Kernfusion – der große Durchbruch?

Kernfusion – der große Durchbruch?

In unserer neuesten Radiorebell-Episode sprechen wir über das aktuell viel diskutierte Experiment zur Kernfusion, ob es sich um einen "Durchbruch" handelt, wie Kernfusion funktioniert, bzw. nicht funktioniert, über unseriöse Prognosen,
44 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr
In unserer neuesten Radiorebell-Episode sprechen wir über das
aktuell viel diskutierte Experiment zur Kernfusion, ob es sich um
einen "Durchbruch" handelt, wie Kernfusion funktioniert, bzw. nicht
funktioniert, über unseriöse Prognosen, Deuterium und Tritium und
über die Probleme, die dem Fusionskraftwerk noch im Weg stehen. Es
sind eine Menge... Was ist Kernfusion? (Vorsicht: stark
vereinfacht!) Unter Kernfusion versteht man - wenig überraschend -
die Fusion von Kernen. Atome bestehen nach dem Kern-Hülle-Modell
aus einem Kern aus Protonen und Neutronen und einer Hülle aus
Elektronen. Bei hohen Temperaturen verlieren sie die Hülle und die
Elektronen werden frei, man nennt die Atome dann ionisiert und das
Gemisch aus den Kernen und den nun frei herumschwirrenden
Elektronen Plasma. Es gibt schwerere und leichtere Atomkerne, je
nachdem wie viele Protonen und Neutronen sie enthalten. Einige
schwere Atomkerne zerfallen mit der Zeit von ganz alleine zu
leichteren Atomkernen und geben dabei Wärme ab. Das nennt sich
Kernspaltung und wird bereits zur Stromerzeugung genutzt. Umgekehrt
verschmelzen leichte Atomkerne aber nicht von ganz alleine zu
schweren Atomkernen. Das Problem: Atomkerne sind positiv geladen.
Beide. Und gleichnamige Ladungen stoßen sich ab. Diese abstoßende
Kraft, die sogenannte Coulomb-Barriere, muss überwunden werden, um
die Kerne zu fusionieren. Doch von woher kommt die Energie? Gelingt
das, dann ist das Produkt, also der neue, schwere Kern, ein ganz
kleines bisschen weniger massereich als die leichteren Kerne
zusammen, es liegt also eine kleine Differenz vor, der sogenannte
Massendefekt. Laut Einsteins Relativitätstheorie sind Masse und
Energie beliebig austauschbar - der Massendefekt wird bei der
Kernfusion also in Form von Energie frei. Die Kernfusion ist
unfassbar ertragreich und schöpft die Energie sehr effizient aus:
Der Brennwert eines einzigen Kilogramms Wasserstoff entspricht
dabei ungefähr jenem von 11.000 Tonnen Kohle! Wo findet Kernfusion
statt? Genau das ist das Prinzip, mit dem Sterne - auch unsere
Sonne - ihre Energie umsetzen. Sie sind riesige nukleare Brennöfen.
Die Sonne fusioniert als mittelgroßer Stern hauptsächlich mit der
sogenannten Proton-Proton-Kette, einem speziellen Prozess, in dem
vier Wasserstoffkerne über mehrere Zwischenstufen zu einem
Heliumkern fusioniert werden. Der dabei anfallende Massendefekt von
0,7% ist das, was wir als Licht und Wärme von der Sonne empfangen.
Nun war im Zuge des nun erfolgten Fusionsexperiments wiederholt
davon die Rede, "die Sonne auf die Erde zu holen", also das Prinzip
der Sonne auf der Erde zu kopieren.
https://twitter.com/starkwatzinger/status/1602681204716748803?s=20&t=_FbspbAnkpAA4_3xLNT5cw
Abgesehen davon, dass bei der Kernfusion keine Energie erzeugt,
sondern umgewandelt wird, ist die Kernfusion in irdischen
Fusionsreaktoren wie dem ITER absolut nicht vergleichbar mit jener
im Innern der Sonne – und die Fusion, die den amerikanischen
Forscher*innen nun gelungen ist, noch viel, viel weniger! Im Innern
der Sonne fusionieren die Kerne in erster Linie durch den enormen
Druck, der Sonnenkugel, der sie im Mittelpunkt der Sonne
zusammendrückt. Es ist aber unmöglich, diesen Druck technologisch
zu erzeugen. Kernfusionsreaktoren wie der ITER müssen das über die
Temperatur kompensieren, müssen also noch heißer werden als das
Innere der Sonne, um ebenfalls Kerne fusionieren zu können - etwa
100 Millionen Grad Celsius, im Vergleich zu 15 Millionen Grad
Celsius im Inneren der Sonne. Auch die Proton-Proton-Kette ist
absolut nicht praktikabel für künstliche Kernf...

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