#194 Paul Simon - American Tune
9 Minuten
Podcast
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Beschreibung
vor 1 Jahr
Heute erscheint der erste Teil der Podcast-Reihe zu den vier
Adventssonntagen – dem It´s Alright‘ Advent“
In jedem Podcast geht es um den Vers des Adventssonntags und
darum, wie mir der Song „It´s Alright“ zurufen kann.
„Du bist in Ordnung“ oder auch „es ist in Ordnung“ – wo wir dies
hören, da verschwinden Dinge, die uns traurig machen.
Die Idee der Podcast-Folgen ist es, einmal den Podcast zu hören
und dann an jedem Tag der Woche einmal das Lied zu hören und die
Gedanken aus dem Podcast selbst weiter- oder auch umzudenken.
In dieser Folge ist Clemens dabei und es geht um den Song
American Tune von Paul Simon.
1. Sonntag im Advent
Sacharja 9, 9a: Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und
ein Helfer.
In dem Text des Songs steckt nicht so viel Hoffnung. Der
amerikanische Traum ist zerbrochen. Paul Simon singt: „Ja,
und ich habe mich oft verlassen gefühlt“, „Und sicherlich
missbraucht.“ „Ich kenne keine Seele, die nicht geschlagen wurde“
„Ich habe keinen Freund, der sich wohl fühlt.“
Sich müde und niedergeschlagen fühlen, angesichts der Dauerkrisen
und dem drohenden Auseinanderfallen unserer Gesellschaft, dazu
die präsenten Kriege, das scheint auf unsere Art der
Auseinandersetzung abzufärben – Gewalt regiert, der Blick auf den
Nächsten ist verloren gegangen.
Paul Simons Protagonist ist besorgt: „Wenn ich an die Straße
denke, auf der wir unterwegs sind, frage ich mich, was
schiefgelaufen ist.“
Allerdings ist die Stimme von Paul Simon voller Zärtlichkeit. Er
beschreibt die schlechte Situation ohne laute Wut – irgendwie
hört es sich an, als ob jemand aufzählt was alles nicht stimmt
und dieses Alright im Song lässt erahnen, diese Aufzählungen
haben nicht das letzte Wort – es gibt in allem Leid und
Durcheinander – dieses Alright, dieses Licht, das im Advent ins
Dunkle kommt – Passion, Ostern und Weihnachten zusammen – eben
Stall und nicht Palast, eben Verfolgung und nicht strahlender
Sieger – diese Zärtlichkeit steckt in der genialen Musik dieses
Songs.
Paul Simon übernimmt die Melodie von Johann Sebastian Bach -
unter „O Haupt voll Blut und Wunden“ aus der Matthäus-Passion.
Dieses Kirchenlied, das seitdem zu einer musikalischen Chiffre
für Sterben, Leid, Qual und Angst geworden ist. Simon lässt also
diese Dimension konsequent mitlaufen, wenn er vom Zerbrechen des
amerikanischen Traums spricht, von vernarbten Seelen, von
Erschöpfung und Ausweglosigkeit.
Aber auch am Ende des Weihnachtsoratoriums hören wir dieses
Lied „Nun seid ihr wohl gerochen“ – da hat es einen
anderen Charakter: Welch ein Jubel, welch ein Glanz, welch eine
Freude im Vorspiel! Wir hören genau auf die Melodie im Chor: Da
ist es: „O Haupt voll Blut und Wunden“, aber in anderem im
strahlenden hoffnungsfrohen Gewand.
Paul Simon macht beides in einem Lied – die Katastrophen aber
auch das „It´s Alright“ – wo uns jemand hilft, wo uns jemand
gerecht wird – da beginnt der Weg aus der Katastrophe. Gott
wird Mensch – It´s Alright.
Foto Myrna Suarez, Universal Music
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