Sorry, das ist meine erste Diktatur! | Von Roberto J. De Lapuente
12 Minuten
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vor 3 Jahren
Jetzt hat es mich erwischt. Nein, nicht Covid-19. Der
Stress, der Druck: Ich bin an meine Grenzen geraten. Habe Angst
entwickelt. Heute ein sehr persönlicher Beitrag über mich – und
sicher etliche andere da draußen.
Von Roberto J. De Lapuente.
Es ist gerade Sonntagvormittag. Jener Sonntagvormittag vor der
Ministerpräsidentenkonferenz, die Diskriminierung etablieren
will. Erst jetzt, da dieser Text publiziert ist, wissen wir mehr.
Doch in dem Moment, da ich ihn tippe, zerreißt es mich schier.
Ich habe Angst. Und hoffe inständig, dass es nicht zu dramatisch
kommt. Eben habe ich gelesen, dass die Politik auch plane, eine
Testpflicht in Supermärkten einzuführen. Nun hat selbst das RKI
mal festgestellt, dass in Supermärkten so gut wie kein
Infektionsgeschehen herrsche – aber Fakten kümmern ja auch keinen
mehr (1). Ich stelle mir vor, wie mein Alltag aussehen wird, wenn
ich nichts mehr zu Essen einkaufen kann. Muss ich vor dem Laden
Leute anpumpen, ob sie mir was mitbringen?
Diskriminierung hat es freilich in diesem Lande immer gegeben. Es
war bisher nur die übliche Form davon. Eine, die Menschen
aussperrt und zu Außenseitern macht, die Läden und Geschäfte
ermuntert, bestimmte Menschen nicht mehr reinzulassen, hatten wir
in diesem Land seit dem Dritten Reich nicht mehr. Das ist neu –
und alt zugleich. Die Apartheid bricht aus, die Segregation bahnt
sich den Weg. Und all das auf Grundlage einer Prämisse, die gar
nicht zutrifft: Ungeimpfte seien ansteckender als Geimpfte. Nach
allgemeiner Studienlage ist das aber Quatsch.
Ich, der letzte Dreck der Stunde
Darum soll es hier aber gar nicht gehen. Die Fakten sind ohnehin
auf dem Tisch – wer sie sehen will, kann sie sich anschauen. Alle
anderen haben eh keine Lust dazu, sie zu betrachten. Ich will
erzählen, was das mit mir macht. Anderthalb Jahre habe ich diese
Krise jetzt relativ gut über die Runden gebracht. Angefasst war
ich oft. Aber meist habe ich mich da rausgezogen, mich wieder in
den Sattel gesetzt. Das gelang mir zuletzt kaum noch. Ab dem
Moment, da Kanzleramtsminister Braun offen die Diskriminierung
ungeimpfter Menschen aussprach, bekam ich meine Angst nicht mehr
in den Griff. Oh ja, ich gebe es zu: Ich habe Angst. Und die
stellt was an mit mir. Ich werde zurückhaltender, weiche
Diskussionen aus.
In meinem bürgerlichen Arbeitsleben – genauer möchte ich das
allerdings in der Folge nicht ausführen -, erlebe ich bereits
erste Diskriminierungsübergriffe. Zu anderen Zeiten hätte ich
interveniert. Aber jetzt? Als Ungeimpfter bin ich quasi Freiwild,
ja Abschaum, kein richtiger Mensch mehr: Wenn ich da etwas in den
Raum werfe, stellt sich keiner an meine Seite und spricht von
Bürgerrechten. Teilweise auch aus Angst. Im Gegenteil,
wahrscheinlich müsste ich gewissen Leuten gegenüber Abbitte
leisten, mich erklären. Oh ja, ich bin ein Kämpfer, ich spreche
Dinge an. Normalerweise. Aber ich bin auch nur ein Mensch, habe
nur begrenzte Kraftreserven.
