\'Hilfe\', \'Schutz\' und \'Anti-Stigma\' – Propaganda und \'Neusprech\' in der Psychiatrie (Teil 2)
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Beschreibung
vor 8 Jahren
Trotz stetig steigendem Konsum von Psychopharmaka, kontinuierlicher
Zunahme von Krankschreibungen und Berentungen aufgrund
psychiatrischer Diagnose, und der Tatsache, dass immer Menschen in
dauerhafter Abhängigkeit vom Versorgungssystem leben, wird uns
eingeredet, Psychiatrie sei gut und hilfreich für die Menschen. Im
Rahmen von Anti-Stigma-Kampagnen soll uns die Scheu vor
psychiatrischer Diagnose und Behandlung genommen werden. Wieder und
wieder werden wir mit Zahlen konfrontiert, laut denen jeder Dritte
im Laufe seines Lebens \"psychisch erkrankt\". Dass nur ein
Bruchteil dieser Menschen psychiatrische Behandlung erhält, wird
uns gar als Mißstand dargestellt. Vordergründig scheinen die
Anti-Stigma-Kampagnen das Ziel zu haben, Vorurteile abzubauen und
die \"Menschen mit psychischen Erkrankungen\" besser in die
Gesellschaft zu integrieren. In dieser Hinsicht sind solche
Kampagnen jedoch relativ wirkungslos. Wir können allerdings
beobachten, dass diese Kampagnen sehr wohl eine Wirkung haben.
Ähnlich wie bei der Psycho-Edukation geht es nämlich vor allem
darum, das Modell der \"psychischen Erkrankungen\" fest in unseren
Köpfen zu verankern. So sprechen Psychiater auch gerne von der
\"Entstigmatisierung der psychischen Erkrankungen\". Die
Fokussierung auf biologische Ursachen seelischer Ausnahme- und
Leidenszustände und deren Propagierung als \"Krankheiten\" führt in
der Bevölkerung jedoch zu einer stärkeren Ablehnung der
Betroffenen. Das betrifft insbesondere die Menschen, denen der
Stempel \"Schizophrenie\" aufgedrückt wurde. Eine Arbeitsgruppe um
Georg Schomerus von der Universitätsmedizin Greifswald kam 2014 zu
diesem Ergebnis. Die Furcht vor den Betroffenen nahm zu, während
positive Reaktionen wie Mitleid und Hilfsbereitschaft abnahmen.
\"Vor allem aber stieg das Bedürfnis nach sozialer Distanz
deutlich: Während es 1990 20 Prozent ablehnten, mit einer an
Schizophrenie erkrankten Person zusammenzuarbeiten, waren es 2011
schon 31 Prozent.\" schreibt das Ärzteblatt in einem Bericht1. Der
Anteil derjenigen, die es ablehnten, jemanden mit \"Schizophrenie\"
einem Freund vorzustellen, sei in diesem Zeitraum von 39 auf 53
Prozent gestiegen. Dies geht einher mit der Zunahme von
biologischen und der Abnahme von psychosozialen
Ursachenvorstellungen. „Aufklärung und Wissen ändern offenbar
nichts am Problem der Stigmatisierung. Bei der Schizophrenie gibt
es sogar Hinweise, dass eine einseitige Betonung biologischer
Prozesse bei der Darstellung dieser Krankheit in den Medien oder
durch Wissenschaftler den Betroffenen schadet. Wir konnten zeigen,
dass durch ein rein biologisches Krankheitsverständnis eine
vermeintliche Andersartigkeit der Betroffenen betont wird und
dadurch die Ablehnung steigt“ wird die Arbeitsgruppe aus Greifswald
zitiert. Dass die Öffentlichkeit mehr über „psychische Krankheiten“
weiß und einer psychiatrischen Behandlung gegenüber
aufgeschlossener ist, wertet Studienleiter Georg Schomerus als
positive Entwicklung2. Diese Entwicklung führt jedoch dazu, dass
sich immer mehr Menschen in Behandlung begeben und sich eine
\"psychische Erkrankung\" diagnostizieren lassen3. Wem das nützt
und wer davon dann profitiert, steht auf einem anderen Blatt...
