Welche Chancen hat die chinesische Friedeninitiative? | Von Bernd Murawski
17 Minuten
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vor 1 Jahr
Ob der chinesische 12-Punkte-Plan zur Beilegung der Ukraine-Krise
umgesetzt wird, hängt vom Willen der Konfliktparteien ab. Der
Kreml hält ihn für ausgewogen und wegweisend, Kiew bekundet
Interesse, der Westen dagegen sieht in ihm keine
Verhandlungsgrundlage. Doch auch ohne westliche Beteiligung
ließen sich vertragliche Regelungen erzielen.
Ein Kommentar von Bernd Murawski.
Nach der Schlichtung des Konflikts zwischen dem Iran und
Saudi-Arabien strebt die Pekinger Führung einen weiteren
diplomatischen Erfolg an, indem sie sich als Vermittler im
Ukraine-Krieg anbietet. Mit dem 12-Punkte-Plan hat sie ein
Dokument vorgelegt, das die Komplexität des Konflikts hervorhebt.
Aus den Forderungen geht unmissverständlich hervor, wer die
Adressaten der chinesischen Kritik sind, auch wenn sie nicht
explizit genannt werden. Der Vorwurf an Russland lautet, mit dem
Einmarsch in die Ukraine das völkerrechtliche Gewaltverbot
verletzt zu haben. Der Westen wird beschuldigt, gegen das Prinzip
der Unteilbarkeit der Sicherheit verstoßen und dadurch die
aktuelle Krisensituation herbeigeführt zu haben. Um seine
aggressive Politik zu verschleiern, hätte er das Völkerrecht neu
interpretiert, worauf sich Russland gegenwärtig beruft.
Die Reaktion der politischen Elite des Westens lässt keinen
Zweifel daran, dass die chinesische Friedensinitiative
unerwünscht ist. Ein Entgegenkommen, etwa bei der Schaffung einer
europäischen Sicherheitsarchitektur oder der Aufhebung von
Wirtschaftssanktionen, ist folglich nicht zu erwarten. Dagegen
hat sich die Kiewer Führung offen gezeigt. Würde es zu
Verhandlungen kommen, dann dürfte sich der Teilnehmerkreis auf
Russland und die Ukraine beschränken.
Sollte ein Friedensabkommen erzielt werden, würde sich der Druck
auf die westlichen Staaten deutlich erhöhen. Insbesondere wären
sie aufgefordert, zum ursprünglichen Völkerrechtsverständnis
zurückzukehren. Unterbleiben müssten die Einmischung in innere
Angelegenheiten anderer Länder (Nachfolgestaaten der Sowjetunion,
Venezuela, China), der fragwürdige Anspruch auf präventive
Selbstverteidigung (Afghanistan, Irak), humanitäre Interventionen
(Jugoslawien, Libyen) und Wirtschaftssanktionen (Iran, Syrien,
Russland). Anstatt sich auf Werte und seine regelbasierte Ordnung
zu berufen, müsste der Westen die Multipolarität der Welt
akzeptieren. Sollte er weiter arrogant und eigenmächtig handeln,
würde er sich zunehmend isolieren. Dadurch wäre aber seine
globale Dominanz ernsthaft gefährdet.
Elemente eines Vertrags zur Beendigung der Kriegshandlungen
Eine Unterstützung der chinesischen Initiative liegt
augenscheinlich nicht im westlichen Interesse, erst recht nicht
eine Teilnahme an Verhandlungen. Ein umfassendes Abkommen, das
Zusagen und Verpflichtungen der NATO-Staaten beinhaltet, wird es
daher nicht geben. Zentrale russische Forderungen, die auch
Chinas 12-Punkte-Plan erhebt, würden somit unerfüllt bleiben.
Übrig wäre das erste Postulat im Text, die Achtung der
Souveränität und territorialen Integrität von Staaten. Obwohl
damit einseitige Zugeständnisse von Russland verlangt würden,
erscheint eine Verhandlungslösung durchaus möglich. Welche
Bestimmungen das Vertragswerk enthalten müsste, wird in den
folgenden neun Punkten ausgeführt.
weiterlesen hier:
https://apolut.net/welche-chancen-hat-die-chinesische-friedeninitiative-von-bernd-murawski
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