Wohnen an Bord mit Holger Peterson Teil 03
Buchautor Holger Peterson lebt auf seinem Schiff. In unserem
Interview erzählt er über das Leben an Bord, das geeignete Schiff
und erklärt uns ein Rettungsmanöver, das er entwickelt hat. Holger
Peterson privat: 54 Jahre, verheiratet in zweiter Ehe...
39 Minuten
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Groß-Gerau
Beschreibung
vor 3 Jahren
Buchautor Holger Peterson lebt auf seinem Schiff. In unserem
Interview erzählt er über das Leben an Bord, das geeignete Schiff
und erklärt uns ein Rettungsmanöver, das er entwickelt hat.
Holger Peterson privat:
54 Jahre, verheiratet in zweiter Ehe mit meiner Jugendliebe. Zwei
erwachsene Söhne aus erster Ehe und eine 12-jährige Stieftochter.
Auf das Sabbatjahr und einen einjährigen Törn nach Südamerica im
Jahr 2012 habe ich verzichtet, stattdessen meine wiedergefundene
Jugendliebe mit 30 Jahren Verspätung geheiratet: Lieber mit zwei
Blondinen nach Norderney, als allein um Kap Hoorn. Das kann
warten :=))
Wie bist Du zum Segeln gekommen?
Ein Faltboot habe ich als zehnjähriger Junge gekauft, bin an der
Aller bei Celle aufgewachsen. Die zentrale Frage, die mich seit
44 Jahren antreibt: Was liegt hinter der nächsten Kurve?
Erst später folgten Motorradreisen, Motocrossrennen - und mit 24
als junger Vater holte ich das Faltboot meiner Kindheit wieder
vom Dachboden, schlug zum ersten Mal ein Segel an und lernte auf
der Aller, wie das funktioniert. Danach hatte ich acht Trailer-
und Hochseeyachten mit Liegeplätzen auf Flüssen, dem Steinhuder
Meer, der Ost- und der Nordsee, bis die Freuide am Schreiben und
Fotografieren dazu kam.
Charterst Du?
Niemals. Seefahrt und mein emotionales Verhältnis zum eigenen
Boot sind untrennbar verbunden. Sonst mache ich nur Testfahrten
als Autor - von der Hansekogge bis zur HighTechYacht.
Möchtest Du Dir ein eigenes Schiff kaufen oder hast Du
vielleicht bereits eins?
Unsere Reinke 11 S aus Alu ist unser Traumschiff, siehe mein Buch
"Mein Boot ist mein Zuhause". Größer als sie darf ein Boot nicht
sein, weil wir sonst das Optimum der Freiheit wieder verlieren
würden.
Hier geht's zu einem NDR-Beitrag mit einigen Einblicken in
Holgers Leben und seine Fuchur.
Hast Du ein Traum-Schiff?
Es gibt kein Traumschiff. Entweder sind wir mit dem Boot
glücklich, das wir uns leisten können, oder wir haben den Sinn
des Segelns nicht verstanden. Ich bin mehrfach zwischen 6 und 11
Meter langen Booten gewechselt. Die Freude auf dem Wasser hat mit
der Bootsgröße nichts zu tun. Und wenn ich einmal im Jahr wieder
das Faltboot vom Dachboden meiner Elter hole, bin ich vollständig
glücklich und möchte es am liebsten wieder auf dem Autodach
festschnallen, um mit dem Zelt nach Norwegen zu fahren. Aber ein
Törn im Winter bei Hochwasser durch vergessene Altarme, die nur
bei Überflutungen Wasser führen, ist unglaublich schön.
Ergo: Nach zwei Tagen in der Kajüte einer Hai 710 fühlt man sich
ebenso wohl, wie zuvor in einem Rumpf mit Badewanne. Vor der Hai
710 hatte ich insgesamt drei Boote und jetzt die besagte
Badewanne in der Reinke S 11. Aber dazu gehört auch verdammt viel
Technik, um den Komfort zu betreiben. Allerdings: Es ist unser
Zuhause, auch bei 10 Grad minus jederzeit fahrbereit.
Welches Revier befährst Du im Moment am liebsten?
Im ostfriesischen Wattenmeer und der dänischen Südsee. Und wenn
es passt: Anlegen im Hafen von Amrum, einen Whisky in der Blauen
Maus und über den Dünenwanderweg zum Kniepsand laufen.
Wenn Geld keine Rolle spielte, wie sähe Deine seglerische
Zukunft aus?
Geld spielt keine Rolle mehr, weil wir unser Traumschiff haben
und nur noch darauf warten, dass unsere Tochter erwachsen ist.
Beruflich abgesichert, leben wir dann nur noch an Bord. Unsere
Häuser haben wir nie vermisst - zu viel Besitz belastet nur.
Außerdem haben Häuser verdammt schlechte Segeleigenschaften. Das
gilt auch für Wohnmobile ...
Uns fehlt noch die Zeit für mehr als sechs Wochen am Stück. Aber
der Ruhestand in sieben Jahren ist absehbar. Bis dahin leben wir
an gut 300 Tagen im Jahr an Bord. Wo das Boot gerade liegt, ist
zweitrangig, wie es die Urlaubsziele sind. Wir planen nicht,
legen ab und richten uns allein nach Wind und Wetter. Mit der
FUCHUR kommen wir bei einem Tiefgang von nur 1,30 und einer
Breite von 3,46 in jedem Hafen unter. Trockenfallen kann man auf
den Kimmkielen und bei 12 Metern Länge passen wir an Fingerstege.
Welches ist Dein Lieblings Gegenstand am Boot oder welches Teil
magst Du besonders und warum?