Wenig beachtet wird darüber hinaus, dass Psychiater keinesfalls
frei sind von negativen Einstellungen gegenüber den Menschen,
welche sie diagnostizieren. Eine Aufklärung der Bevölkerung durch
Psychiater kann nicht mehr \"Wissen\" vermitteln, als Psychiater
selbst haben. \"Selbst wenn Antistigmakampagnen es also schaffen
würden, die gesamte Bevölkerung so umfassend aufzuklären, dass alle
den Wissensstand psychiatrischer Fachärzte erreichen, wären Stigma
und soziale Diskriminierung von psychisch Kranken nicht ausgeräumt,
sondern in manchen Aspekten vielleicht sogar verstärkt\", schrieb
Stefan Priebe 2005 in der Zeitschrift \"Psychiatrische Praxis\"4.
Er weist darauf hin, dass ein Teil der Kampagnen von der
Pharmaindustrie finanziert wird, und fragt: \"Geht es hier
vielleicht eher darum, dass möglichst vielen Menschen verständlich
gemacht wird, sie sollten Pharmaka zur Behandlung ihrer psychischen
Störungen einnehmen, als um eine Überwindung von Stigma zur
Förderung der sozialen Integration?\" Wir sehen also, dass die
biologische und pathologisierende Sicht auf psychische Probleme
nicht nur den Fokus auf pharmakologische Behandlung lenkt, sondern
auch zu verstärkter Stigmatisierung führt. Meiner Meinung nach fußt
dieses Übel auf der als Tatsache behaupteten Annahme, dass
Geisteskrankheit - oder \"psychische Erkrankung\" - real existiert
und nicht lediglich eine Zuschreibung durch die Gesellschaft ist.
Abweichendes und störendes Verhalten oder auch psychische Probleme
sozialer Natur werden mit dem Stigma \"psychisch krank\" belegt.
Mit der viel gerühmten Psychiatrie-Enquete und den Reformen, die
ihr folgten, konnte die moderne Psychiatrie ihren Durchbruch
feiern: Vor gut 40 Jahren wurde dort die Gleichstellung von
Menschen mit psychiatrischen Diagnosen mit körperlich Kranken
festgeschrieben. Das Erscheinungsbild der Psychiatrie wurde
äußerlich dem der Medizin angepasst und es wurde der Möglichkeit
Rechnung getragen, Psychopharmaka ambulant zu verabreichen5. Vor
diesem Hintergrund bekommt der Slogan \"ambulant vor stationär\"
einen fiesen Beigeschmack. Schon gut zehn Jahre nach der Enquete
konnte festgestellt werden, dass mit dem Ausbau der gemeindenahen
Psychiatrie auch die Zahl der Zwangseinweisungen anstieg. Dieser
Trend hat sich bis heute nahezu ungebrochen fortgesetzt. Der Schutz
der Menschen- und Bürgerrechte von Menschen mit psychiatrischen
Diagnosen steht nicht auf der Agenda der Psychiatrie6. Das
angebliche \"Recht auf Behandlung\" wird oftmals über die
Grundrechte gestellt und dann auch durchgesetzt – immer wieder ohne
Zustimmung der Patienten oder gar gegen deren Willen. Wenn die
Bekämpfung einer angeblichen Krankheit im Vordergrund steht, tritt
die Person in den Hintergrund, der diese Krankheit zugeschrieben
wird. Das biologistische Dogma der \"psychischen Krankheiten\"
führt weiterhin zu Zwang und Gewalt, zu Erpressung und Lügen.
