VRN005 - Warum Sie das Angebot der Versicherung zur Vermittlung eines Mietwagens nicht ignorieren sollten
9 Minuten
Podcast
Podcaster
Der Podcast zum Haftpflichtschaden nach einem Verkehrsunfall
Beschreibung
vor 8 Jahren
In meinem letzten Artikel hatte ich 7 Punkte, auf die Sie bei der
Anmietung eine Ersatzwagens achten sollten, genannt. Jetzt kommt
noch ein weiterer Punkt dazu.
Denn: Der BGH stellt alles auf den Kopf.
Der BGH ist jetzt der Meinung, dass die Angebote der
Versicherungen zur Vermittlung eines Mietwagens verbindlich sind.
Auch wenn die Versicherung am Telefon nicht konkret wird. Statt
die bisherige Linie beizubehalten, sorgt der BGH mit diesem
Urteil für noch mehr Verwirrung auf dem Mietwagenmarkt.
Damit Sie eine Vorstellung bekommen, welcher Sachverhalt der
Entscheidung zugrunde lag, schildere ich Ihnen den Fall ganz
kurz:
Ein Unfallgeschädigter hatte nach dem Verkehrsunfall
telefonischen Kontakt mit der Versicherung des
Unfallverursachers. Der Sachbearbeiter der
Haftpflichtversicherung bot dem Geschädigten an, einen Mietwagen
für 38,00 € inklusive aller Nebenleistungen zu vermitteln.
Am Nachmittag nach diesem Telefonat mietete der Geschädigte zu
einem wesentlich höheren Preis einen Mietwagen an. Die Differenz
zwischen den jeweiligen Mietwagenpreisen belief sich auf über
1.000,00 €.
Die Haftpflichtversicherung verweigerte die Zahlung der vollen
Mietwagenrechnung und zahlte lediglich 570,00 €.
Dieser Preis wäre bei einer Anmietung über die Versicherung
angefallen.
Der Geschädigte klagte die Differenz ein. In letzter Instanz gab
der BGH (Bundesgerichtshof) der Haftpflichtversicherung recht. Es
wäre dem Geschädigten ohne weiteres zumutbar gewesen, das Angebot
der Versicherung anzunehmen.
Diese hätte die Telefonnummer des Geschädigten an die
Autovermietung weitergegeben, damit sich dann
die Autovermietung selbst zur Vereinbarung weiterer
Einzelheiten mit dem Unfallgeschädigten in Verbindung setzen
kann. Bei dem Fahrzeug des Geschädigten hat es sich um
kein „Exotenfahrzeug“ gehandelt, sondern um einen Wagen
in dessen Klasse die Autovermietung bestimmt problemlos
ein Fahrzeug zur Vermietung frei gehabt hätte.
Dass der Geschädigte diese Möglichkeit außer Acht gelassen hat,
wertet der BGH als Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht.
Dem Kläger wurden keine weiteren Mietwagenkosten zugesprochen.
Was ändert sich durch das Urteil?
Bisher galten die Vermittlungsangebote der
Versicherungen als unbeachtlich
Es war Meinung des BGH und verbreitete Auffassung der
Gerichte, dass die Versicherung keine Vorgaben zur Anmietung
eines Ersatzwagens machen darf. Es sei allein die Entscheidung
des Geschädigten wann er wo einen Ersatzwagen anmiete. Die
Versicherung habe kein Regierecht. Das LG Chemnitz hat
z.B. in seinem Urteil vom 21.01.2011, Az. 6 S 281/10 so
entschieden.
Außerdem handelt es sich bei den Angeboten der Versicherungen um
Spezialtarife. Solche Spezialtarife wurden vom BGH bislang
generell als unbeachtlich angesehen, da man auf dem
freien Markt keinen Zugang zu diesen Angeboten hat.
Auch wurde immer gefordert, dass die Versicherung die Angebote
ganz konkret benennen muss. Die Angebote mussten so konkret sein,
dass Sie als Unfallgeschädigter einfach nur „ja“ sagen,
wenn Sie einen Mietwagen haben wollten. Solange nicht klar
war, wer der Vermieter war, wo der Mietwagen steht, um was für
ein Fahrzeug es sich handelt etc. hat der BGH diese
Vermittlungsangebote als unwirksam abgelehnt.
Das alles soll nicht mehr gelten.
Jetzt soll es ausreichen, wenn die Versicherung Ihnen am Telefon
einen Ersatzwagen zum Preis x anbietet.
„Wenn Ihnen durch die Versicherung telefonisch
ein Mietwagenangebot gemacht wurde, müssen Sie dieses
annehmen.“
Diese Entscheidung ist Wasser auf den Mühlen der
Haftpflichtversicherer. Damit kehrt der BGH seiner bisherigen
Meinung den Rücken und sagt ganz deutlich:
Mieten Sie zu einem höheren Preis an, verstoßen Sie gegen
die Schadenminderungspflicht. Dabei ist es auch egal, wenn
Ihnen die Versicherung Roß und Reiter noch nicht klar benennt. Es
genügt, wenn die Autovermietung mit Ihnen Kontakt aufnehmen und
die Einzelheiten besprechen kann.
Somit hat der BGH jetzt der bloßen Verweismöglichkeit auf ein
günstigeres Angebot den Weg frei gemacht. Ein konkretes,
annahmefähiges Angebot ist damit nicht mehr notwendig.
