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Beschreibung
vor 2 Jahren
Meine Füße stecken in Plastiksocken und baden in Pflegelotion, im
Glas habe ich ein Dosenbier von Lidl und dazu tippe ich diese
Zeilen. Einen Newsletter. Mein erster, eigener Newsletter. Nun
denn.
Heute möchte ich über (un)gewollte Veränderung schreiben. In den
letzten zwei Jahren kamen zwei Dinge in mein Leben: ein neuer Job
an einer Hochschule in Wildau und ein Mercedes Sprinter, Baujahr
2001 mit knapp 300 000 km auf der Uhr. Beides sollte mich eine
Weile beschäftigen.
Der Job ist die einfachere Geschichte. Ich wurde von einem Freund
angeheuert, um ein Drittmittelprojekt dabei zu unterstützen,
einen Showroom aufzubauen. Ich hatte Bock, mal ein
Ausstellungskonzept umzusetzen und so war ich schnell überzeugt.
Der Job war nahezu 100% im Home Office (Danke Pandemie!) und
somit eine feine Sache.
Für das Auto hatte ich große, wenn auch wenig originelle Pläne.
Aus dem ehemaligen Patiententransporter sollte ein #Vanlife
Gefährt werden. Bett, Küche, Klo auf vier Rädern für vier
Personen. Ich steh drauf, Sachen zu bauen, erst Recht, wenn ich
sowas noch nie vorher gemacht habe. Wir wollten dann irgendwann
damit durch Brandenburg, Deutschland und die ganze Welt düsen.
Vorher musste ich den Wagen nur noch ausbauen.
Große Pläne im Job und in der Freizeit. Wird schon schief gehen.
Und schief ging dann so einiges. Im Van war der Ausbau zwar kein
großes Problem, ich baute Dachfenster, Solarpanel und Bett ein,
dämmte die Wände und machte, was sonst noch so zum guten
Vanlife-Ton gehört. Doch schon bei den ersten Fahrten kam ein
Problem nach dem anderen auf. Kardanwellen wollten getauscht
werden, Sicherungen brannten durch und wir wurden Stammanrufer
beim Arag-Schutzbrief.
Auf Arbeit lief mein Ausstellungskonzept nicht viel besser. Der
Ausstellungsort, ein Überseecontainer voller Bildschirme und
fancy Technik, sollte zu meiner Anstellung ankommen, wurde dann
aber nicht um Wochen sondern um Monate verzögert. Etliche andere
Kleinprojekte wurden angestoßen, alles versandete. Fertig habe
ich eigentlich nur einen Podcast bekommen, denn da konnte mir
niemand reinfunken. Irgendwann kam Kind Zwei auf die Welt und mit
ihr die Elternzeit. Im Laufe dieser Elternzeit kam dann auch
tatsächlich der Container an der Hochschule an, und irgendwann
funktionierte er sogar. Ich bekam davon nur wenig mit.
Heute, im August 2022, ist meine Elternzeit vorbei und ich blicke
auf die letzten zwei Jahre mit gemischten Gefühlen. Das Auto hat
nach 5 Tagen Urlaubsfahrt nach Frankreich vermutlich einen
Motorschaden, es wird gerade zurück nach Berlin transportiert.
Das Drittmittelprojekt auf Arbeit wurde nicht verlängert und
läuft demnächst sang- und klanglos aus. Ich überlege, wo ich als
nächstes Energie hinein stecke. Das Auto noch mal für viel Geld
reparieren? Im Job versuchen, die Stelle anders finanziert zu
bekommen? Die Sunk Cost Fallacy kommt mir in den Sinn.
Beruflich habe ich meine Entscheidung getroffen, ich habe noch
vor Projektende gekündigt – aus Gründen. Jetzt schaue ich
erstmal, was so kommt. Und ob ich in der
Wissenschaftskommunikation bleiben werde. Aber dazu an anderer
Stelle mehr.
Fürs Auto steht diese Entscheidung noch bevor. Wickel ich
anderthalb Jahre aufwendigen Ausbau ab, verkaufe das Auto zum
Schrottwert und reduziere meine Verluste oder hoffe ich, dass
nach dieser Reparatur das #Vanlife-Glück auf mich wartet? Ich
weiß es noch nicht.
Aus beiden Geschichten habe ich gelernt. Das Auto hat mir etliche
praktische Skills vermittelt (ich kann jetzt eine Solaranlage
anschließen!) und ich habe es zum Anlass genommen, mit 33 meinen
Führerschein zu machen. Und im Job habe ich nicht zuletzt
gelernt, dass man einfach kündigen kann, wenn es sich nicht mehr
richtig anfühlt.
Und sonst so?
Das ganze Drama um das Auto war Teil unseres Sommerurlaubs. Wir
wollten und fuhren nach Frankreich, und verbrachten da auch
einige Zeit. Da das Auto nach der Hinfahrt hinüber war, folgte
eine sehr stressige Zugfahrt nach Paris, eine sehr entspannte
Woche dort und dann eine eher nervige Fahrt zurück nach Berlin.
Ein Urlaub mit zwei Kleinkindern dient nur marginal der Erholung.
Nach diesem Urlaub könnte ich einen Urlaub gebrauchen.
Da ich keinen Urlaub mehr bekomme, fahre ich jetzt langsam wieder
den Produktivitätsmodus hoch. Ich hab noch ein paar Wochen im Job
und schon die Aussicht auf die ein oder andere
Freelancer-Geschichte. Und ansonsten müsste ich mal Bewerbungen
schreiben.
Was mich inspiriert
Pariser Buchhandlungen. Egal ob Kinderbücher oder Illustrationen,
das Niveau an Kuration, Auswahl und Qualität in diesen Geschäften
habe ich so nur äußerst selten erlebt. Ich habe mir den neuen
Comic von Lewis Trondheim (Par Toutatis!, eine clevere Persiflage
auf Asterix Comics aus dem Universum der Abenteuer des Hasen
Lapinot) geholt und im knappen Gepäck mit nach Berlin gebracht.
Mit im Koffer war auch ein neues Kinderbuch von Marianne Dubuc
“L’ours et le murmure du vent”. Diese wunderschön illustrierte
Geschichte erzählt von einem Bären, der aufbricht, weil er sich
nicht mehr wohl fühlt, wo er ist. Wie passend.
Ich freue mich über jedes Abo. Kostet nix.
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