Belogen werden nicht nur die Patienten und ihre Angehörigen,
belogen werden wir alle. In George Orwells Roman „1984“ wird die
Bevölkerung nicht nur durch allgegenwärtige Überwachung
kontrolliert, sondern vor allem durch Propaganda, gezielte
Veränderung der Sprache und Gedankenverbote. Die drei Wahlsprüche
der Partei sind allgegenwärtig: „Krieg ist Frieden“ , „Freiheit ist
Sklaverei“ , „Unwissenheit ist Stärke“. Diese „Wahrheiten“ dürfen
nicht hinterfragt oder in Frage gestellt werden. Eine Diskussion
hierüber ist nicht möglich. Auch die Psychiatrie beeinflusst unser
Denken durch Behauptungen, die zwar durch nichts bewiesen und die
oft sogar offensichtlich falsch sind, die uns aber aufgrund
ständiger Wiederholung als allgemeingültige Wahrheiten präsent
sind. Die angebliche „Tatsache der psychischen Krankheiten“ ist die
Prämisse, auf die sich die anderen Wahlsprüche stützen, die wir
tagtäglich zu hören und zu lesen bekommen. „Depression ist eine
ernstzunehmende Krankheit“ , „Psychosen sind behandlungsbedürftig“,
„Psychopharmaka machen nicht abhängig“, „psychische Krankheiten
sind behandelbar -je früher desto besser“ sind nur einige dieser
Behauptungen. Ganz prominent sind auch die „Störungen im
Hirnstoffwechsel“ und das „Ungleichgewicht der Botenstoffe“ die als
Begründung für die „Notwendigkeit medikamentöser Behandlung“
angeführt werden. Im Unterschied zu Orwells Dystopie sind
abweichende Meinungen und Äußerungen in unserer Welt nicht
verboten. Sie werden im öffentlichen Diskurs allenfalls ignoriert
und stehen somit einfach nicht zur Debatte. Dennoch sollten wir
nicht müde werden, die herrschende Lehrmeinung in Frage zu stellen
und den pathologisierenden Blick auf das Aussergewöhnliche
anzuzweifeln. Dabei geht es nicht darum gehen, Recht zu haben oder
neue Dogmen zu erschaffen, sondern vor dem Hintergrund unserer
Erfahrungen neue Wege zu erschließen. Mirko Ološtiak, August 2016 1
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/57914 2
https://idw-online.de/de/news576908 3
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/dachau/dachau-wir-entscheiden-nicht-mehr-von-oben-herabueber-den-patienten-1.3085967
4
http://webspace.qmul.ac.uk/spriebe/publications/pub%20by%20year/2005/2005%20-%20Pro%20und%20Kontra%20Machen%20Antistigmakampagnen%20Sinn.%20For%20and%20Against%20Do%20Anti-Stigma%20Campaitns%20Make%20Sense.%20Psychiat%20Prax%2032%20218-220%20REAL%20PDF.pdf
5
http://www.antipsychiatrieverlag.de/artikel/reform/pdf/lehmann-40-jahre-enquete.pdf
6
http://www.antipsychiatrieverlag.de/artikel/recht/pdf/lehmann-enquete-apk.pdf
Zunahme von Krankschreibungen und Berentungen aufgrund
psychiatrischer Diagnose, und der Tatsache, dass immer Menschen in
dauerhafter Abhängigkeit vom Versorgungssystem leben, wird uns
eingeredet, Psychiatrie sei gut und hilfreich für die Menschen. Im
Rahmen von Anti-Stigma-Kampagnen soll uns die Scheu vor
psychiatrischer Diagnose und Behandlung genommen werden. Wieder und
wieder werden wir mit Zahlen konfrontiert, laut denen jeder Dritte
im Laufe seines Lebens \"psychisch erkrankt\". Dass nur ein
Bruchteil dieser Menschen psychiatrische Behandlung erhält, wird
uns gar als Mißstand dargestellt. Vordergründig scheinen die
Anti-Stigma-Kampagnen das Ziel zu haben, Vorurteile abzubauen und
die \"Menschen mit psychischen Erkrankungen\" besser in die
Gesellschaft zu integrieren. In dieser Hinsicht sind solche
Kampagnen jedoch relativ wirkungslos. Wir können allerdings
beobachten, dass diese Kampagnen sehr wohl eine Wirkung haben.
Ähnlich wie bei der Psycho-Edukation geht es nämlich vor allem
darum, das Modell der \"psychischen Erkrankungen\" fest in unseren
Köpfen zu verankern. So sprechen Psychiater auch gerne von der
\"Entstigmatisierung der psychischen Erkrankungen\". Die
Fokussierung auf biologische Ursachen seelischer Ausnahme- und
Leidenszustände und deren Propagierung als \"Krankheiten\" führt in
der Bevölkerung jedoch zu einer stärkeren Ablehnung der
Betroffenen. Das betrifft insbesondere die Menschen, denen der
Stempel \"Schizophrenie\" aufgedrückt wurde. Eine Arbeitsgruppe um
Georg Schomerus von der Universitätsmedizin Greifswald kam 2014 zu
diesem Ergebnis. Die Furcht vor den Betroffenen nahm zu, während
positive Reaktionen wie Mitleid und Hilfsbereitschaft abnahmen.
