Primus, Novize und Minister werden Mk 9,30-37

Primus, Novize und Minister werden Mk 9,30-37

2 Minuten

Beschreibung

vor 3 Jahren

Es ist eine Verdrängung wie im Bilderbuch. Jesus spricht von
seinem bevorstehenden Leiden, und die Jünger streiten sich, „wer
von ihnen der Größte sei“. Was mag für sie „Größe“ gewesen sein?
Begabter, bekehrter oder näher an Jesus zu sein als andere?


Es scheint, als ginge es Jesus just um das Gegenteil: Mach Dich
klein. Stell dich hinten an. Sei nützlich. Dieses Missverständnis
ließ Menschen wie Friedrich Nietzsche denken, das Christentum sei
überhaupt nur eine einzige Kleinmacherei des Menschen und eine
Idealisierung des Schwachen, Kranken und zu kurz Gekommenen.


Andere Übersetzungen können uns mitunter helfen, einen Text
tiefer zu verstehen. Zum Beispiel die lateinische Vulgata, die
auf einen Urtext des Hl. Hieronymus vom Ende des 4 Jh.
zurückgeht.


Dort sagt Jesus, ein Jünger solle nicht maior, größer sein wollen
als der andere. Aber jeder soll primus, Erster sein wollen, wenn
es um das Mitgehen und Mitleben und Mitlieben mit Jesus geht. Und
das geht nie auf Kosten anderer.


Wer so ein primus der Nähe Jesu sein will, der soll zugleich der
Letzte sein. Aber in der Vulgata steht da nicht ultimus, der
Entfernteste, Äußerste oder Hinterste, sondern novissimus, der
Neueste, der Anfänger, der Lernende – wie ein Novize im Kloster.


Und ein solcher primusist jemand dann, wenn er zum Dienerwird.
Doch statt des lateinischen Wortes servussagt Jesus in der
Vulgata, die Jünger sollten minister sein. Damit ist nicht ein
Politiker oder oberster Beamter gemeint, sondern einer, der die
Lebensgüter für andere besorgt, verwahrt und verteilt und ihnen
so dient – wie der „PaterMinister“ in einer Jesuitenkommunität.


Wer die größte Nähe Jesu sucht, ein Neuling im Lernen Seines
Lebens bleibt und das, was er hat, für die Anderen hat,
der kann sich auch der wirklichen Welt stellen, in der die Liebe
leidet und siegt.


Fra‘ Georg Lengerke

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