Für Autovermieter, die mit diesen Preisen der
Haftpflichtversicherung aus wirtschaftlichen Gründen nicht
mithalten können, ist dieses Urteil eine bittere Pille.
Was bedeutet das für Sie?
„Sobald es zumutbar ist, das Vermittlungsangebot der Versicherung
ohne Einschränkung anzunehmen, müssen Sie dieses Angebot
annehmen. Lehnen Sie ein solches Angebot ab und nehmen
stattdessen einen teureren Wagen Ihrer Autovermietung bzw.
Ihrer Werkstatt an, verstoßen Sie gegen die Verpflichtung den
Schaden zu mindern.“
Diese zwei Punkte müssen Sie beachten:
Hatten Sie bereits Kontakt mit der Versicherung des
Unfallverursachers und hat diese Ihnen das Angebot gemacht,
einen Mietwagen zu einem bestimmten Preis zu vermitteln, sagen
Sie das Ihrem Autovermieter. Auch wenn Sie dann möglicherweise
die Antwort bekommen, dass das
alles unbeachtlich sei. Es kann sein, dass Ihre
Werkstatt bzw. die Autovermietung dieses Urteil noch nicht
kennt. Daher ist auch nicht auszuschließen, dass
weiterhin die Vermittlungsangebote der Versicherung als unwirksam
abgetan werden. Sie sollten sich auf keinen Fall auf höhere
Preise einlassen, damit Sie am Ende nicht auf höheren
Mietwagenkosten sitzen bleiben.
Als Autovermieter bzw. als Werkstatt sollten Sie vor der
Autovermietung Ihren Kunden unbedingt danach fragen, ob bereits
telefonischer Kontakt mit der Versicherung bestanden
hat. Die Vermittlungsangebote kommen oft auch schriftlich. Wenn
der Kunde schon von der Versicherung Preise zu einem
günstigeren Mietwagen genannt bekommen hat, ist Vorsicht geboten.
Klären Sie dies unbedingt erst ab, bevor Sie Ihren Mietwagen an
den Kunden herausgeben.
Solange Sie keinen Kontakt mit der Haftpflichtversicherung des
Unfallverursachers aufnehmen, kann diese Ihnen kein
Vermittlungsangebot machen. Sie können also bei Ihrer Werkstatt
oder Autovermietung Ihrer Wahl „ohne Bauschmerzen“ einen
Ersatzwagen anmieten.
Die Versicherung muss dann die erforderlichen Mietwagenkosten
erstatten. Wonach sich an Ihrem Wohnort die erforderlichen
Mietwagenkosten richten, hängt wiederum von der
örtlichen Rechtsprechung ab. Im Raum Nürnberg werden die
Mietwagenpreise nach dem Schwacke-Automietpreisspiegel
abzüglich eines pauschalen Abschlages von 17%
als erforderlich angesehen.
Gilt das auch, wenn die Versicherung schriftlich ein
Vermittlungsangebot macht?
Mehrfach wird in dem Urteil betont, dass das Angebot
der Versicherung zu beachten ist, wenn das
Angebot „ohne weiteres zugänglich ist“. Was der BGH darunter
versteht, bleibt leider ungeklärt.
Allerdings kann die bisherige Meinung des Gerichts als Hilfe
herangezogen werden. Das Angebot muss annahmefähig sein,
man muss einfach nur ja sagen. Das ist nicht der Fall, wenn das
Angebot schriftlich kommt. Bei einem Schreiben der Versicherung
wären Sie gezwungen, mit der Versicherung telefonisch
Kontakt aufzunehmen, damit eine Vermittlung des Mietwagens an Sie
erfolgen kann. Dazu besteht allerdings keinerlei
Verpflichtung. Sie müssen die Versicherung nicht extra anrufen,
damit diese Ihnen einen günstigeren Mietwagen vermitteln kann.
Ich bin mir absolut sicher, dass die Versicherer dieses
Urteil dazu nutzen werden, ihre Kürzungsstrategie
auszuweiten. Bei einem „nur schriftlichen
Vermittlungsangebot“ wird es dann auch künftig bei der Abrechnung
heißen:
„Wir haben Ihnen einen Mietwagen für x Euro angeboten. Dieses
Angebot hätten Sie annehmen müssen. Sie haben durch die Anmietung
eines teureren Fahrzeugs gegen die Schadenminderungspflicht
verstoßen. Wir sehen uns deshalb nicht veranlasst, weitere
Zahlungen auf die Mietwagenkosten zu leisten.“
Was Sie tun können, um keine Probleme mit der
Versicherung zu bekommen
Wenn Sie schon Kontakt mit der Versicherung hatten, nehmen Sie
das Angebot des günstigeren Mietwagens an.
Haben Sie mit der Versicherung noch nicht gesprochen, lassen Sie
sich bei der Schadensregulierung durch Ihre Werkstatt
unterstützen und vertrauen auf deren Erfahrung.
Zum Urteil des BGH vom 26.04.2016
Weitere Episoden
4 Minuten
vor 5 Jahren
9 Minuten
vor 5 Jahren
11 Minuten
vor 5 Jahren
4 Minuten
vor 5 Jahren
7 Minuten
vor 5 Jahren
In Podcasts werben
Kommentare (0)