\"Vor allem aber stieg das Bedürfnis nach sozialer Distanz
deutlich: Während es 1990 20 Prozent ablehnten, mit einer an
Schizophrenie erkrankten Person zusammenzuarbeiten, waren es 2011
schon 31 Prozent.\" schreibt das Ärzteblatt in einem Bericht1. Der
Anteil derjenigen, die es ablehnten, jemanden mit \"Schizophrenie\"
einem Freund vorzustellen, sei in diesem Zeitraum von 39 auf 53
Prozent gestiegen. Dies geht einher mit der Zunahme von
biologischen und der Abnahme von psychosozialen
Ursachenvorstellungen. „Aufklärung und Wissen ändern offenbar
nichts am Problem der Stigmatisierung. Bei der Schizophrenie gibt
es sogar Hinweise, dass eine einseitige Betonung biologischer
Prozesse bei der Darstellung dieser Krankheit in den Medien oder
durch Wissenschaftler den Betroffenen schadet. Wir konnten zeigen,
dass durch ein rein biologisches Krankheitsverständnis eine
vermeintliche Andersartigkeit der Betroffenen betont wird und
dadurch die Ablehnung steigt“ wird die Arbeitsgruppe aus Greifswald
zitiert. Dass die Öffentlichkeit mehr über „psychische Krankheiten“
weiß und einer psychiatrischen Behandlung gegenüber
aufgeschlossener ist, wertet Studienleiter Georg Schomerus als
positive Entwicklung2. Diese Entwicklung führt jedoch dazu, dass
sich immer mehr Menschen in Behandlung begeben und sich eine
\"psychische Erkrankung\" diagnostizieren lassen3. Wem das nützt
und wer davon dann profitiert, steht auf einem anderen Blatt...
Wenig beachtet wird darüber hinaus, dass Psychiater keinesfalls
frei sind von negativen Einstellungen gegenüber den Menschen,
welche sie diagnostizieren. Eine Aufklärung der Bevölkerung durch
Psychiater kann nicht mehr \"Wissen\" vermitteln, als Psychiater
selbst haben. \"Selbst wenn Antistigmakampagnen es also schaffen
würden, die gesamte Bevölkerung so umfassend aufzuklären, dass alle
den Wissensstand psychiatrischer Fachärzte erreichen, wären Stigma
und soziale Diskriminierung von psychisch Kranken nicht ausgeräumt,
sondern in manchen Aspekten vielleicht sogar verstärkt\", schrieb
Stefan Priebe 2005 in der Zeitschrift \"Psychiatrische Praxis\"4.
Er weist darauf hin, dass ein Teil der Kampagnen von der
Pharmaindustrie finanziert wird, und fragt: \"Geht es hier
vielleicht eher darum, dass möglichst vielen Menschen verständlich
gemacht wird, sie sollten Pharmaka zur Behandlung ihrer psychischen
Störungen einnehmen, als um eine Überwindung von Stigma zur
Förderung der sozialen Integration?\" Wir sehen also, dass die
biologische und pathologisierende Sicht auf psychische Probleme
nicht nur den Fokus auf pharmakologische Behandlung lenkt, sondern
auch zu verstärkter Stigmatisierung führt. Meiner Meinung nach fußt
dieses Übel auf der als Tatsache behaupteten Annahme, dass
Geisteskrankheit - oder \"psychische Erkrankung\" - real existiert
und nicht lediglich eine Zuschreibung durch die Gesellschaft ist.
Abweichendes und störendes Verhalten oder auch psychische Probleme
sozialer Natur werden mit dem Stigma \"psychisch krank\" belegt.
