkeiten der Welt ausgesetzt
seid, wo es hoch her geht und der Grund keinen Halt zu geben und
unerreichbar scheint.


Vielleicht ist das auch ein Gebot der Krise: Dass wir nicht im
Flachen bleiben. Da wo es nur oberflächlich um Gott und den
Menschen, um die Kirche und die Schuld in ihr geht. Auch wenn es
scheinbar keinen Sinn macht, weil wir schon uns Nächte lang nach
allen professionellen Regeln des Fischerhandwerks vergeblich
gemüht haben.


Als die junge Frau von der Tiefe spricht, denke ich, dass wir
nicht zu spirituellen Flachwurzlern werden dürfen, die sich
allein in der oberen Humusschicht des Heute festmachen (Mt 13,5),
um dann im geistlichen Klimawandel unserer Zeit zu vertrocknen.


Wir sollen in die Tiefe gehen, zu den Wurzeln unserer Schuld und
des Erbarmens Gottes, zu der „Tiefe des Reichtums, der Weisheit
und der Erkenntnis Gottes“ von der Paulus im Römerbrief schreibt
(Röm 11,33). Dort werden wir Menschen finden, die in der Tiefe
nach dem Grund der Gründe und nach den Abgründen fragen, in die
Gott in seiner Menschwerdung hinabgestiegen ist.


Vielleicht sind das heute noch nicht viele. Aber es werden viele
sein, sagt das Evangelium. Spätestens dann, wenn Menschen
erfahren, dass die Kirche nicht Menschen wie Fische aus dem Leben
in den Tod fängt, sondern sie wie Geliebte aus dem Tod ins Leben
ruft.


Fra' Georg Lengerke

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