Gott hat andere Kriterien

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Gott hat andere Kriterien
3 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr
Ich weiß auch nicht so genau, wieso mich dieser kleine Pfarrer von
Ars so fasziniert. Auf einem Bauernhof kurz vor Beginn der
französischen Revolution geboren, erlebt er Kirche nur im Geheimen
und verworrene Zeiten danach. Er spürt, dass er Priester werden
möchte, aber da ist er schon zwanzig und sein zwölfjähriger
Nachhilfelehrer verzweifelt fast an ihm. Das theologische Examen
besteht er erst beim vierten Mal und wird nur zur Weihe zugelassen,
weil ein anderer Priester für ihn eintritt. Nach drei Kaplansjahren
wird er nach Ars geschickt, ein Dorf mit immer vollen Kneipen und
einer leeren heruntergekommenen Kirche. Das hochtrabende Urteil der
Kirchenleitung ist: "da kann er nichts mehr kaputt machen". Das
macht er auch nicht. Er baut auf, indem er betet, viele Stunden
Anbetung hält, immer regelmäßig seine Gemeindemitglieder besucht
und ihnen mit gesundem Menschenverstand und tiefer Frömmigkeit zur
Seite steht. Er gründet ein Waisenhaus und eine Schule, weil ihm
klar ist, dass die Menschen von klein auf Liebe, Geborgenheit, gute
Bildung und Erziehung bekommen müssen. Und ihm ist seine
Schwachheit und Unzulänglichkeit schon sehr bewusst. Als es eine
Petition zu seiner Absetzung gibt, unterschreibt er sie auch
selbst. Er weiß genau, dass er kein intellektuelles Genie ist und
mit niemandem seiner hochgebildeten geistlichen Mitbrüder mithalten
kann. Aber er weiß, was die Leute in seinem Städtchen brauchen: die
Zusage der frohen Botschaft von Gottes barmherziger Liebe, der
Vergebung ihrer mehr als offensichtlichen Schuld, das Gespür, dass
sie auch in der tiefsten Gosse noch von Gottes Liebe und dem Gebet
ihres Pfarrers gehalten werden. Er, der zunächst wegen seiner so
offensichtlichen Wissenslücken zunächst keine Erlaubnis bekommen
hat, Beichte zu hören um den Menschen beratend und begleitend zur
Seite zu stehen, wird dann zum wirklichen Beichtvater, zu dem immer
mehr Menschen strömen und zu dem selbst der Bischof geht, um im
Bußsakrament die unendliche Liebe dieses kleinen Pfarrers und somit
seines großen Gottes zu erfahren. Nach damaligen und erst recht
nach heutigem Ermessen, wäre er niemals zur Priesterweihe
zugelassen worden. Gott hat eben andere Kriterien und das ist
wirklich sehr tröstlich.

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