Der Heizlüfter ECOMAT 2000, der im Winter nie aus ist, mit 450
Watt auskommt und mit dem wir in den fünf kalten Monaten mit 400
Euro an Energiekosten komfortabel und sparsam leben. Selber
schuld, wer sein Boot durchgehend mit einer Dieselheizung
betreibt. Wir haben sie auch, aber nur zum kurzzeitigen
Durchheizen. Das Bad war etwas frisch, aber da hängt jetzt eine
sparsame Infrarotheizplatte und sorgt durchgehend für 19 Grad.
Neuerding habe ich einen Superwind-350-Generator auch ins Herz
geschlossen, die StayAfloat-Paste, das
Dirko-Motorendichtungsmittel, die Hardy-Kraftstoffpumpe, ein
Gurkenglas mit Luftentfeuchtertablette gegen Dieselpest, die
kugelgelagerten Mastrutscher - aber erst, seit die Schräubchen
mit Loctite eingesetzt wurden ...
Wenn es um das Segeln geht
Keine Scheuklappen vor besonderen Revieren. Ein Fluß vor der
Haustür kann wunderschön sein. Und keine Angst vor der Nordsee,
nur Respekt vor den Seegatten. Weg mit dem Kartenplotter, her mit
dem Echolot und dem Deuten von Wellenbildern. Wenn die Autobahnen
zur Nordsee leerer sind, als die Autobahnen zu Ostsee, kann die
Nordsee die besten und familienfreundlichesten Reviere bieten.
Aber um Panoramen genießen zu können, muss man erst die
Bordtechnik und die Sicherheitstechnik beherrschen. Wenn das
geschafft ist, kommt eine Prise von Tiergeschichten und
Lebengeschichten besonderer Menschen hinzu, die man unterwegs
trifft. Das gibt eine leckere Segelsuppe
Welche Buchempfehlung kannst Du unseren Hörern mitgeben?
"Tagedieb und Taugenichts" von Hugo Wehner "Gewittersegeln" von
Millemari-Autoren
Unter www.gluexpiraten.de/audiobooks bekommst Du fast alle Titel
als Gratis-Hörbuch im kostenlosen Probeabo. Gleich hier
ausprobieren!
Welchen Fehler hast Du mal auf oder an dem Schiff gemacht und
was war die wichtigste Lektion daraus?
Wie lang ist Eure Seite? Ich habe jede Menge Fehler gemacht, weil
ich stets ein Autodidakt war und nie eine Segelschule besucht
habe. Seekrankheit in einem nicht vorhergesagten Nordseesturm hat
trotz Wetterberatung beinahe Leben und Boot gekostet, bis ich von
Professor Jarisch (Histamin und Seekrankheit) gelernt habe, sie
zu vermeiden ist. Das Lernen hört ja nie auf, auch nicht nach 30
Jahren auf dem Wasser.
Aber ich lerne aus Fehlern, suche Lösungen und entwicklte daraus
zusammen mit meiner Frau ein neues Bergungsmanöver. Meine Frau
rettet mich jetzt allein in sechs Minuten, inklusive
Ansteuerungsmanöver und Leinenverbindung ... wenn sie will:=))
Der Rotek-Hebelzug kostet dabei ganze 70 Euro.
Was empfiehlst Du jemandem, der mit dem Segeln beginnen oder
sich weiter entwickeln möchte?
Im Zuge der weltweiten Krisen gibt es einen Trend zum Urlaub im
eigenen Land. Und: Ich will nicht 30 Jahre auf die "große Fahrt"
warten, sondern das Bordleben jetzt schon genießen. Das Ei des
Kolumbus liegt nicht in der Karibik, sondern in der
Glückseligkeit der eigenen Kajüte auf dem Frühstückstisch - egal,
wo das Boot gerade dümpelt. Wo also könnten Urlaub und Alltag
schöner sein, als auf dem Wasser?
Daher: Den Sportbootführerschein für das Grundwissen, dann ganz
schnell ein eigenes Boot ab 7 Meter für den Grundkomfort: Die See
und das Boot sorgen für eine ganzheitliche Ausbildung, wenn man
sich zunächst mit dem Boot und der Rolle des verantwortlichen
Eigners identifiziert, um dann Schritt für Schritt die Törns zu
erweitern und sich vorher bei alten Hasen zu erkundigen. Bei
meinem ersten Nordseetörn war ich Skipper an Bord meines zweiten
Kajütbootes, einer Mirage 28, aber ein erfahrener Seebär
korrigierte meine Anfängerfehler, bis wir durch den NOK die
Ostsee erreicht hatten.
Welchen „letzten Tipp“ kannst Du uns und unseren Zuhörern mit
auf dem Weg geben?
Bleib vor einen Boot stehen, frag die Crew nach irgendeinem
Detail, und Du wirst im weiteren Gespräch garantiert eine
Geschichte oder einen Tipp bekommen, den Du verwenden kannst.
Bootfahrer sind niemals einsam, wenn sie gelernt haben,
zuzuhören.
Wie kann man Dich erreichen, wenn man Fragen an Dich hat oder
mit Dir in Kontakt kommen möchte?
Gerne per Mail: segler153@googlemail.com
Notizen:
Wenn Du dann ein Boot hast, begreife es als Raumschiff, für
dessen Zustand Du verantwortlich bist und dessen hinterste Winkel
Du kennen solltest. Dafür bedankt es sich und ermöglicht es, in
einem faszinierend lebensfeindlichen Kontinuum zu überleben, den
Kopf in das Kissen zu kuscheln und aus dem Kojenfenster die Welt
zu entdecken. Das ist etwa so, wie beim kleinen Häwelmann in
seinem Kinderbettchen, mit dem er durch den Wald segelt.
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