Taue herab, dann taue ich auf Jes 45,8

Taue herab, dann taue ich auf Jes 45,8

2 Minuten

Beschreibung

vor 4 Jahren

Seit ich in die Stadt gezogen bin, vermisse ich den morgendlichen
Blick aus dem Fenster. In Ehreshoven waren da eine Wiese und der
Wald und mitunter der Morgennebel, aus dem nur die obere Hälfte
der weidenden Rinder herausschaute. Und da war der Morgentau auf
den Blättern, Halmen und Zweigen.


In der Stadt bemerkt man ihn kaum. Außer vielleicht als Schleier
auf der Windschutzscheibe, der mit einem Scheibenwischer-Wisch
schnell entfernt ist.


Für den Propheten Jesaja gleicht das Kommen des Gesalbten Gottes
dem geheimnisvollen Kommen des Morgentaus. „Tauet, ihr Himmel von
oben! Ihr Wolken regnet herab den Gerechten!“ (vgl. Jes 45,8)


Der Tau fällt im Dunkel der Nacht. Keiner sieht ihn kommen. Wenn
der Tag erwacht, ist er da. Nur die Wachenden, die Frühaufsteher,
die den Tag erwarten, erahnen etwas von seinem Kommen.


Der Tau ist unendlich zart und fein. Er gibt der Schöpfung Glanz
und Frische. Er legt sich um sie wie ein Kleid, in dem sie
schöner ist denn je.


Der Tau hat seine Stunde. Mittags ist von ihm nichts mehr zu
sehen – auch wenn er noch in der Luft liegt. Wer den Morgen
verschläft, sieht ihn nicht, noch die von ihm verwandelte Natur.


„Der Heilige Geist wird über Dich kommen“, sagt der Engel zu
Maria bei der Verkündigung. So wie der Tau: in der Verborgenheit,
unendlich zart und zu seiner Zeit.


Im Deutschen haben wir das gleiche Wort für das Kommen des
Morgentaus und das Schmelzen von Eis: tauen. Gott wird ein Mensch
wie wenn es morgens herabtaut. Ich bin bereit für Ihn, wenn ich
auftaue und mich erweichen lasse.


Wir gehören zur Erde, zu der Jesaja sagt: „Tue dich auf und
sprosse den Heiland hervor.“


Taue herab,
mein Gott,
dann taue
ich auf.
Amen.


Fra' Georg Lengerke

Weitere Episoden

Jahresanfänger
4 Minuten
vor 19 Stunden
Wir sind einander anvertraut
4 Minuten
vor 3 Tagen

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15
:
: