Julia Gundlach über Ethik in Algorithmen | Podcast Ethik Digital
Wie bekommen wir die Ethik in die Algorithmen?
37 Minuten
Podcast
Podcaster
Digitale Ethik in Wissenschaft, Religion, Politik, Gesellschaft - Podcast von Rieke Harmsen und Christine Ulrich
Beschreibung
vor 3 Jahren
Ethik in Algorithmen
Julia Gundlach, wie kamen Sie zum Projekt ‚Ethik der
Algorithmen‘ in die Bertelsmann Stiftung?
Gundlach: Zu Beginn meines Studiums der Volkswirtschaftslehre war
die zentrale Frage, wie es zu der Finanzmarktkrise 2007/2008
kommen konnte und welche Lehren wir daraus ziehen. Durch
Arbeitserfahrungen im Bundeswirtschaftsministerium bin ich zu dem
Schluss gekommen, dass mich insbesondere die Frage interessiert,
wie digitale Technologien unser Leben und unsere Gesellschaft
verändern. Bei der Bertelsmann Stiftung und dem Projekt Ethik der
Algorithmen arbeite ich zu diesen Fragestellungen seit über einem
Jahr.
Wie können algorithmische Systeme stärker für das
Gemeinwohl genutzt werden?
Gundlach: Vor vier Jahren hat das Projekt ‚Ethik der Algorithmen‘
angefangen die Frage zu stellen, wie Risiken für die Gesellschaft
minimiert werden können. Doch der Blick auf Risiken allein reicht
nicht – wir denken auch darüber nach, wie wir algorithmische
Systeme für gemeinwohlorientierte Zwecke einsetzen können. Wir
wollen wissen, wie wir mit Hilfe dieser Systeme gesellschaftliche
Herausforderungen und Probleme besser lösen können.
Die Stiftung hat vor kurzem ein Impulspapier zur
algorithmenbasierten Kita-Platzvergabe veröffentlicht. Kann ein
Algorithmus die Platzvergabe gerechter regeln?
Gundlach: Gemeinwohlorientierte Innovationen sind ein spannendes
Thema. Wir wollten ein konkretes Positivbeispiel finden, bei dem
ein algorithmisches System für das Gemeinwohl eingesetzt wird.
Wir haben uns dann in der Stiftung die Bereiche Bildung und
Gesundheit näher angesehen, wo Expert:innen seit vielen Jahren an
zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen arbeiten. So sind
wir auf das Thema der Kitaplatzvergabe gestoßen. Das ZEW –
Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung arbeitet
seit 2017 an einer algorithmenbasierten Kitaplatzvergabe
entwickelt. Eine Software soll dabei helfen, die Platzvergabe
effizienter und im besten Falle gerechter zu machen.
Dazu muss zunächst ein Kriterienkatalog entwickelt werden - lokal
vor Ort und gemeinsam mit den Menschen, die wissen, welche
Kriterien bei der Kitaplatzvergabe eine Rolle spielen. Es müssen
Werteentscheidungen getroffen werden: Sollten Eltern, die näher
dran wohnen, vorzugsweise einen Platz bekommen oder Eltern, die
vielleicht besondere Härtefälle darstellen? Die Software kann
dann auf Basis des Kriterienkatalogs und der Wünsche von Eltern
für jede Kita eine Rangliste erstellen, in welcher Reihenfolge
jede Einrichtung am besten die Kinder aufnehmen sollte. Dabei
konnte die Kitaleitung aus besonderen Gründen Änderungen an der
Einstufung vornehmen. Auf diese Art und Weise kann die Verteilung
also durch einen Algorithmus unterstützt werden. Am Ende bekommt
jede Familie für ihr Kind genau ein Angebot. Und der Clou ist:
Die Eltern wissen, dass es das bestmögliche Angebot ist.
Das System wurde in einigen Gemeinden und Städten bereits
erprobt, etwa in Kreis Steinfurt in Nordrhein-Westfalen. Und es
ist toll zu sehen, dass ein algorithmisches System bei einem
konkreten gesellschaftlichen Problem unterstützen kann.
Abonniert den Newsletter "Sonntags" - dort informieren wir über
die neuen Beiträge.
Rückfragen an Chefredakteurin Rieke C. Harmsen: rharmsen@epv.de
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Julia Gundlach, wie kamen Sie zum Projekt ‚Ethik der
Algorithmen‘ in die Bertelsmann Stiftung?
Gundlach: Zu Beginn meines Studiums der Volkswirtschaftslehre war
die zentrale Frage, wie es zu der Finanzmarktkrise 2007/2008
kommen konnte und welche Lehren wir daraus ziehen. Durch
Arbeitserfahrungen im Bundeswirtschaftsministerium bin ich zu dem
Schluss gekommen, dass mich insbesondere die Frage interessiert,
wie digitale Technologien unser Leben und unsere Gesellschaft
verändern. Bei der Bertelsmann Stiftung und dem Projekt Ethik der
Algorithmen arbeite ich zu diesen Fragestellungen seit über einem
Jahr.
Wie können algorithmische Systeme stärker für das
Gemeinwohl genutzt werden?
Gundlach: Vor vier Jahren hat das Projekt ‚Ethik der Algorithmen‘
angefangen die Frage zu stellen, wie Risiken für die Gesellschaft
minimiert werden können. Doch der Blick auf Risiken allein reicht
nicht – wir denken auch darüber nach, wie wir algorithmische
Systeme für gemeinwohlorientierte Zwecke einsetzen können. Wir
wollen wissen, wie wir mit Hilfe dieser Systeme gesellschaftliche
Herausforderungen und Probleme besser lösen können.
Die Stiftung hat vor kurzem ein Impulspapier zur
algorithmenbasierten Kita-Platzvergabe veröffentlicht. Kann ein
Algorithmus die Platzvergabe gerechter regeln?
Gundlach: Gemeinwohlorientierte Innovationen sind ein spannendes
Thema. Wir wollten ein konkretes Positivbeispiel finden, bei dem
ein algorithmisches System für das Gemeinwohl eingesetzt wird.
Wir haben uns dann in der Stiftung die Bereiche Bildung und
Gesundheit näher angesehen, wo Expert:innen seit vielen Jahren an
zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen arbeiten. So sind
wir auf das Thema der Kitaplatzvergabe gestoßen. Das ZEW –
Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung arbeitet
seit 2017 an einer algorithmenbasierten Kitaplatzvergabe
entwickelt. Eine Software soll dabei helfen, die Platzvergabe
effizienter und im besten Falle gerechter zu machen.
Dazu muss zunächst ein Kriterienkatalog entwickelt werden - lokal
vor Ort und gemeinsam mit den Menschen, die wissen, welche
Kriterien bei der Kitaplatzvergabe eine Rolle spielen. Es müssen
Werteentscheidungen getroffen werden: Sollten Eltern, die näher
dran wohnen, vorzugsweise einen Platz bekommen oder Eltern, die
vielleicht besondere Härtefälle darstellen? Die Software kann
dann auf Basis des Kriterienkatalogs und der Wünsche von Eltern
für jede Kita eine Rangliste erstellen, in welcher Reihenfolge
jede Einrichtung am besten die Kinder aufnehmen sollte. Dabei
konnte die Kitaleitung aus besonderen Gründen Änderungen an der
Einstufung vornehmen. Auf diese Art und Weise kann die Verteilung
also durch einen Algorithmus unterstützt werden. Am Ende bekommt
jede Familie für ihr Kind genau ein Angebot. Und der Clou ist:
Die Eltern wissen, dass es das bestmögliche Angebot ist.
Das System wurde in einigen Gemeinden und Städten bereits
erprobt, etwa in Kreis Steinfurt in Nordrhein-Westfalen. Und es
ist toll zu sehen, dass ein algorithmisches System bei einem
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