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Beschreibung
vor 1 Jahr
Ich habe mal ein Foto gesehen - von einem in perfekter
Sitzhaltung meditierenden Zen-Meister. Ich weiß nicht: Das hat
irgendwie mein Leben verändert.
Wenn du mal für eine Weile wirklich still gesessen bist und alles
in dir zur Ruhe kommt, dann weißt du, was ich gerade meine. Du
blickst auf den Boden, direkt zu deinen Füßen, siehst das
Sonnenlicht auf dem Parkett spielen, blickst aus dem Fenster,
siehst Vögel vorbei fliegen und sich auf die Äste von Bäumen
setzen, hörst diese Vögel rufen und zwitschern, siehst auf den
Balkonen der umliegenden Häuser Menschen aufräumen, sauber
machen, Wäsche aufhängen oder eine Zigarette rauchen. Du siehst
und hörst das alles und hast womöglich das Gefühl, zum ersten Mal
in deinem Leben richtig zu sehen und zu hören. Was du siehst und
was du hörst, ist in diesem Moment frei von gedanklichen Zutaten,
ist gewissermaßen rein und frisch und unschuldig - und irgendwie
wunderbar, auf eine nicht zu fassende Weise. Du fühlst dich
munter und froh und wirklich mit allem verbunden. Du fühlst dich
mit allem verbunden, weil du in der langen Arbeit des Meditierens
alles beiseite geräumt und verbrannt hast, was zwischen dir und
den anderen fühlenden Wesen und dieser wunderbaren Welt steht.
Und weiter: Du verstehst, warum es in dieser eigentlich so
wunderbaren Welt immer noch Kriege und Verbrechen und Zerstörung
gibt: Weil die vielen anderen Menschen, die eigentlich alle
Buddha oder Jesus sind, diese eminent wichtige Arbeit an sich
selbst und in sich selbst nicht oder noch nicht geleistet haben.
Diese Menschen sind voller Zorn und Aggression und steigern sich
in ihre Vorstellungen und Ideologien hinein. Sie könnten sich
statt dessen hinsetzen und klären. Sie könnten das Leben
genießen. Und sie würden mit der Zeit zu echten
Friedensaktivisten werden. Sie würden verstehen, dass nicht der
Krieg, nicht das gegeneinander Kämpfen, sondern einzig das
friedliche Sein und das Miteinander sowie das Arbeiten unser
natürlicher Zustand ist. Statt dessen ziehen diese Menschen aus
einem Krieg in den nächsten. Sie entwickeln oder kaufen Waffen
und richten diese Waffen aufeinander. Sie fallen in fremde Länder
ein, weil sie meinen, dass ihnen so etwas zustünde. Sie meinen
vermutlich auch, dass sie dort alles besser machen würden als
ihre Vorgänger. Dabei läuft es bei ihnen zuhause nicht mal
annähernd rund. Diese Menschen - diese anderen Menschen - sie
kennen nur den Modus des Sich-durchsetzens, der Gewalt, des
Krieges. Was ich sagen will: Wenn du für eine Weile in dieser
echten Stille gesessen bist und alles zur Ruhe kommt, alles
Denken, alles Fühlen, alles Wollen, dann kommt dir unser
tägliches Treiben nachgerade absurd vor. Du stehst auf und fragst
dich, warum deine Mitmenschen eigentlich so sind, wie sie sind.
Warum legen sie nicht die Waffen nieder und machen etwas
Sinnvolles?
Man muss auch nicht immer über Zen sprechen, um Zen zu
praktizieren. Das ist eine Einsicht, zu der ich auch irgendwann
gekommen bin.
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