Wenn uns unsere Vorurteile reinlegen

Wenn uns unsere Vorurteile reinlegen

Wenn uns unsere Vorurteile reinlegen
3 Minuten

Beschreibung

vor 8 Monaten
Gestern hatte ich am frühen morgen einen Termin in unserer
Hausarztpraxis. Ich habe mich angemeldet und wurde in einen Flur um
die Ecke gebeten, noch bitte Platz zu nehmen, da die Ärztin noch
nicht da sei. Dann kam ein älterer Herr dazu in Jogginganzug,
Dreitagebart, Hörgerät und großer, sehr alter Brille und langen
schwarzen Fingernägeln. Nicht jemand, mit dem man schnell in
Kontakt kommen möchte. Ihm ging es wohl mit mir genauso und er hat
mich von Kopf bis Fuß gemustert und wir haben gefühlt eine Minute
geschwiegen und haben dann das Gespräch begonnen. Und sehr schnell
ging es über das Warten auf die verspätete Ärztin, das schmuddelige
Wetter, dass dann aber ja bald Ostern ist und das man die Hoffnung
nicht aufgeben sollte, dass alles zum Guten sich wenden
wird. Und verblüfft haben wir beide festgestellt, dass wir
ähnlich denken und eine gemeinsame Hoffnung haben auf einen Gott,
der unsere Armut, Krankheit und Schwachheit sieht und trotzdem bei
uns und mit uns bleibt. Und dann werde ich ins Sprechzimmer gebeten
und der alte Herr bedankt sich für das Gespräch und ich kann nicht
anders als "Danke gleichfalls" sagen. Die Ärztin hat sich
entschuldigt, für ihre Verspätung, weil sie noch ihre Kinder in den
Kindergarten gebracht hat. Auf dem Heimweg habe ich mich ein
bisschen geschämt, weil mich das ungepflegte Äußere des alten Herrn
zunächst abgestoßen hat, aber das anschließende Gespräch so
intensiv und gut war, dass ich Zeit überhaupt nicht mehr
registriert habe.Es passiert ja nicht so selten, dass wir vom
Äußeren eines Menschen auf sein Inneres schließen und unsere
Vorurteile die Oberhand gewinnen. In den Liedern vom
Gottesknecht im Buch Jesaja klingt schon an, was später auf Jesus
gedeutet und erfüllt werden wird: Mein Knecht, der gerechte,
macht die Vielen gerecht; er lädt ihre Schuld auf sich. Deshalb
gebe ich ihm seinen Anteil unter den Großen und mit den Mächtigen
teilt er die Beute, weil er sein Leben dem Tod preisgab und sich
unter die Verbrecher rechnen ließ. Denn er trug die Sünden von
vielen und trat für die Schuldigen ein.

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