Auch in der Kirche muss renoviert werden

Auch in der Kirche muss renoviert werden

Auch in der Kirche muss renoviert werden
4 Minuten

Beschreibung

vor 9 Monaten
Wer kennt es nicht, irgendwann muss die Wohnung oder das Haus
renoviert werden. Und wenn es ein älteres Haus ist, kommt unter der
Tapete vielleicht noch eine Tapete hervor. Und dann noch eine. Die
kann dann grell mit Blumenmuster sein und ist wohl ein ferner Gruß
aus den farbenfrohen 1960er oder 1970er Jahren. Das ist einem
Bekannten von mir passiert. Er hat gerade ein Haus von 1969
übernommen. Die hoch betagten Eigentümer haben sich gefreut, dass
wieder eine Familie mit Kindern in das Haus einzieht, so wie sie
früher als junge Familie in dem Haus gelebt haben. Der neue
Eigentümer ist zwar vom Tapeteabkratzen genervt, doch die vielen
bunten Tapeten unter der Raufaser-Tapete erinnern ihn daran, dass
hier über Jahrzehnte Menschen miteinander ihr Leben geteilt haben,
dass das Besitzerehepaar ihre Kinder großgezogen hat, sie
miteinander alt geworden sind und nun ihren Lebensabend
begehen. Vielleicht ist unsere Kirche ja ein bisschen wie ein
Haus. Über viele Generationen leben und wirken Menschen in ihr. Die
Mauern bleiben, das Dach auch. Doch innen drin, da gibt es
Änderungen. Was heute noch als schick galt, das wird etwas später
als überholt angesehen. Also kommt eine neue Tapete drüber. Wichtig
ist, dass die Kirche nicht museal erstarrt, sondern immer wieder
neu lebendig wird durch die Menschen, die gerade in ihr
leben. Manche Glaubenssätze sind unverrückbar wie eine
tragende Wand: Christentum ohne Auferstehung oder ohne Gottes- und
Nächstenliebe ist undenkbar. Doch andere Dinge sind buchstäblich
weniger festgemauert. Nur wohl wenige fühlen sich beispielsweise
heute von der Art der Gottesdienstfeier von vor 70 Jahren noch
angesprochen; das Verständnis, das Miteinander haben sich
verändert. Bei anderen Fragen gibt es schon Zweifel, ob es mit
ein bisschen neuer Farbe wirklich getan ist. Und manchmal erweist
sich ein vermeintlicher Grundpfeiler, ohne den alles einzustürzen
droht, doch nur als Fassadenteil und letztlich
austauschbar. Aber: ich finde es faszinierend, dass in unserer
Kirche seit zwei Jahrtausenden Menschen ihren Glauben leben.
Mancher Gruß aus der Vergangenheit wirkt vielleicht etwas schrill
oder befremdlich. Und doch erinnern die Zeichen der Vergangenheit
uns daran, wie Christen früher ihren Glauben gelebt haben – und das
kann uns für unser Christsein heute inspirieren. Denn dass schon so
lange Gläubige in unserer Kirche gemeinsam das Wort Gottes hören
und Eucharistie feiern – das schafft eine Verbundenheit über die
Zeit hinweg.

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