Anmut und Angeberei – die Renaissance der Kochshows
"Hmmm!" und "lecker!" – so hieß es früher beim Fernsehkoch Alfred
Biolek, der mit hochgezogenen Augenbrauen und Weinglas in der Hand
in dampfende Töpfe schaute und völlig schambefreit mit Brühwürfeln
und Ketchup-Flaschen hantierte. Es folgte die Zeit der
54 Minuten
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Beschreibung
vor 4 Jahren
"Hmmm!" und "lecker!" – so hieß es früher beim Fernsehkoch Alfred
Biolek, der mit hochgezogenen Augenbrauen und Weinglas in der Hand
in dampfende Töpfe schaute und völlig schambefreit mit Brühwürfeln
und Ketchup-Flaschen hantierte. Es folgte die Zeit der Studioküchen
mit Johannes B. Kerner, später mit Markus Lanz, bei denen alle
Zutaten zurechtgeschnitten in kleinen Schüsselchen bereitlagen.
Heute hat sich die Welt der Kochshows dagegen stark
ausdifferenziert: Ein regelrechtes Universum an Sendungen auf
Netflix und YouTube ist entstanden, ein Megatrend rund um das
perfekte Verarbeiten von Lebensmitteln. Was sagt diese neue
Obsession mit dem Kochen über unsere Gegenwart aus? Warum beneiden
wir Zuschauer eine zahnlose alte Indonesierin um ihren
Süßigkeitenstand auf den Straßen von Java? Und ist die
Begeisterungsfähigkeit eines französischen Starkochs für seine
eigenen Kreationen und die Anmut seiner Handgriffe auf Dauer nicht
doch etwas nervig? Immer geht es dabei um eine Lebensform und das
Zelebrieren von Individualität: Sinnlichkeit als
Distinktionsmerkmal. Sie ist ein Antidot zur Digitalisierung. Sie
verbindet den Menschen wieder mit der Elementarität der Natur, und
wenn sich die Proteine des T-Bone-Steaks unter der Einwirkung von
Hitze in Röstaromen verwandeln, kehrt der Mensch zurück zur Urszene
der Anthropogenese: Denn Mensch wurde der Homo sapiens erst, als er
lernte, seine Nahrung zu kochen: Ab diesem Moment war er nicht
mehr, wie die anderen Primaten, den halben Tag mit Kauen
beschäftigt. Seine Kiefermuskeln konnten sich zurückbilden und
gaben Raum frei für mehr Hirnmasse. Nina Pauer und Ijoma Mangold
analysieren die neuen Kochshows und ihren Lifestyle. Sie erreichen
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Biolek, der mit hochgezogenen Augenbrauen und Weinglas in der Hand
in dampfende Töpfe schaute und völlig schambefreit mit Brühwürfeln
und Ketchup-Flaschen hantierte. Es folgte die Zeit der Studioküchen
mit Johannes B. Kerner, später mit Markus Lanz, bei denen alle
Zutaten zurechtgeschnitten in kleinen Schüsselchen bereitlagen.
Heute hat sich die Welt der Kochshows dagegen stark
ausdifferenziert: Ein regelrechtes Universum an Sendungen auf
Netflix und YouTube ist entstanden, ein Megatrend rund um das
perfekte Verarbeiten von Lebensmitteln. Was sagt diese neue
Obsession mit dem Kochen über unsere Gegenwart aus? Warum beneiden
wir Zuschauer eine zahnlose alte Indonesierin um ihren
Süßigkeitenstand auf den Straßen von Java? Und ist die
Begeisterungsfähigkeit eines französischen Starkochs für seine
eigenen Kreationen und die Anmut seiner Handgriffe auf Dauer nicht
doch etwas nervig? Immer geht es dabei um eine Lebensform und das
Zelebrieren von Individualität: Sinnlichkeit als
Distinktionsmerkmal. Sie ist ein Antidot zur Digitalisierung. Sie
verbindet den Menschen wieder mit der Elementarität der Natur, und
wenn sich die Proteine des T-Bone-Steaks unter der Einwirkung von
Hitze in Röstaromen verwandeln, kehrt der Mensch zurück zur Urszene
der Anthropogenese: Denn Mensch wurde der Homo sapiens erst, als er
lernte, seine Nahrung zu kochen: Ab diesem Moment war er nicht
mehr, wie die anderen Primaten, den halben Tag mit Kauen
beschäftigt. Seine Kiefermuskeln konnten sich zurückbilden und
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