Mit der viel gerühmten Psychiatrie-Enquete und den Reformen, die
ihr folgten, konnte die moderne Psychiatrie ihren Durchbruch
feiern: Vor gut 40 Jahren wurde dort die Gleichstellung von
Menschen mit psychiatrischen Diagnosen mit körperlich Kranken
festgeschrieben. Das Erscheinungsbild der Psychiatrie wurde
äußerlich dem der Medizin angepasst und es wurde der Möglichkeit
Rechnung getragen, Psychopharmaka ambulant zu verabreichen5. Vor
diesem Hintergrund bekommt der Slogan \"ambulant vor stationär\"
einen fiesen Beigeschmack. Schon gut zehn Jahre nach der Enquete
konnte festgestellt werden, dass mit dem Ausbau der gemeindenahen
Psychiatrie auch die Zahl der Zwangseinweisungen anstieg. Dieser
Trend hat sich bis heute nahezu ungebrochen fortgesetzt. Der Schutz
der Menschen- und Bürgerrechte von Menschen mit psychiatrischen
Diagnosen steht nicht auf der Agenda der Psychiatrie6. Das
angebliche \"Recht auf Behandlung\" wird oftmals über die
Grundrechte gestellt und dann auch durchgesetzt – immer wieder ohne
Zustimmung der Patienten oder gar gegen deren Willen. Wenn die
Bekämpfung einer angeblichen Krankheit im Vordergrund steht, tritt
die Person in den Hintergrund, der diese Krankheit zugeschrieben
wird. Das biologistische Dogma der \"psychischen Krankheiten\"
führt weiterhin zu Zwang und Gewalt, zu Erpressung und Lügen.
Belogen werden nicht nur die Patienten und ihre Angehörigen,
belogen werden wir alle. In George Orwells Roman „1984“ wird die
Bevölkerung nicht nur durch allgegenwärtige Überwachung
kontrolliert, sondern vor allem durch Propaganda, gezielte
Veränderung der Sprache und Gedankenverbote. Die drei Wahlsprüche
der Partei sind allgegenwärtig: „Krieg ist Frieden“ , „Freiheit ist
Sklaverei“ , „Unwissenheit ist Stärke“. Diese „Wahrheiten“ dürfen
nicht hinterfragt oder in Frage gestellt werden. Eine Diskussion
hierüber ist nicht möglich. Auch die Psychiatrie beeinflusst unser
Denken durch Behauptungen, die zwar durch nichts bewiesen und die
oft sogar offensichtlich falsch sind, die uns aber aufgrund
ständiger Wiederholung als allgemeingültige Wahrheiten präsent
sind. Die angebliche „Tatsache der psychischen Krankheiten“ ist die
Prämisse, auf die sich die anderen Wahlsprüche stützen, die wir
tagtäglich zu hören und zu lesen bekommen. „Depression ist eine
ernstzunehmende Krankheit“ , „Psychosen sind behandlungsbedürftig“,
„Psychopharmaka machen nicht abhängig“, „psychische Krankheiten
sind behandelbar -je früher desto besser“ sind nur einige dieser
Behauptungen. Ganz prominent sind auch die „Störungen im
Hirnstoffwechsel“ und das „Ungleichgewicht der Botenstoffe“ die als
Begründung für die „Notwendigkeit medikamentöser Behandlung“
angeführt werden. Im Unterschied zu Orwells Dystopie sind
abweichende Meinungen und Äußerungen in unserer Welt nicht
verboten. Sie werden im öffentlichen Diskurs allenfalls ignoriert
und stehen somit einfach nicht zur Debatte. Dennoch sollten wir
nicht müde werden, die herrschende Lehrmeinung in Frage zu stellen
und den pathologisierenden Blick auf das Aussergewöhnliche
anzuzweifeln. Dabei geht es nicht darum gehen, Recht zu haben oder
neue Dogmen zu erschaffen, sondern vor dem Hintergrund unserer
Erfahrungen neue Wege zu erschließen. Mirko Ološtiak, August 2016 1
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/57914 2
https://idw-online.de/de/news576908 3
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/dachau/dachau-wir-entscheiden-nicht-mehr-von-oben-herabueber-den-patienten-1.3085967
4
http://webspace.qmul.ac.uk/spriebe/publications/pub%20by%20year/2005/2005%20-%20Pro%20und%20Kontra%20Machen%20Antistigmakampagnen%20Sinn.%20For%20and%20Against%20Do%20Anti-Stigma%20Campaitns%20Make%20Sense.%20Psychiat%20Prax%2032%20218-220%20REAL%20PDF.pdf
5
http://www.antipsychiatrieverlag.de/artikel/reform/pdf/lehmann-40-jahre-enquete.pdf
6
http://www.antipsychiatrieverlag.de/artikel/recht/pdf/lehmann-enquete-apk.pdf
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