Minderwertigkeitskomplexe mischen sich unter die Wut – und ein
Gefühl weniger wert zu sein als andere, die geimpft sind. Sollte
das Grundgesetz solche Gefühle nicht eigentlich aufheben und
unmöglich machen? Grundgesetz? Was war das noch gleich? Sorry,
dass ich so offen spreche, gleichwohl so unstrukturiert: Aber das
ist meine erste Diktatur. Da kann man schon mal verwirrt,
aufgewühlt sein, oder nicht?
Ich will ja standhaft bleiben, nichts in mir zieht mich zu einer
Impfung hin. Ganz am Anfang wollte ich zuwarten, mal schauen was
passiert, mich überzeugen. Letzteres bin ich bis heute nicht. Ich
habe mehr und mehr den Eindruck, dass die Impfkampagne mehr oder
weniger der plumpe Aktionismus von Entscheidern ist, die nach
anderthalb Jahren endlich mal so aussehen wollen wie Leute, die
den Karren endlich aus dem Dreck gezogen haben. Aber wie es
scheint kommen immer neue Probleme hinzu.
Eine Impfung gegen Arbeitslosigkeit?
Wir sprechen ja nicht von einer Impfpflicht – die es ja nicht
geben soll, die man aber aus Alltagsbeschränkungen auspressen
möchte. Nein, wir sprechen von einer Lebensimpfpflicht. Jede
Mutante braucht einen Impfbooster – und mutiert wird ständig.
Innerhalb der Impfkampagne vielleicht sogar auf eine Weise, dass
Impfstoffe völlig wirkungslos werden. So ein Virus will ja auch
nur überleben, es lernt sich anzupassen – im Regelfall wird es
dabei harmloser: Was aber keinen interessiert, weil wir längst
keinen Seuchenschutz mehr betreiben; wir sind auf einem
donquichottischen Virusausrottungskurs, koste es, was es wolle.
Wie gesagt, ich möchte mich auf absehbare Zeit nicht impfen
lassen. Die Gefahren sind mir bewusst. Dass ich zwangsläufig
erkranken muss, wie man uns das medial behauptet, glaube ich
hingegen nicht. Man weiß es nicht, es gibt nur wenig
Zwangsläufigkeiten in der menschlichen Medizin. Eine Infektion
mit einem Coronavirus gehört nicht unbedingt dazu. Aber ich bin
ehrlich, was, wenn mein Status als Ungeimpfter zu
Arbeitslosigkeit führen kann? Auf Restaurantbesuche scheiße ich,
die kann ich ausfallen lassen. Aber wenn es ans Existenzielle
geht: Was dann?
Grundsätzlich leide ich stark an Existenzängsten. Mal mehr, mal
weniger. Manchmal ohne Not. Ich habe schwere Zeiten hinter mir.
War früher länger arbeitslos, hatte Mitte des Monats kein Geld
mehr, wusste nicht, wie ich über die Runden komme. Dorthin will
ich nicht mehr. Das ist ein bisschen ein Trauma bei mir. Die
Bundesregierung spielt mit diesen Ängsten. Lasse ich mich dann
impfen? Eigentlich nicht! Und eigentlich doch! Mein Gott, diese
Frage macht mich fertig, ich fühle mich missbraucht,
vergewaltigt. Vor solchen Entscheidungen kann man nicht stehen
müssen. Nicht in einem Rechtsstaat. Ich weiß, der ist bekanntlich
in Quarantäne.
Das bereitet mir schlaflose Nächte. Wie geht es weiter? Muss ich
mit dem Schlimmsten rechnen? Wir spötteln viel über das, was uns
erwartet, meine bessere Hälfte und ich. Wohin nähen wir uns den
Flecken, der uns als Ungeimpfte kennzeichnet? Brauchen wir
vielleicht eine Nähmaschine? Humor geht bei uns auch in so einer
Phase. Er ist nur zynischer und sarkastischer als sonst. Aber wir
sind hinter unseren lachenden Gesichtern traurig, sicher auch
ängstlich. Ich mehr als sie, glaube ich. Lassen wir uns gegen
Arbeitslosigkeit impfen? ...weiterlesen hier:
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